Im Gegensatz zum Nassreisanbau ist der Trockenreisanbau in der Schweiz bereits etabliert, wenn auch auf einer sehr kleinen Fläche. Trotzdem wird im Tessin seit 1997 Trockenreis angebaut: Der «Riso Nostrano Ticinese». Daraus wird unter anderem das beliebte Tessiner Risotto gemacht. Zwar gehört Loto nicht zu den typischen Risottoreissorten – in Italien wird für Risotto in der Regel Arborio, Vialone nano oder Carnaroli verwendet –, die Sorte Loto zeichnet sich aber durch eine kürzere Reifezeit aus. Carnarolireis braucht von der Aussaat bis zur Ernte in der Regel rund sechs Monate Wärme. Weil das Tessin aber nicht ganz so viele Sonnentage bieten kann, hat sich die Sorte Loto als die geeignetste erwiesen, da sie nur rund fünf Monate Wärme braucht.

Auf den Reis gekommen

Weil dem Gutsbetrieb Terreni alla Maggia bei Ascona als Aktiengesellschaft Mitte der Achtzigerjahre die Direktzahlungen gestrichen wurden, die Eigentümer aber Eigentümer bleiben wollten, mussten neue Lösungen her, um die Weiterführung des Betriebs sicherzustellen. Der Betrieb fing an, Saatmais, Futtersoja und Hartweizen anzubauen und begann als einer der ersten Schweizer Landwirtschaftsbetriebe mit dem Anbau von Frühkartoffeln. «Und weil die Reisfelder von Italien nicht weit entfernt sind, hat man es auch damit versucht», erzählt Markus Giger, der seit 40 Jahren auf dem Betrieb ist und bei Terreni alla Maggia für den Ackerbau zuständig ist. Da bereits anderes Getreide angebaut wurde, waren auch die Infrastruktur und die nötigen Maschinen vorhanden: Der Mähdrescher für die Reisernte; Öfen, zum Trocknen des Getreides und der Reiskörner sowie Silos, um sie zu speichern. Angefangen auf nur rund zwei Hektaren, steigerte der Betrieb an der Maggia die Produktion so Jahr um Jahr und baute 2018 schliesslich auf einer Fläche von 90 Hektaren Reis an und erntete rund 520 Tonnen Rohreis der Sorte Loto. «Wir produzieren ein absolutes Nischenprodukt, beweisen aber, dass in der Schweiz Reis quasi direkt vom Feld auf den Teller möglich ist», meint Markus Giger. Dem Kerngedanken der integrierten Wertschöpfungskette des Gutbetriebs Terreni alla Maggia folgend werden so auch möglichst alle Verarbeitungsschritte vom Roh- bis zum Fertigprodukt auf dem Betrieb gemacht. Entspelzt, also geschält, wird der Reis in der betriebseigenen Anlage. Nur zum Mahlen und Raffinieren – sprich geschliffen – wird der Reis auswärts in den Reismühlen in Lugano oder Brunnen.

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Reisbier
Aus einer jahrelangen Zusammenarbeit mit Terreni alla Maggia in Sachen Braugerste ist bei der Brauerei Locher in Appenzell das «Birra da Ris» entstanden. Die Idee sei aus einem gemeinsamen Interesse entwachsen, eine neue Bierspezialität zum Leben zu erwecken, erzählt Aurèle Meyer, Geschäftsleiter der Brauerei Locher AG: «Das Produkt war insbesondere im Tessin von Beginn weg sehr populär und seit es als glutenfreie Bierspezialität zertifiziert und ausgelobt wird, ist es auch national sehr gefragt.»

Für das «Birra da Ris» wird sogenannter Bruchreis, der beim Raffinieren anfällt, verwendet. Allerdings könne nur ein Teil der Gerste durch Reis ersetzt werden, erklärt Aurèle Meyer. Das Brauverfahren zu anderen Bieren sei aber grundsätzlich gleich, jedoch würden sich einzelne Verfahrensschritte beispielsweise in Bezug auf Dauer und Temperatur unterscheiden.
Da Bruchreis verwendet und nur ein Teil der Gerste durch Reis ersetzt werde, sei auch immer mehr als genug Rohstoff vorhanden, auch wenn die Ernte im Tessin mal tiefer ausfällt.

Trockenverfahren?

Weltweit wird Reis zu 85 Prozent im Wasseranbau, wie man ihn beispielsweise aus Asien mit den typischen Reisterrassen kennt, angebaut. Nur 15 Prozent des weltweit produzierten Reises wird im sogenannten Trockenverfahren angebaut. Und obwohl am Lago Maggiore und im Maggiadelta genug Wasser vorhanden wäre, wird auch hier mit Trockenanbau gearbeitet: «Die sandigen Böden halten das Wasser kaum zurück und die Felder sind nicht eben genug, um eine gleichmässig geflutete Fläche zu gewährleisten», erklärt Markus Giger. Im Frühling müsste das zu kalte See- oder Flusswasser ausserdem temperiert werden und die Felder liegen in der Nähe eines Naturschutzgebietes, was besondere Umsicht verlange. Ähnlich wie normales Getreide wird der «Riso Nostrano Ticinese» also trocken angebaut und – wenn nötig – einmal pro Woche bewässert.

Tücken

Der Reisanbau im Trockenverfahren hat den Vorteil, dass im Vergleich zum Nassreisanbau weit weniger Wasser benötigt wird und er in dieser Hinsicht entsprechend klimafreundlicher ist. Allerdings ist der Unkrautdruck höher und die Unkrautbekämpfung etwas aufwändiger. Das hat sich besonders im Jahr 2020 gezeigt: Der Gutsbetrieb Terreni alla Maggia setzt grundsätzlich auf eine naturnahe Produktion und hat letztes Jahr die Messlatte noch einmal etwas höher gesetzt – ganz herbizidfreier Reis sollte angebaut und geerntet werden. «Reis ist etwas heikel, weil er so langsam wächst», erklärt Markus Giger. Den Unkrautdruck darum ohne jegliche Herbizide in den Griff zu bekommen sei kein Kinderspiel. So ist das Unkraut dem Reis letztes Jahr trotz fieberhaftem Jäten und Hacken über den Kopf gewachsen. Entsprechend ernüchternd fiel die Ernte auf den rund 80 Hektaren aus. «Ich will gar nicht sagen, wie wenig es gegeben hat – so katastrophal war die Ernte», meint Markus Giger weiter.

Trotzdem hält der Landwirtschaftsbetrieb am Vorhaben eines möglichst herbizidfreien Reises fest, musste auf dieses Jahr allerdings die Anbaufläche verkleinern. Der Felderabtausch mit einige Partnerbetrieben, wo Terreni alla Maggia vorher auch Reis angebaut hat, war nicht mehr möglich, da diese Betriebe auf Biolandbau umgestellt haben. Terreni alla Maggia bewirtschaftet ihren Betrieb nach IP-Standard, was den Flächenabtausch verunmöglicht. So wurde in diesem Jahr noch auf 42 Hektaren Reis angebaut. «Obwohl die Reisfläche nur halb so gross war wie letztes Jahr, ist die Ernte grösser ausgefallen als letztes Jahr», erzählt Markus Giger. Allerdings habe er dieses Jahr aber wieder ein Herbizidmittel ausgebracht – einmal. Das sei aber eine Verbesserung gegenüber vorher und so hätten bereits Erkenntnisse vom letzten Jahr umgesetzt werden können. «Die Lösung für einen naturnahen und möglichst herbizidfreien Reisanbau wäre Winterreis, der wie Weizen im Herbst ausgesät wird», lacht Markus Giger, «das würde mein Unkrautproblem lösen.»

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Der «Riso Nostrano Ticinese» ist schön ausgereift und steht kurz vor der Ernte. (Terreni alla Maggia SA) | Bild herunterladen

Nass- und Trockenreisanbau
Die Reispflanze gehört zu den einjährigen Gräserarten und muss deshalb nach jeder Saison neu angepflanzt werden. Ursprünglich wurde sie auf trockenem Boden angebaut und hat sich erst durch Züchtungen zu einer Sumpfpflanze entwickelt.

Beim Nassreisanbau werden die Reissamen in Felder gepflanzt, die dann durch Regen oder Flusswasser geflutet werden. Pro Kilogramm Reis werden beim Nassreisanbau zwischen 3’000 und 5’000 Liter fliessendes Regen- und Flusswasser benötigt. Mit dem Wasser können ausserdem Unkraut und Schädlinge ferngehalten werden. Kurz vor der Ernte wird das Wasser abgelassen. Beim Nassreisanbau entsteht allerdings in den drei bis vier Monaten, während denen die Felder unter Wasser stehen, unter Ausschluss des Sauerstoffs Methan. Der Nassreisanbau macht so ungefähr 1,5 Prozent des weltweiten menschgemachten Treibhausgasausstosses aus. Dafür sind Nassreisfelder ein Biodiversitätsparadies und bieten gefährdeter Flora und Fauna einen Lebensraum. Ausserdem ist der Nassreisanbau ertragreicher als Trockenreisanbau.
Beim Trockenreisanbau wird der Reis nicht geflutet, sondern steht im Trockenen und wird nur bei Bedarf bewässert. Trockenreis wird auf rund 15 Prozent aller Reisfelder angebaut, vor allem in Regionen mit wenig Niederschlag oder auch im Gebirge – wenn das Klima stimmt. Trockenreis wird vor allem wegen seines intensiveren Aromas geschätzt. Trockenreisanbau hat den Vorteil, dass nur ein Viertel der beim Nassanbau nötigen Wassermenge gebraucht und kein Methan freigesetzt wird. Im Trockenanbau haben die Bäuerinnen und Bauern allerdings vermehrt mit Unkraut und Schädlingen zu kämpfen, weshalb dieses Verfahren – insbesondere im Bioanbau – sehr viel arbeitsaufwändiger ist und teilweise den häufigeren Einsatz von Pestiziden und Herbiziden verlangen.

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