Tofu statt Geschnetzeltes: In der Mensa der Universität Luzern wird künftig kein Fleisch mehr serviert, berichtete kürzlich die «Luzerner Zeitung». Ab Ende August wird die Zürcher Gastronomiegruppe ZFV den Betrieb führen (wir berichteten). Die neue Mensabetreiberin verfolgt «ein in erster Linie vegan-vegetarisches Verpflegungskonzept».

«Nachhaltigkeit, Regionalität und Saisonalität»

In erster Linie heisst: In der Mensa soll es ausschliesslich vegane-vegetarische Verpflegung geben. Jedoch ist ein mobiles ergänzendes Angebot im Aussenbereich vorgesehen, wo «Fleisch und Fisch punktuell eingesetzt werden können». Den Ausschlag für den ZFV habe ihr starker Fokus auf «Nachhaltigkeit, Regionalität und Saisonalität» sowie deren zukunftsorientierte Mitarbeitendenpolitik gegeben, verkündete die Uni.

Heftige Reaktionen

Der Autor des Artikels hatte recht, als er schrieb: «Der neue Menüplan der Universität dürfte Reaktionen hervorrufen.» Das tut er allerdings. Der Entscheid sei weitsichtig, sagen Befürworter(innen), die Gegner(innen) reden von einem Eingriff in die Wahlfreiheit der Studierenden, von einer Verpolitisierung des Essens und gar von einer «totalen Bevormundung».

Brief an den Rektor

Der Schweizer Bauernverband (SBV), der Luzerner Bäuerinnen- und Bauernverband (LBV) und der Schweizer Fleisch-Fachverband (SFF) sind empört. Bereits sind sie per Brief an den Rektor der Uni gelangt. Mit «gelinde gesagt grossem Erstaunen» habe man vom neuen Verpflegungskonzept erfahren, schreiben sie.

SVP reicht Vorstoss ein

Während es Leserbriefe hagelt, wird der Entscheid sogar zu einem Politikum. Der Luzerner SVP-Kantonsrat Toni Graber hat ein Dringliches Postulat eingereicht. Er will den Regierungsrat beauftragen, auf den Entscheid der Universität Einfluss zu nehmen und diesen rückgängig zu machen. «Wehret den Anfängen», sagt der Landwirt aus Schötz zur «Luzerner Zeitung». «Wenn das so durchgeht, werden bald auch die Mensen der Kantonsschulen vegetarisch sein.»

Sehr viele essen noch Fleisch

Einiges am Entscheid der Universität Luzern lässt tatsächlich stutzen. So sind Vegetarismus und Veganismus zwar auf dem Vormarsch, aber ein grosser Teil der Bevölkerung isst nach wie vor Fleisch. Stand Juni 2020 ernährten sich laut Studienergebnissen in der Schweiz rund 2,6 Prozent der Bevölkerung vegan und zirka 5,8 Prozent vegetarisch. Weitere 20,5 Prozent verzichten zumindest häufig auf Fleisch («Flexitarier»). Zusammengenommen isst rund ein Viertel über-wiegend oder ausschliesslich vegetarisch oder vegan.

Weichen Besucher(innen) aus?

Bei der jungen Generation mögen diese Werte höher liegen, trotzdem könnte man sich fragen, warum man einem doch grossen Teil der Studentenschaft nicht Rechnung trägt. Selbstverständlich können diese auf andere Verpflegungsmöglichkeiten ausweichen, die Frage ist aber, ob sich die Mensabe-treiberin bzw. die Universität dabei nicht sprichwörtlich ins eigene Fleisch schneiden, finanziell gesehen.

Fleisch kann auch regional sein

Etwas störend ist auch der Verweis auf die Nachhaltigkeit und vor allem auf die Regionalität. So sind bekanntlich nicht alle Produkte, die in vegetarisch-veganen Gerichten gerne verwendet werden, für ihre Nachhaltigkeit bekannt oder sie kommen zu einem grossen Teil nicht aus der Schweiz. So ist es ja löblich, wenn die Mensabetreiberin viel regionales Gemüse und Obst verkochen würde, aber im Landwirtschaftskanton Luzern mit starkem Fokus auf die Tierhaltung gäbe es genug regionales, sorgfältig produziertes Fleisch zu beziehen.

Warum keine veganen Tage oder fixe Menüs?

Dass (gelegentlicher) Fleischverzicht in Sachen Klimaschutz Sinn macht, ist mittlerweile gut dokumentiert. Auch ist es verständlich und sogar begrüssenswert, dass Kantinenbetreiber den heutigen Ernährungstrends Rechnung tragen. Vielleicht wäre es im vorliegenden Beispiel aber sinnvoller gewesen, einen gut schweizerischen Kompromiss zu finden. Jeden Tag ein Fleisch-, ein Vegi- und ein veganes Menü zum Beispiel. Oder fixe vegetarische und vegane Wochentage.

Kann Signalwirkung haben

Die lautesten Gegner(innen) im Diskurs seien nicht direkt betroffen, schreibt eine Journalistin der «Luzerner Zeitung». Das mag so sein, doch kann ein solcher Entscheid einer Uni, auch wenn es eine kleinere ist wie jene in Luzern, durchaus Signalwirkung haben – und hat indirekt Auswirkungen auf die Schweizer Bauernfamilien. Das macht sie dann sehr wohl zu Betroffenen.

Wie reagieren die Studierenden?

Wie die unmittelbar Betroffenen – die Studierenden – auf das Angebot reagieren, wird sich erst noch zeigen. Vielleicht muss man dann noch mal über die Bücher.