Noch im Juni-Marktbericht hatte sich Fritz Glauser, Präsident des Schweizerischen Getreideproduzentenverbands (SGPV), besorgt gegenüber dem scheinbaren Rückgang der Anbauflächen von Getreide und Ölsaaten geäussert (wir berichteten).
7000 ha weniger Brotgetreide
Er stützte sich dabei auf eine Schätzung der Branchenorganisation Swiss Granum, die von rund 7000 ha weniger Brotgetreide im Vergleich zu 2024 ausging. Beim Futtergetreide habe die Fläche heuer um 1000 ha und bei Ölsaaten um 1800 ha abgenommen, so diese Schätzung. Total ging Swiss Granum also von einer Schrumpfung bei diesen Kulturen um fast 10 000 ha aus, die laut Fritz Glauser für Futterproduktion, Gemüsebau, Zuckerrüben und Ökoelemente genutzt würden.
Anders als Swiss Granum für ihre frühe Schätzung beruft sich Agristat auf provisorische Daten der Direktzahlungserhebungen. Diese zeichnen ein gegenteiliges Bild: 2504 ha mehr Getreide, wobei die Zunahme des Winterweizens (+ 5504 ha) die Abnahme des Sommerweizens (– 2755 ha) mehr als kompensiert.
Hingegen meldet auch Agristat eine leichte Abnahme bei den Ölsaaten. Im Weiteren seien Zunahmen bei Zuckerrüben (+ 612 ha) und deutliche Abnahmen bei Körnerleguminosen zu verzeichnen.
Im Sommerweizen sieht Agristat eine mögliche Erklärung für die erste Fehleinschätzung der Branche.
Das Saatgut war noch da
«2024 wurde sehr viel Sommerweizen gesät, da die Herbstsaat 2023 aufgrund nasser Bedingungen schwierig war», ruft der statistische Dienst in Erinnerung. Allenfalls seien noch grössere Mengen Saatgut vom Herbst 2023 auf den Betrieben verfügbar gewesen. In der Folge sei weniger Saatgut für die Saison 2025 beschafft worden, ausgehend von den Verkaufszahlen habe es so ausgesehen, als sei die Getreidefläche stark rückläufig.
Und plötzlich ist die Lage anders
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Kommentar von Jil Schuller
Die Nachricht über den drastischen Rückgang der Getreideflächen in der Schweiz hat manchem zu denken gegeben. Das ist auch gut, handelt es sich doch um eine radikale Fehlentwicklung, wenn die Schweiz in der pflanzlichen Selbstversorgung stark bleiben will. Zudem ist Brotgetreide eine der «klassischsten» Kulturen schlechthin, könnte man sagen. Entsprechend wurde gerätselt, woran es liegen mag, dass Landwirt(innen) dem Weizen zunehmend den Rücken kehren. Für den Schweizerischen Getreideproduzentenverband war es ein Zeichen dafür, dass das Gleichgewicht zwischen Tierproduktion, Pflanzenbau und Ökologie nun völlig aus den Fugen geraten ist. Zum Glück war die Flächenschätzung basierend auf den Saatgutverkäufen ziemlich falsch. Wir haben keinen Rückgang, sondern sogar eine erfreuliche Zunahme der Brotgetreidefläche.
War aller Wirbel umsonst? Es war auf jeden Fall gut, breiter über die Bedeutung des Pflanzenbaus allgemein und von Schweizer Getreide im Speziellen zu sprechen. Dafür waren die alarmierenden Zahlen hilfreich. Und eine gute Nachricht ist auch mal schön, Hiobsbotschaften gibt es an allen Ecken und Enden zur Genüge. Behalten wir das Gleichgewicht zwischen den Produktionsbereichen und mit der Ökologie im Auge – und vergessen nicht, dass das Wetter nicht nur auf dem Feld, sondern auch in der Statistik alles durcheinanderbringen kann. j.schuller@bauernzeitung.ch