Ein krasser Kuhhandel wurde kürzlich der BauernZeitung zugetragen. Der Viehhändler C.D.* kaufte bei Bauer A.B.* zwei Schlachtkühe. Der Preis wurde vereinbart. Als der Händler mit dem Lastwagen eintraf, um die Kühe zu laden, lag eine der verkauften Kühe tot im Stall. Der Viehhändler nahm die noch lebende Kuh mit, weigerte sich aber, die tote Kuh zu bezahlen. Er berief sich dabei auf die allgemeinen Gewährleistungsregeln in Artikel 184 ff. Obligationenrecht (O.R.).


Gilt bei Zucht- und Mastvieh


Bekommt  Viehhändler C.D. vor Gericht Recht? Nein. Denn in Artikel 198 O.R. steht: «Beim Handel mit Vieh (….) besteht eine Pflicht zur Gewährleistung nur insofern, als der Verkäufer sie dem Käufer schriftlich zugesichert hat oder den Käufer absichtlich getäuscht hat.»

Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um Zucht- oder Schlachtvieh handelt. Denn Viehwährschaft gilt auch beim Schlachtvieh einzig schriftlich. Zu den Argumenten des Händlers kann Art. 185 Abs. 1 entgegenhalten werden: Nutzen und Gefahr der zwei Kühe gingen unmittelbar mit dem Abschluss des Geschäftes auf den Händler über. Gattungsware – zum Beispiel Weizen – muss erst zum Verkauf bereit gestellt sein.

Kühe jedoch gelten als «Speziesware», weil sie eindeutig erkennbar sind, und deshalb gehen Nutzen wie Schaden sofort auf den Käufer über. Weil keine schriftliche Währschaft (Art. 198 OR) gegeben wurde,  trägt der Viehhändler den Schaden inklusive der Entsorgungskosten der toten Kuh. Der Händler könnte sich höchstens auf den Abschnitt in Art. 198 OR berufen «… oder den Käufern absichtlich getäuscht hat.» Dieser Beweis dürfte vor Gericht allerdings schwierig zu erbringen sein.


Einkaufsbedingungen zuerst



In der Praxis wird von Tierhaltern nie schriftliche Währschaft auf Schlachtvieh gegeben. Meistens erfolgen Kauf und Verkauf von Mast- oder Schlachtvieh über ein Handelsunternehmen oder über einen Fleischverwerter. Hier gelten die spezifischen Einkaufsbedingungen des Handelshauses und der Fleischverwerters und diese Bedingungen akzeptiert der Tierhalter stillschweigend, sobald er an diese Unternehmen Schlachttiere liefert oder Jungtiere von diesen kauft. Schlachtviehhändler, die auf eigenes Risiko handeln, sind im Jahre 2017 selten.

Mit dem Begleitdokument der Tierverkehrsdatenbank erhält der Schlachthof zusätzlich Kenntnis über den Gesundheitszustand, Seuchenfreiheit und über eine allfällige Behandlung des Tieres mit Medikamenten. Der Fleischverwerter betrachtet das korrekt ausgefüllte und unterschriebene Begleitdokument als Garantieschein.

Wenn der Blitz zuschlägt


Ein Händler kaufte auf der Alp fünf trächtige Milchviehrinder. Während der Handel im nahen Bergrestaurant abgeschlossen wurde, zog ein Sommergewitter auf und ein Blitz schlug in eine Tanne ein, unter der die Rinder Schutz gesucht hatten. Drei der fünf Rinder waren auf der Stelle tot. In diesem Fall kam Art. 185 OR zum Zug. Der Händler trug das Risiko ab Vertragsabschluss. Der Bergbauer hatte keine Währschaft gemäss Art. 198 OR unterschrieben und auch der Blitz war nicht durch den Verkäufer verschuldet worden.


Hier hätte es sich für den Händler gelohnt, Viehwährschaft vom Bergbauer für jedes einzelne Rind zu verlangen mit dem Zusatz, dass Nutzen und Gefahr erst mit der Übergabe der hochträchtigen Rinder auf den Käufer übergehen.


Beschreibung Währschaft


Der Viehhandel ist in der «Verordnung betreffend das Verfahren bei der Gewährleistung im Viehhandel» festgeschrieben. Die  Währschaft kann umfassen:


- «Gesund und Recht». Also keine Mängel, welche die Nutzung beeinträchtigt.

- 
«Neun  Monate trächtig am Datum...» Ein lebender Fötus ist garantiert.

- 
«Sprung- und zuchtfähig». Diese Garantie ist üblich für Zuchtstiere.

Klagen vor Gericht

Ohne weitere Vereinbarungen dauert die schriftliche Viehwährschaft neun Tage. Innert dieser Frist muss ein Mangel entdeckt und dem Verkäufer schriftlich mitgeteilt werden. Wird der Mangel nicht akzeptiert, so muss ein Vorverfahren eingeleitet werden. Das Gericht beauftragt einen Sachverständigen (Tierarzt), das Tier zu  untersuchen ob der Mangel vorliegt. Kommt auch dann noch keine Einigung zustande, kann der Käufer beim Amts- oder Bezirksgericht  Klage gegen den Verkäufer einreichen. Achtung: Die Prozesskosten liegen in der Regel über der Streitsumme.

Hans Rüssli    

* Die Initialen sind erfunden.

Bei Fragen zur Viehwährschaft gibt Agriexpert in Brugg Auskunft (Telefon 056 462 51 11).