Der Herbst wird für die Landwirtschaft nicht nur wegen der anstehenden Abstimmung über die Massentierhaltungs-Initiative (MTI) politisch. Heute, am 12. September, startet die Herbstsession des Parlaments. Dabei geht es um altbekannte Themen wie den Gewässerschutz, die Förderung horntragender Nutztiere oder den Wolf, aber auch um Aktuelleres wie die mit dem Krieg in der Ukraine weiter in den Fokus gerückte Versorgungssicherheit der Schweiz mit einheimischen Lebensmitteln.
Planerisch die Gewässer schützen
Bereits in der ersten Sessionswoche soll sich der Nationalrat laut Programm damit befassen, wie der Gewässerschutz auf planerischer Ebene verbessert werden könnte. Drei Vorstösse gehen auf einen Bericht der Geschäftsprüfungskommission ein, der eine zu geringe Teilnehmerquote an Gewässerschutz-Programmen feststellte. Ausserdem wurde darin Kritik an den Kantonen geäussert, da viele Zuströmbereiche noch immer nicht ausgeschieden seien. Mit Fristen und mehr Einflussnahme durch den Bund will Motionär Thomas de Courten (SVP / BL) hier ansetzen. Ausserdem soll das Gewässerschutzprogramm für die Landwirtschaft attraktiver und somit wirksamer werden, so ein Postulat von de Courten.
Der Bundesrat hat in seinen Stellungnahmen auf diese Vorstösse auf laufende Arbeiten verwiesen, bei denen den geäusserten Anliegen Rechnung getragen werde.
Für Pflanzenzucht und Horntiere
Gefordert wird auch mehr Transparenz bei den Patentrechten im Bereich Pflanzenzucht. Die entsprechende Motion wurde in der Sommersession des Ständerats angenommen. Der Bundesrat will sich dem annehmen, da die Zucht zukunftsfähiger Sorten dadurch ausgebremst werden kann.
Nach Beratungen zur Vermeidung von Foodwaste und der Biodiversitäts- und Landschaftsinitiative geht es in der Grossen Kammer weiter mit der Motion Zanetti zum Hörnerfranken. Dieser soll als Tierwohl-Beitrag auf Verordnungsebene eingeführt werden. Im Juni hatte der Ständerat dem Vorstoss knapp zugestimmt und war damit seiner Wirtschaftskommission gefolgt.
Unterstützung für schonende Maschinen
Weiter geht es mit der Idee von À-fonds-perdu-Beiträgen für den Kauf von «Maschinen und Verfahren, die zur Erreichung der Umweltziele beitragen». Im Gegensatz zum Bundesrat hat der Ständerat dem Vorschlag von Werner Salzmann (SVP/BE) zugestimmt.
Wie soll die Lebensmittelproduktion gestärkt werden?
Der Ständerst beschäftigt sich unter anderem mit mehreren Motionen zu Biodiversitätsförderflächen (BFF). Der Tessiner Parteipräsident Marco Chiesa schlägt vor, die Vorschrift von 3,5 Prozent BFF im Ackerbaugebiet aufzuschieben. Beat Rieder (Die Mitte / VS) will das Obligatorium direkt aus dem ÖLN streichen. Beide Motionäre wollen damit die einheimische Lebensmittelproduktion in der aktuellen Krisenzeit stärken. Der Bundesrat beantrag jeweils die Ablehnung. BFF auf Ackerflächen würden zum langfristigen Erhalt der Ökosystemleistungen beitragen, schreibt er in seiner Stellungnahme. Bedeutender für eine Stärkung der Nahrungsmittelproduktion wäre gemäss Bundesrat, mehr Fläche für die direkte menschliche Ernährung zu nutzen. Dabei sei es aber wichtig, dass Veränderungen auf Stufe der Produktion mit ebensolchen beim Konsum einhergingen. Erst wenn sich eine über ein Jahr dauernde Mangellage bei Lebensmitteln abzeichnet, würde die Regierung Anpassungen an der landwirtschaftlichen Produktion vornehmen, heisst es weiter.
Chiesa geht noch weiter und fordert in einer weiteren Motion, heute bestehende BFF wieder für den Ackerbau zu nutzen. Mit derselben Argumentation wie oben ausgeführt lehnt der Bundesrat auch diesen Vorschlag ab.
Reduktionsziel wird in Frage gestellt
Angesichts der voraussehbaren Auswirkungen auf die landwirtschaftliche Produktion müsse das Reduktionsziel für die Nährstoffverluste im Rahmen des Absenkpfads gesenkt werden, findet Johanna Gapany (FDP / FR). Ihre Motion geht in den Ständerat, der Bundesrat lehnt sie ab. Das beschlossene Ziel sei angemessen und man habe die verschiedenen Äusserungen während der Vernehmlassung dazu ausgewogen berücksichtigt.
Wolf regulieren und Entschädigungen sichern
Ein wichtiger Punkt auf der Programmliste sind die Beratungen zur Änderung des Jagdgesetzes. Zuletzt hatten sich Umweltverbände und landwirtschaftliche Vertreter auf einen Kompromiss geeinigt, der auch eine Bestandesregulierung vorsah. Der Vorschlag der ständerätlichen Umweltkommission hatte bei den Umweltverbänden aber für Kopfschütteln gesorgt, da darin auch proaktive Eingriffe vorgesehen waren. Pro Natura, WWF, die Gruppe Wolf Schweiz und BirdLife hoffen auf das Parlament, dass es dem ursprünglichen Kompromissvorschlag folgt. Als erstes beschäftigt sich damit der Ständerat.
Zwei Motionen beschäftigen sich mit Entschädigungen im Zusammenhang mit dem Wolf. Jene von Fabio Regazzi (Die Mitte / TI) sieht vor, dass der Bund von geschützten Wildtieren verursachte Schäden vollständig abgelten soll. Der Vorschlag wurde letztes Jahr im Nationalrat angenommen, obwohl der Bundesrat ihn für nicht nötig hält. Die Aufteilung der Entschädigungskosten zwischen Bund und Kantonen sei in den letzten Beratungen zum Zusammenleben von Wolf und Bergbevölkerung nicht in Frage gestellt worden, so seine Argumentation. In seiner Stellungnahme zur Motion «Aufwände und Ertragsausfälle bei frühzeitiger Abalpung wegen Grossraubtieren entschädigen» stellt der Bundesrat weiter in Aussicht, die «Notwendigkeit von betrieblichen Anpassungen in Gebieten mit Wolfspräsenz sowie die Angemessenheit der Finanzhilfen für den Herdenschutz prüfen.» Den Vorstoss selbst beantragt er zur Ablehnung.
Das Programm für die Herbstsession des Nationalrats und des Ständerats finden Sie hier.




