In wenigen Wochen will Mathias Roth im neuen Stall einmelken. Auf dem Betrieb Herrenhof im thurgauischen Langrickenbach stehen nun noch die letzten Arbeiten an. Hier entstand im letzten halben Jahr ein neuer Laufstall für 120 Kühe. Die Einrichtungen sind montiert, die beiden GEA-Melkroboter schon bald bereit, ihre Arbeit aufzunehmen.

Wir haben mit Mathias Roth über ein wichtiges Thema im Stallbau gesprochen, das in all der Technik eher selten Beachtung findet und daher in den Hintergrund rückt. Roth hat sich aber – wie zu allem rund um diesen Bau – viele Gedanken gemacht und ist gut dokumentiert. Es geht ums Wasser.

Grundlage für Milch

«Wasser ist nicht nur das wichtigste Futtermittel für Rinder, sondern auch Grundlage für das Lebensmittel Milch», sagt Hubert Schuster vom Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft, Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft. Wasser müsse deswegen immer, in ausreichender Menge und in guter Qualität zur Verfügung stehen. Schuster rät, dass die täglichen Stallrundgänge deshalb die Tränkeeinrichtungen stets miteinschliessen sollten.

Wie Schuster erklärt, fungiert Wasser nicht nur als Lösungs-, sondern auch als Transport- und Kühlmittel im Körper. Ohne Wasser gehe die Futteraufnahme und damit auch die Milch- oder Mastleistung zurück. So sei Wasser auch das Hauptfuttermittel in der Kälberaufzucht. Eine mangelnde Versorgung mit Wasser oder Wasser schlechter Qualität könne daher sehr wohl der Grund für schlechte Leistungen im Stall sein.

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Der Wasserbedarf hängt von verschiedenen Parametern ab: Gewicht, tägliche Futteraufnahme, Umgebungstemperatur und Wassergehalt der Ration spielen eine entscheidende Rolle. Bei der Milchkuh haben Milchleistung und der Laktationstag einen bedeutenden Einfluss auf den Wasserbedarf. «Die Dimensionierung der Wasserversorgung muss immer nach dem Maximalbedarf gerichtet werden, und das können im Sommer bei einer Milchkuh 150 Liter und mehr sein», erklärt Hubert Schuster.

Kuh ist ein Saugtrinker

Auch am Strickhof in Wülflingen ZH wird immer wieder auf die enorm wichtige Versorgung mit Wasser aufmerksam gemacht. «Die Kuh ist ein Saugtrinker. Sie bevorzugt es, aus einer offenen Wasseroberfläche zu trinken. Das Flotzmaul taucht sie nur wenige Zentimeter in das Wasser ein, wodurch sie während des ganzen Trinkvorganges durch die Nase atmen kann», halten Anita Müller und Matthias Schick vom Team Tierhaltung und Milchwirtschaft zur Wasserversorgung des Rindviehs auf einem Merkblatt fest. Eine Kuh könne bei einer optimalen Tränkeplatzgestaltung 18 bis25 Liter Wasser pro Minute aufnehmen, wobei ein Trink-vorgang im Schnitt nur etwaeine halbe Minute dauert. Der Tränkeplatz sollte entsprechend den Bedürfnissen der Kuh angepasst werden.

In Anbindeställen mit Ein- zeltränken soll eine Durchflussgeschwindigkeit von 15 Litern pro Minute angestrebt werden, raten Müller und Schick. Ausserdem könne bei Anbindehaltung eine zusätzliche Trogtränke mit offener Wasserfläche im Laufhof angeboten werden. Die Länge der Anbindung müsse zudem gewährleisten, dass die Kuhdas Tränkebecken unein-geschränkt erreichen kann.Alle Abschrankungen rund um das Tränkebecken seien wenn möglich zu entfernen, damit die Kuh ohne Hindernisse trinken kann. «Hört man, dass die Kühe beim Trinken schlürfen, ist das ein Zeichen für eine zu langsame Durchflussgeschwindigkeit oder zu niedrige Wassertiefe», heisst es am Strickhof.

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Trinken zum Fressen

Ein ganz grosser Vorteil im Anbindestall sei aber, dass die Kuh die Tränke stets zur Verfügung hat, sagt Peter Boss, Senior Partner bei der B + M AG in Densbüren AG. Boss hat unzählige Ställe gesehen und sich dabei einen enormen Erfahrungsschatz aufgebaut. «Der Wasserversorgung wird in vielen Ställen zu wenig Beachtung geschenkt. Da verlieren wir Leistung», weiss Boss, dem es aber auch wichtig ist, das Tierwohl möglichst hochzuhalten. Er rät daher gerne auch beim Bau von Laufställen zu einem System ohne Fressgitter, dafür Tränkebecken direkt an der Fressachse angebracht. So ein System habe zwei grosse Vorteile: Zum einen müsse die Kuh nicht zum Wasser laufen, sie könne während des Fressens trinken, wann immer sie das Bedürfnis habe. Weiter gäbe es auch keine Rangkämpfe an Tränken, die mehrheitlich von ranghohen Tieren ausgelöst würden. «So trinken Kühe deutlich mehr und leisten auch mehr», weiss Boss.

Integrierter Plattenkühler

Zurück im Stall von Mathias Roth. Er weiss um den Vorteil der Tränkebecken entlang der Fressachse, nennt aber auch gleich den grossen Nachteil eines solchen Systems: «Es ist teuer.» Der Landwirt hat sich für fünf Suevia-Tränken entschieden. Deren Gesamtlänge beträgt 12 Meter, was 10 Zentimeter pro Tier und damit den Empfehlungen entspricht. Das Spezielle am Tränkesystem in Roths neuem Stall ist ein integrierter Plattenkühler. «Durch Vorkühlung der Milch sinkt der Kühlbedarf des Sammeltanks und damit die benötigte Energiemenge», erklärt die Firma DeLaval den Plattenkühler. Einfach gesagt, wird die Milch beim Transport zum Tank gekühlt und mit der dadurch gewonnenen Wärme das Tränkewasser für die Kühe gewärmt.[IMG 2]

Der Effekt ist klar: Es werden Kühlkosten gespart. DeLaval spricht von bis zu 50 Prozent. «Kühe nehmen umso mehr Wasser auf, je bekömmlicher esfür sie ist. Wenn Sie Wasser mit der optimalen Temperatur bereitstellen, können Sie die Milchmenge um bis zu 0,9 Liter pro Tag steigern», heisst es bei DeLaval. Und diese optimale Temperatur liegt bei rund 17 °C.

Im Stall von Mathias Roth wird die Milch vom Roboter bis zum Tank in einer 20 Meter langen Leitung transportiert. Das Risiko von Qualitätsproblemen durch die Vorkühlung sei deutlich kleiner, benennt Roth einen für ihn entscheidenden Vorteil. Seine Hauptmotivation, ein solches System anzuwenden, ist die Reduktion des Energieverbrauchs für die Kühlung. «Erwärmtes Tränkewasser ist quasi das Nebenprodukt, das von den Kühen sehr geschätzt wird», schliesst Roth.

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Wichtige Details 

Jedes System hat seine Vor- und Nachteile. Am Strickhof in Wülflingen rät man zu Trogtränken: «Bei der Art der Tränken gibt es eine grosse Auswahl an Trog- und Selbsttränken. Auf jeden Fall ist, wenn möglich, den Selbsttränkebecken immer eine Trogtränke vorzuziehen, weil sie die Anforderungen an eine natürliche Wasseraufnahme gewährleisten.»

Kippen und reinigen
Kipptröge und Schnellabflusströge hätten den Vorteil, dass sie im Vergleich zu Stöpseltränken und Tränkebecken einfacher zu reinigen sind. Werde eine Bürste fix an der Tränke montiert, könne die Tränke noch gründlicher gereinigt werden und die Hygiene dadurch verbessert werden.

Balltränken mit Nachteilen
Bei Balltränken sieht man beim Strickhof den Vorteil, dass sie dank ihrer Ummantelung und den aufschwimmenden Bällen gut isoliert sind. «Das Wasser kommt von unten aus dem Boden und der Nachlauf wird durch einen Schwimmer gesteuert. Damit ist es ein sehr frostsicheres System ohne Strom, solange der Tierbesatz stimmt.» Balltränken hätten jedoch verschiedene Nachteile: So sei der Durchfluss meist zu wenig hoch, sie lassen sich sehr schlecht reinigen und den Tieren steht keine offene Wasserfläche zur Verfügung.

Der grösste Durst
Wichtig bei der Gestaltung des Tränkeplatzes ist, dass die Trogtränken nie in einer Sackgasse oder in schmalen Quergängen angebracht werden, damit auch die rangniedrigen Tiere trinken können. Zudem sollten pro Gruppe zwei Tränken vorhanden sein, damit die Tiere einander ausweichen können. Am meisten Wasserbedarf hat eine Kuh nach dem Melken und Fressen. Es ist zu empfehlen, die Tränken nach dem Melkstand und in der Nähe des Futtertisches zu platzieren. Dabei soll der Platz vor der Tränke eine Mindesttiefe von 300 cm aufweisen, damit andere Kühe hinter einer trinkenden Kuh kreuzen können, raten die Fachleute vom Strickhof.