Angesichts des Kriegs in der Ukraine ist die Abhängigkeit vom Ausland derzeit ein grosses Thema, beispielsweise bei Futtermitteln. Laut einem Faktenblatt des Soja Netzwerks Schweiz wird für die Produktion von Geflügelfleisch und Eiern am meisten Soja eingesetzt, 575 g bzw. 307 g pro Kilo Fleisch respektive Eier. Gleichzeitig sind beides Wachstumsmärkte. Ein alternatives Proteinfuttermittel aus der Schweiz wäre eine gute Lösung und Insekten sind ein vielversprechender Kandidat dafür, wie ein neues Faktenblatt des Forschungsinstituts für Biologischen Landbau (FiBL) erläutert.

Gute Gehalte bei Aminosäuren

Am besten erforscht als Futtermittel sind die Larven der schwarzen Soldatenfliege (Black Soldier Fly, BFS), die kurz vor dem Verpuppen verwendet und meist zu Mehl verarbeitet werden. Laut FiBL waren die Gehalte der essentiellen Aminosäuren bei vom Forschungsinstitut selbst produziertem Mehl aus BFS-Larven vergleichbar mit oder sogar höher als bei Sojakuchen oder Sojaextraktionsschrot. Wovon die Insekten leben, kann aber mitunter das Aminosäureprofil verändern. Der Rohproteingehalt indes sei stark von der Herstellungsart abhängig, genauer gesagt von der Presse zum Entfetten. Die FiBL-Mehle lagen zwischen 38 bis 59 g/100g.

 Gleiche Leistungen erreichbar

Zwar hätten Versuche gezeigt, dass sowohl mit niedrigen als auch bei hohen Anteilen BFS-Mehl im Futter die gleichen Tageszunahmen, Schlachtgewichte und -ausbeuten bei Mastpoulets erzielt werden konnten, wie mit Sojafutter. Produktionsbedingt könne die Qualität der Insektenmehle, sprich der Proteingehalt und die Verdaulichkeit aber deutlich unterschiedlich ausfallen. Für eine gleichmässige Mastleistung müsse daher die Qualität beim Kauf des Mehls im Auge behalten werden. Laut FiBL sind unter dieser Bedingung auch keine Unterschiede bei Brustfleischanteil, Zartheit, Kochverlusten und Farbe zu erwarten.

Eine Unsicherheit gibt es noch bei der Verdaulichkeit der BFS-Larven. So könne die Futterverwertung durch das Chitin aus dem Exoskelett der Insekten beeinträchtigt werden, was es noch zu erforschen gelte.

Einfluss auf die Eierschalen möglich

Die Qualität des BFS-Mehls beeinflusst auch die Leistung von Legehennen. Wie es im Faktenblatt heisst, sei bei hoher Qualität aber von einer Gleichwertigkeit mit Soja auszugehen, sowohl in Bezug auf die Futteraufnahme und -verwertung als auch die Legeleistung und das Eigewicht. Das FiBL erwähnt allerdings einen möglichen Einfluss auf die Festigkeit der Eierschalen.

Generell fehlt beim Verfüttern von Insekten als Mehl oder auch lebende Larven die Praxiserfahrung. Besonders für Legehennen wären Beobachtungen über die ganze Legeperiode wichtig, um mögliche Langzeiteffekte abschätzen zu können. Lebende Insekten würden aber möglicherweise Verhaltensstörungen reduzieren, da sich damit natürliches Verhalten bei Poulets und Legehennen fördern lässt. Hier sei die Gesetzeslage in der Schweiz und auch der EU allerdings nicht gänzlich geklärt.

Das Merkblatt «Insektenmehl im Geflügel- und Fischfutter» des FiBL finden Sie hier.

 

In der Schweiz (noch) nicht erlaubt
Zwar sind hierzulande bestimmte Insekten (z. B. Grillen und Mehlwürmer) als Lebensmittel zugelassen, aber nur Fische dürfen mit Insektenmehl gefüttert werden. Das FiBL erwartet allerdings eine baldige Zulassung auch für Geflügel und Schweine, da die EU das seit September 2021 erlaubt. 2016 hatte sich der Bundesrat offen für eine Prüfung gezeigt, aber auf die notwendige Koordination mit der EU verwiesen. Besonders interessant wäre die Nutzung von Lebensmittelabfällen, um die Larven zu ernähren. Denkbar wäre auch die Produktion auf Landwirtschaftsbetrieben. Zur Vermeidung der erwähnten Schwankungen in der Qualität von Insektenmehlen braucht es Standards für das Futtersubstrat und die Verarbeitungsprozesse, gibt das FiBL zu bedenken.