Eigentlich wollte Stefan Kaufmann Turmfalken eine Nistgelegenheit bieten. «Ich habe diese Vögel letztes Jahr beim Heuen beobachtet und gelesen, dass es sich um Kulturfolger handelt. Sie leben gerne in der Nähe von Menschen», erklärt der Landwirt aus dem zürcherischen Wetzikon. Das alte Bauernhaus erschien ihm geeignet und so installierte er direkt unter dem Dachgiebel, ausgerichtet nach Osten, einen Nistkasten. Mit einer Kamera wollte er verfolgen, was im Kasten vor sich ging. Als das Gerät am 27. Januar 2021 erstmals eine Bewegung registrierte, zeigte sie unerwartete Gäste: zwei Waldkäuze.

Seither besucht das Vogelpaar regelmässig den Kasten, das Weibchen legte Eier und mittlerweile kann man im Livestream flauschige Käuzchen beobachten.

Nicht nur in Wäldern zuhause

Der Waldkauz ist die häufigste Eulenart in der Schweiz und brütet in Baumhöhlen oder Gebäuden. Sein Name ist insofern etwas irreführend, als dass dieser Vogel keineswegs nur in Wäldern lebt. Gemäss der Vogelwarte siedelt er sich auch in Parkanlagen oder waldnahen Quartieren von Städten an. «Waldkäuze können mit Nistkästen gefördert werden und bewohnen teilweise auch alte Schornsteine», erläutert Livio Rey von der Vogelwarte. Zwar habe er bisher noch von keinem Fall wie jenem bei Stefan Kaufmann gehört, es überrasche ihn aus den oben genannten Gründen auch nicht sonderlich. Laut dem Biologen leben und jagen Waldkäuze vor allem in Wäldern und sind daher für die Landwirtschaft von geringer Bedeutung.

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Im alten Bauernhaus mit Morgensonne scheint der Nistkasten ideal platziert zu sein. 

Erste Station: Baumkrone

Nestkameras hätten kaum negative Auswirkungen auf das Brutgeschäft – «sofern sie vor dem Nestbau installiert werden», betont Livio Rey.

Speziell an der Kinderstube der Waldkäuze ist, dass die Küken das Nest verlassen, bevor sie wirklich fliegen können. Dafür sind sie sehr gute Kletterer, können schnell laufen und arbeiten sich so in die Wipfel nestnaher Bäume hinauf. Dort betreuen die Eltern ihre «Ästlinge» noch einige Wochen und lehren sie das Jagen.

Missglückt der erste Ausflug und landet ein kleiner Waldkauz am Boden, könne man das Tier auf einen erhöhten Ast setzen, um es vor Fressfeinden zu bewahren, heisst es bei strixaluco.ch. Es sei allerdings Vorsicht geboten, da die Eltern ihren Nachwuchs besonders in dieser heiklen Phase aggressiv verteidigen und Menschen mit Schnabel und Krallen schwer verletzen können.

Alle fiebern mit

Stefan Kaufmann freut sich über die Waldkäuze und dank des öffentlichen Livestreams kann er diese Freude teilen – auch wenn er im Grunde Turmfalken dokumentieren wollte. Dass sich die Eulen in der Umgebung wohlfühlen, erstaunt ihn nicht. Schliesslich liege ein Wald in Sichtdistanz zum Betrieb und in der Nähe habe es mehrere Naturwiesen und Ökoflächen.   «Es ist spannend und auch schön, nun eben eine Eulenart auf diese Weise kennenzulernen», meint der Landwirt. Die Nachbarskinder liessen sich von den kleinen Eulen inspirieren, haben sie gezeichnet und suchen Namen für die Küken. Die flauschigen Käuzchen dürften ihren Kasten in den nächsten Wochen verlassen.

 

Episoden aus dem Livestream

Kurz nach dem Schlupf sind die Küken noch sehr klein und unbeholfen.

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Einmal schaute sogar ein Turmfalke kurz vorbei. Aber der Kasten war eben schon besetzt.

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Normalerweise klappt das ja mit dem Schlingen. Diese Maus allerdings dann doch zu gross.

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