Bis vor ein paar Jahren war der Betrieb von Daniel und Jörg Weber ein klassischer Mischbetrieb mit Obstbau, Futterbau und Milchwirtschaft. «Wir hatten aber immer zu viel zu tun und waren in der Arbeitsfalle», sagt Daniel Weber. Und die Industriemilchproduktion machte die beiden Landwirte auch nicht mehr so glücklich. So verkauften sie ihre rund 30 Milchkühe, bauten den Obstbau aus und setzten auf Direktvermarktung. «Einen Teil des Obstes haben wir vorher schon direktvermarktet – wir hatten also schon Erfahrung mit dem Direktverkauf», ergänzt Jörg Weber.

Gezielte Umstrukturierung

Den Erlös aus der Auflösung der Milchwirtschaft investierten die beiden Landwirte in die neue Infrastruktur: Wo früher der Stall und die Läger für die Tiere waren, wird heute die Ware gerüstet und kommissioniert. «Wir haben unter anderem neue Kühlräume und ein Lagerraum für Pflanzenschutzmittel gebaut», erklärt Daniel Weber. Und auf dem Weideland wurden weitere Obstgärten aufgezogen.

Heute bewirtschaften Webers über vier Hektaren Äpfel, eine Hektare Birnen, 1,3 Hektaren Kirschen sowie mehrere hundert Zwetschgen- und Aprikosenbäume, ein paar Stauden Haselnüsse sowie ein paar Baumnussbäume. Ausserdem produziert eine Nachbarin auf einer Parzelle zusätzlich noch verschiedene Beeren für Webers.

Weber Früchte
Betrieb: 30 Hektaren LN – davon rund 15 Hektaren Ackerbau mit klassischen Ackerkulturen wie Zuckerrüben, Mais und Getreide, aber auch Spezialkulturen wie Linsen, Leinsamen, Popcornmais und Süsshirse, daneben 7 Hektaren Obst sowie Ökoflächen und Wald
Tiere: Zwei Schottische Hochlandrinder sowie drei Weide-Beef für Landschaftspflege
Vermarktung: Obst sowie Fleisch in Direktvermarktung, Spezialkulturen werden für «Christas – diräkt vom Hof» produziert

Vielfalt verlangt

[IMG 2]«Eigentlich machen wir aber das komplette Gegenteil, von dem was die anderen im Obstbau machen», erläutert Daniel Weber. Spezialisierte Obstbaubetriebe setzen normalerweise auf maximal drei verschiedene Sorten pro Obstart. Webers haben rund zwanzig verschiedene Apfel- und Kirschsorten sowie mehrere Birnen, Zwetschgen- und Aprikosensorten. Darunter finden sich auch Sorten, die im Standardsortiment beim Detailhändler keinen Platz haben und nicht so ertragsreich sind.

Aufgrund dieser Breite komme der Betrieb aber nicht auf die gleiche Ertragsmenge wie andere Obstbauern, sagt Daniel Weber und ergänzt: «Diese Diversifizierung ist aber nötig, damit wir auf dem Markt ein möglichst breites Sortiment haben, Nischen besetzen und uns vom Detailhandel abheben können.»

Eigene Ware reicht nicht

«Unser ganzer Anbau ist auf die Direktvermarktung ausgerichtet», führt der Landwirt weiter aus. So seien in der Region früher verbreitet sogenannte «gestrupfte» Kirschen angebaut worden. Kleine schwarze Kirschen, die beispielsweise zu Konfitüre weiterverarbeitet werden. Wegen Preiszerfalls und kleiner Nachfrage verschwand aber ein Grossteil dieser Bäume. «Wir haben nun wieder solche Bäume gesetzt, weil die Nachfrage auf den Wochenmärkten so gross ist, dass wir ständig zu wenig Ware haben», erklärt Daniel Weber.

Trotz hoher Diversifizierung reicht das vielfältige Obstangebot von Webers allerdings nicht aus, um die Kundenbedürfnisse zu stillen. «Aus Gesprächen mit unseren Kundinnen und Kunden merkten wir plötzlich, dass ein breiteres Sortiment gewünscht wird», erzählt Daniels Frau, Astrid, die zusammen mit Jörgs Partnerin, Jasmin Streit, den Verkauf an den Wochenmärkten managt.

Partnerschaftliche Tauschhandel

So gingen Webers Partnerschaften mit lokalen und regionalen Produzenten ein: «Wir tauschen viel Ware aus und können so Gemüse vom lokalen Gemüseproduzenten anbieten oder wir verkaufen Mostäpfel an einen regionalen Cidreproduzenten und nehmen einen Teil der verarbeiteten Ware wieder zurück», erklärt Astrid Weber. Auf diese Weisen können die Obstbauern an ihren Wochenmärkten und die Partnerbetriebe in ihren Hofläden ein breiteres Sortiment anbieten.

Dafür mussten Webers allerdings teilweise auch ihre ursprünglichen Prinzipien über Bord werfen: «Am Anfang wollten wir ausschliesslich mit eigener Ware auf die Wochenmärkte fahren», erklärt Daniel Weber und fügt hinzu, dass schliesslich immer Kundschaft sage, was sie wolle. Wären sie nicht zu dieser Einsicht gelangt, hätten sie wieder aufhören müssen. Gewonnen hätten sie aber trotzdem: «Wir können Synergien mit Nachbarbetrieben und anderen Produzenten nutzen, können Ware und Erfahrungen austauschen – das nützt nicht nur dem eigenen Betrieb, sondern auch unseren Partner-Betrieben.»

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Auftritt ist wichtig

Direktvermarktung brauche aber sicher einen sehr langen Atem, meint Daniel Weber. Und die Herausforderung sei eben, dass sie immer genug Ware hätten. Wenn man dem Grosshandel liefere, könne man angeben, wie viel Ware man liefern kann und in einem schlechten Jahr sei es dann einfach weniger. «Im Direktverkauf können wir unserer Kundschaft aber nicht sagen, dass wir keine Ware haben, sonst verlieren wir Kunden und zwar sofort», ergänzt der Landwirt.

Weil der Betrieb aber gut vernetzt sei, könnten sie das meistens abfedern. Während der Coronaviruspandemie hätten sie ausserdem erfahren, wie wichtig Marketing und Branding sei: «Plötzlich konnten wir nicht mehr auf den Markt fahren – 90 Prozent unserer Kundschaft sind aber Stammkunden und die wussten zwar, wie wir heissen, aber nicht, wo sie uns fortan finden konnten», erzählt Daniel Weber.

Denn der Betrieb hatte weder ein Logo noch einen Internetauftritt. «Wir haben dann eine Fachfrau beigezogen, die uns geholfen hat, ein tolles Logo und eine Internetseite aufzubauen und haben das das sofort noch nachgeholt.»

Bis ins Berner Oberland
Webers verkaufen ihre Früchte und das restliche Sortiment an vier Marktstandorten: Am Dienstag in Zweisimmen, am Mittwoch in Solothurn und am Samstag in Lyss und Solothurn.
Der Markt in Zweisimmen habe eine spezielle Geschichte, meint Astrid Weber: «Ich wollte einen Markt mehr besuchen», erklärt sie. Biel und Bern seien nicht in Frage gekommen, weil sie dort bereits Marktfahrer und Kunden hätten, diese nicht konkurrenzieren wollten. «Wir müssen irgendwohin, wo es nicht so viel Obst und Gemüse hat», überlegte sie sich. Vor sechs Jahren hätten sie dann in Zweisimmen gestartet. «Ich habe ihr einen Plastikschemel geschenkt, damit sie auf die Kunden warten und dabei ein Buch lesen kann», erinnert sich Daniel Weber. Er habe Zweifel gehegt, dass dieser Marktstand funktionieren würde. «Sie hat den Schemel aber nie gebraucht und die Spinneridee wurde zu einer Erfolgsgeschichte», lacht er. Heute arbeiten am Marktstand in Zweisimmen mehr als ein halbes Dutzend Personen.

Feedback aushalten und nutzen

Viermal pro Woche sind Webers mit ihrem Angebot an Wochenmärkten in Lyss, Solothurn und Zweisimmen präsent und je nach Standort müssen sie ihr Angebot anders zusammenstellen. «Im Berner Oberland ist nicht das Gleiche gefragt wie in Solothurn», erklärt Astrid Weber. «Wir sehen sehr genau, was wo gefragt ist – so macht die Kundschaft in der Stadt sicher mehr Trends mit, was sich aber gut mit den Bedürfnissen der anderen Kunden ergänzt», meint sie weiter.

Daneben sei Direktvermarktung halt auch betriebswirtschaftlich sehr interessant, meint Daniel Weber: «Wenn wir auf den Markt fahren, haben wir Wertschöpfung und Wertschätzung – das direkte Feedback der Kunden ist ausserdem sehr wertvoll.» Gleichzeitig müsse man mit der direkten Konfrontation umgehen können. Oft blieben negative Rückmeldungen länger in Erinnerung als die vielen positiven. Gleichzeitig können sie sehr genau beobachten, was gefragt sei und entsprechend reagieren: «Ich denke, unser Betrieb hat sich in den letzten Jahren immer wieder den Bedürfnissen der Kundinnen und Kunden angepasst», sagt Astrid Weber und ist zuversichtlich, dass sich der Betrieb auch künftig auf Trends relativ schnell reagieren könne.