Menzingen "Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal bei einem Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest (Esaf) Ehrendame sein würde", erzählt Sonya Hegglin. Man hört den Stolz in ihren Worten mitschwingen. Hegglin ist 27 und damit die Zweitälteste der zwölf Esaf-Ehrendamen in Zug. "Wenn ich die Älteste gewesen wäre, hätte ich abgesagt. Das Durchschnittsalter liegt bei 24."

Ehrendamen sind ledig

Wie wird man Ehrendame an einem so renommierten Schwinganlass? Als Kind begleitete Sonya Hegglin von Zeit zu Zeit den Grossvater an Schwingfeste und von 2016 bis 2018 war ihr Vater OK-Präsident des Zuger Kantonalen Schwingfests 2018. "Ich schrieb die Protokolle des OKs." So lernte sie auch die Leute des Schwingclubs Ägerital kennen. Die waren es dann auch, die die junge Frau für das Amt anfragten. "Jeder der vier Zuger Schwingclubs darf drei Ehrendamen stellen", erklärt Hegglin.

Das Casting war vor zwei Jahren. Sonya Hegglin ist gross, schlank, hat lange, blonde Haare. Auffällig sind ihre blauen, leuchtenden Augen. Ihre urbane und sportliche Art sich zu kleiden, lässt nicht auf Anhieb auf ihr Engagement an einem solch traditionellen, urschweizerischen Anlass schliessen. Geprüft wurde Schweizer Allgemein- und Schwingwissen. "Ich habe mich gut vorbereitet. Denn ich wollte unbedingt dabei sein. Eine Absage wäre eine grosse Enttäuschung für mich gewesen", so Hegglin. Als Ehrendame musste sie sich für fünf Jahre verpflichten. Zwei Jahre vor dem Fest und die drei Jahre danach, bis zur Fahnenübergabe am nächsten Eidgenössischen. In dieser Zeit darf sie weder schwanger werden, noch heiraten. Wie bitte? "Ja, das ist so", meint Sonya Hegglin, "aber zurzeit ist das eh kein Thema. Ich habe gerade keinen Freund. Es ist Tradition, dass Ehrendamen ledig sind."

"Ich habe mich gut vorbereitet, denn ich wollte unbedingt dabei sein."

Sonya Hegglin

Weltenbummlerin mit Wurzel

Aufgewachsen ist Sonya Hegglin auf einem Bauernhof zusammen mit zwei Schwestern und einem Bruder. "Ich werde immer wieder auf meinen Nachnamen angesprochen. Ja, Peter Hegglin ist mein Vater." Als sie zwölf Jahre alt war, "wechselte" ihr Vater den Beruf. Er wurde Politiker. "Zuvor lebte ich auf einem Biohof mit Milchkühen. Wir Kinder waren viel draussen und hatten einen richtigen Zoo bestehend aus Ponys, Hasen und Katzen." Die Familie blieb zwar auf dem Hof wohnen, aber der Laufstall ist seither leer. "Wir mussten draussen helfen, das war nun vorbei." Dem Heuen trauerte sie am wenigsten nach. Einzig, als sie von einem Steilhang erzählt, den sie jeweils auf einem Heuhaufen runterrutschte, schwingt etwas Wehmut mit. "Wir Kinder waren noch zu jung, um den Hof zu übernehmen und als die Berufswahl kam, war das irgendwie kein Thema." Sollte jedoch einmal ein Bauer ihr Herz erobern, wäre sie dem Bäuerinnenleben nicht abgeneigt.

Sonya Hegglin machte bei der Zuger Kantonalbank ihre KV-Lehre. Danach studierte sie Wirtschaftsrecht. Nach zwei Jahren bei der Wirtschaftsprüfung ist sie heute bei einer Trading-Firma tätig. Diese handelt in ganz Europa mit Strom. Die junge Frau ist für die Finanzen zuständig, Firmensprache ist Englisch. "Man könnte mich als eine verwurzelte Weltenbummlerin bezeichnen", meint sie schmunzelnd. Doch mit dem Bummeln muss sie bis nach dem Esaf warten. Erst dann kann sie ihren Bruder, der mit seiner Partnerin mit einem alten umgebauten Lastwagen auf Reisen ist, in der Mongolei besuchen. "Wir haben einen guten Familienzusammenhalt. Jeden Sonntagabend kochen eines meiner Geschwister oder ich für die ganze Familie." Ob ihr der Bruder fehlen wird? "Mit den neuen Kommunikationsmitteln ist man ja auch in der Ferne miteinander verbunden", erwidert die junge Frau optimistisch.

Ein Zuger Schwingerkönig

In gut drei Monaten gilt es ernst. Dann hat Sonya Hegglin in der Zuger Festtagstracht ihren Auftritt als Ehrendame. Was auf sie zukommt, weiss sie noch nicht so genau. Sie hofft einfach auf schönes Wetter. "Wir haben dann zwar etwas heiss in der Tracht, aber das ist besser, als unter dem Schirm zu stehen." Trägt sie auch sonst manchmal eine Tracht? "Bis in die sechste Klasse war ich im Trachtentanzen. Wie meine Geschwister übrigens auch", erzählt sie. Eine eigene Tracht besitzt sie zurzeit nicht. Wenn sie die Esaf-Tracht nach dem Anlass behalten dürfte, wäre diese ein schönes Erinnerungsstück.

An die 35 bis 45 Kränze werden Sonya Hegglin und ihre Kolleginnen Ende August an die Schwinger verteilen. Und wer soll ihrer Meinung nach gewinnen? Natürlich ein Zentralschweizer, am liebsten ein Zuger, Marcel Bieri zum Beispiel. Der Schwingerkönig dürfe übrigens wählen, welche Ehrendame ihm den Kranz aufsetzt. Drücken wir Sonya Hegglin die Daumen, dass sie in die Kränze kommt.

Mehr Informationen zum Esaf: www.esafzug.ch