Die Herkunft und Produktionsweise sowie Nachhaltigkeit und Regionalität bei Lebensmitteln werden immer wichtiger. Im Getränkemarkt gerade bei den Erfrischungsgetränken nimmt dieser Trend allerdings erst langsam Fahrt auf. Eine Erfahrung, die Yves Bütikofer von Bänz zum Nachdenken anregte: «Ich stand beim Detailhändler vor dem Kühlregal und sah, dass viel ausländische Ware und praktisch nur industriell hergestellte Ware in unseren Regalen steht – nichts unverfälschtes, handwerklich Produziertes.»

Die grosse Mehrheit der im Detailhandel angebotenen Getränke würden brutal billig hergestellt und den Konsumentinnen und Konsumenten vorgaukeln, wie viel Natur da drin sei. «Dabei sind es vor allem Aromastoffe», meint Yves Bütikofer weiter. Und da er seinen Bürojob sowieso aufgeben wollte, um etwas mit den Händen zu machen, selbstständig etwas herzustellen, war die Idee eines lokal produzierten, regionalen Getränkes mit Zutaten aus möglichst regionalem Anbau und unbedingt ohne Zusatzstoffe und Konzentrate geboren.

Feuer und Flamme

Der «Bürolist» tüftelte also Zuhause mit verschiedenen Säften: «Ich wollte nicht einen weiteren reinen Apfelsaft produzieren, sondern Mischungen machen – das war das Neue an meiner Idee und in dieser Vielfalt eigentlich sogar ein bisschen eine Neuheit.» In Glasfalschen abgefüllt wollte Yves Bütikofer seine Fruchtschorlen unter anderem an Gastronomiebetriebe verkaufen.

Mit dieser Idee ging er 2014 zur Mosterei Hurni & Sohn in Ferenbalm im Berner Seeland und dort traf die Idee tatsächlich auf Interesse. Allerdings riet ihm der Mosterei-Inhaber Alex Hurni, das Getränk nicht einfach nur produzieren zu lassen, sondern das Getränk gleich selber herzustellen. Rückblickend sei das die beste Idee überhaupt gewesen: «Das hat mir voll den Ärmel reingenommen – die Saftherstellung, die ganze Schönung, das Mischen… Das ist überhaupt nicht trivial, sondern organische Chemie, die es als Quereinsteiger erst einmal zu verstehen gilt.»

Sommerserie: Vom Land in die Bar
Trendig in der Stadt, produziert auf dem Land – in unserer Sommerserie widmen wir uns der Getränkeproduktion und Getränken, die mit Innovation, Kreativität und Regionalität bestechen. Es geht um moderne Produkte und neue Ansätze aus der Schweizer Landwirtschaft, welche die Getränkevielfalt in der Stadt beleben und Durst auf Neues machen.

«Bänz»

[IMG 2] Im Herbst desselben Jahres wurde in der Mosterei in Ferenbalm die erste Ladung «Bänz»-Getränke gepresst – ein paar tausend Fläschchen. Die erste Produktion umfasste drei verschiedenen Saftkombinationen und die Lernkurve, die folgte, war steil: «Am Anfang habe ich sogar einen Teil der Zutaten selber geerntet, habe beispielsweise die Kirschen selber gelesen, da ich noch nicht wusste, wie ich sonst zu den Rohstoffen komme oder wer mir liefern könnte», erzählt Yves Bütikofer.

Der Name «Bänz» soll Tradition und Handwerk verkörpern: «‹Bänz› ist eine Legende – der Name verspricht Ehrlichkeit und das gilt auch für das Getränk», erklärt Yves Bütikofer. Am Anfang vertrieb er «Bänz» vor allem in der Stadt Bern. Die Verkaufsregion weitete sich schliesslich auf die Agglomeration Bern aus und dann begann Yves Bütikofer auch mit Getränkehändler zusammenzuarbeiten: Mittlerweile ist «Bänz» von Biel bis Kandersteg an diversen Orten erhältlich und besonders auch in Hofläden erfolgreich. 

Während der Coronaviruskrise letztes Jahr baute Yves Bütikofer ausserdem einen Onlineshop auf: «Wir haben Bestellungen aus der ganzen Schweiz. Cool wissen immer mehr Leute echten Geschmack zu schätzen.»

Alte Mostapfelsorten sind rar

Das Rückgrat aller «Bänz»-Erfrischungsgetränke macht der Apfel – in allen Kreationen ist Apfelsaft die Basis. Der Apfelsaft wird mit Wasser gemischt, um den natürlichen Fruchtzuckergehalt zu senken. «Bänz» soll kein Fruchtsaft sein, sondern ein Erfrischungsgetränk, erklärt Yves Bütikofer: «Ich wollte mit ‹Bänz› nie in die Saft-Ecke. Saft ist für mich ein bisschen schwerfällig und vor allem ein Frühstücksgetränk – wenn ich Saft höre, kommt mir das dickflüssig vor.» Durch das Filtrieren und die Zugabe von Wasser sei «Bänz» leichter. So wie es ein Erfrischungsgetränk sein soll.

Die Äpfel kommen aus dem Einzugsgebiet der Mosterei – vorwiegend von Betrieben aus dem Kanton Bern, aber auch aus dem nahen Kanton Freiburg. Die besten Mostäpfel stammen von Hochstammbäumen, ist Yves Bütikofer überzeugt: «Die alten Hochstammsorten interessieren mich und genau diese brauche ich für meine Getränke – ich bin ein Fan von qualitativ gutem Hochstammobst und freue mich an jedem Hochstammapfelbaum, den ich sehe!» Leider seien viele alten Apfelsorten, die guten Saft geben, rar geworden. Das Tafelobst bestimme den Ton im Obstanbau und in schlechten Saisons, wenn wenig Mostobst verfügbar sei, müsse er auf «flauere» Sorten aus einer Anlage ausweichen.

Fruchterlebnis

Neben dem Apfelsaft verleihen verschiedene andere Zutaten den «Bänz»-Getränken Charakter: Rhabarber, Cassis, Trauben, Himbeeren, Kirschen und Quitten. Die meisten der Früchte haben allerdings bereits im Sommer Saison: «Wir pressen die Früchte direkt nach der Ernte und pasteurisieren den Saft – damit konservieren wir ihn, bis wir ihn für eine Abfüllung brauchen. Im Herbst machen wir dann erste Mischungen mit frischem Apfelsaft.»

Auch beim Verfeinern seiner «Bänz»-Getränke achtet Yves Bütikofer auf Regionalität: All die beerigen und fruchtigen Zusätze werden zwischen dem Neuenburgersee und dem Kanton Aargau geerntet. «Auf jeder Flasche steht ausserdem der Name des Lieferanten, der die Früchte geliefert hat – so ist immer nachvollziehbar, woher die Rohstoffe stammen.»

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Natur pur

[IMG 3] Von Anfang an habe er für seine «Bänz»-Erfrischungsgetränke nur Direktsäfte verarbeiten wollen, erklärt Yves Bütikofer. «Das kostet natürlich mehr, aber es ist dann nur ‹echte› Ware drin und die Zutatenliste ist entsprechend einfach: Apfelsaft, den gewünschten Fruchtsaftzusatz und ein Anteil Wasser – fertig.» Das schmecke einfach besser, weil eben die echte Frucht drin sei, meint er weiter. Industriehersteller würden mit im Labor hergestellten Aromen arbeiten, so könnten sie bei den teuren echten Fruchtzutaten sparen: Bei einem Getränk mit Kirschen, reichten so auf 700 Liter eine Handvoll Kirschen. Der Rest werde mit ein paar Tröpfchen konzentriertem «natürlichem» Kirschenaroma aromatisiert. Und so werde es dann auch in der Zutatenliste ausgewiesen: «natürliches» Kirschenaroma. «Nach gefühlten zweitausend Verarbeitungsschritten enthält das Tröpfchen ‹natürliches› Kirschenaroma nicht mehr viel von der Kirsche, stattdessen sind diese ‹natürlichen Aromen› das Ergebnis raffinierter Laborarbeit», stellt Yves Bütikofer ernüchtert fest. «Leider wissen das viele nicht oder es sind Leute, die es nicht interessiert.»

«Natur pur» fange bei der «Bänz»-Produktion allerdings schon viel früher an, erklärt der Getränkepurist weiter.

In der kleinen handwerklichen Mosterei werden die faulen Äpfel anders als bei grösseren Betrieben von Hand aussortiert: «Das bedeutet, wir müssen auch keine Aktivkohle zusetzen, um Fehl- und Faulgeschmäcker zu neutralisieren und da die Getränke pasteurisiert werden, braucht es auch keine Konservierungsmittel.»

Trendig und nachhaltig

Seit dem ersten Tüfteln in der Küche und schliesslich der ersten Produktion in der Mosterei hat sich «Bänz» auch weiterentwickelt. Durch die Jahre sind Lieferantenbeziehungen gewachsen und Yves Bütikofer hat das Sortiment auf mittlerweile sieben Sorten und die Produktion auf mehrere zehntausend Fläschchen ausgebaut. Das Sortiment zeigt sich vielfältig und ist mit einem saisonalen Glühmost sogar wintertauglich. Speziell ist auch die Apfel-Rhabarber-Kreation – die kann sogar Veganer begeistern, denn der Apfelsaft wird nicht wie üblich mit Gelatine, sondern mit einem Erbsenprotein geklärt.

Mit wachsender Produktion und Nachfrage wurde schliesslich auch die Schwester von Yves Bütikofer eingespannt, die sich seither um die Etikettierung, die Lieferscheine und die Rechnungen kümmert. Daneben helfen auch die pensionierten Eltern aus und für die Auslieferung wurde ein Teilzeitmitarbeitender angestellt.

Baum-Engagement
«Da ich mit meinem Getränk sehr stark mit der Mosterei verbunden und auch abhängig bin, bin ich natürlich daran interessiert, dass es wieder mehr Hochstammobst auch in der Region gibt», sagt Yves Bütikofer. Gemeinsam mit der Mosterei Hurni & Sohn setzt er sich darum auch für die Förderung von Hochstammobstbäumen ein. Und tatsächlich hat das Engagement auch schon gefruchtet: «Bei unserem Kirschenlieferant in Gerolfingen am Bielersee wurden für die künftige «Bänz»-Getränkeproduktion neue Hochstammbäume gepflanzt. Wir sind aber vor allem an den Apfelbaumhochstämmern interessiert. Die müssen unbedingt erhalten und gepflegt werden. Und es sollten neue Hochstammapfelbäume angepflanzt werden.»

Am Samstag, 18. September findet in Zusammenarbeit mit dem Verein Hochstamm Suisse ein Mostfest in der Mosterei Hurni & Sohn in Ferenbalm statt. Speziell für die Landwirtinnen und Landwirte der Region. Diese sollen motiviert werden, ihre Bäume Hochstamm-zertifizieren zu lassen und auch wieder mehr Hochstammbäume zu pflanzen. «Das Hochstamm-Label kommt aus der Ostschweiz und weil auch in der Region Bern und Westschweiz die Hochstämmer wieder vermehrt gefördert werden sollen, ist diese Zusammenarbeit mit dem Verein entstanden. Mit einer Zertifizierung verdient der Landwirt unter dem Strich mehr, als er es bisher tut. Und auch ein Neu- oder Ausbau einer Hochstammanlage lohnt sich», sagt Yves Bütikofer.