«Der aggressive Pilz Rhizoctonia solani ist als Erreger der Wurzeltöter-Krankheit eine der grössten Herausforderungen im Bio-Kartoffelanbau», sagt Tobias Gelencsér, Projektleiter am Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL). Werden befallene Knollen gepflanzt, führen schwarze Pilzsporenlager, sogenannte Sklerotien, auf den Tochterknollen zu Ertrags- und Qualitätsverlusten.

Kompost reduziert Befall bis zu 50%

Tobias Gelencsér führt in Zusammenarbeit mit den Biobauern Daniel Vetterli und Christian Rathgeb Feldversuche im Kartoffelbau durch. Es soll die unterdrückende Wirkung von durchgerottetem Grüngutkompost bei Rhizoctonia nachgewiesen werden, die bereits eine Studie der deutschen Universität Kassel belegt: Hier konnte der Sklerotienbesatz bei den Tochterknollen bis zu 50% reduziert werden, wenn beim Pflanzen direkt unter der Mutterknolle Kompost appliziert wurde.

Zur technischen Umsetzung entwickelte die Uni Kassel zusammen mit dem Landtechnikhersteller Grimme eine Maschine, die in einem Arbeitsgang die Furche zieht, Kompost und Kartoffeln einbringt und den Pflanzdamm wieder zudeckt.

Neue, effiziente Methoden gesucht

Der Biobauer Daniel Vetterli aus Rheinklingen TG setzt gegen Rhizoctonia normalerweise ein biologisches Bakterium ein, spritzt Kupfer und verwendet Steinmehl und Algicin als Pflanzenstärkungsmittel. Bei der Saatgutvermehrung muss der Anteil der mit Rhizoctoniapocken betroffenen Kartoffeln unter 20% liegen, sonst kann die Ernte allenfalls noch für einen geringeren Preis auf dem Speisekartoffelkanal verkauft werden. Weil sich Vetterli ständig im Bereich dieser 20-Prozent-Grenze bewegt, sucht er nach neuen Methoden, um Rhizoctonia zu bekämpfen.

Landwirt hat Kompost selbst aufbereitet

Daniel Vetterli hat für den FiBL-Feldversuch hochwertigen Kompost mit einem Kohlenstoff-Stickstoffgehalt von 1:20 und einer Trockenmasse von rund 60% selbst aufbereitet. «Der Kompost muss gut verrottet sein, weil sich sonst der Rhizoctonia-Pilz vermehrt», sagt der Biobauer.

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Erste Ergebnisse nach der Ernte

Ende März wurden auf 3,5 Hektaren rund 160'000 vorgekeimte Samenkartoffeln und 13 m³ Kompost pro Hektare in den Boden eingebracht. Die Kosten belaufen sich ohne die Mehrkosten für die spezielle Pflanzmaschine auf rund 530 Franken pro Hektare.

Bei einem weiteren Feldversuch bei der Rathgeb Biolog AG in Unterstammheim ZH wird der Einsatz mit Rhizoctonia-belastetem Pflanzgut getestet. Mit den Ergebnissen ist nach der Kartoffelernte zu rechnen.

 

«Die unterdrückende Wirkung von Komposten wird von mikrobiellen Gegenspielern verursacht»

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Tobias Gelencsér, wie akut ist das Problem mit Rhizoctonia am Pflanzgut?

Tobias Gelencsér:Genaue Zahlen sind nicht bekannt. Je nach Jahr kommt es aber immer wieder vor, das es diesbezüglich Probleme beim Pflanzgut gibt. Ich würde sagen, im Schnitt der Jahre sind aber weniger als zehn Prozent der Posten betroffen. Für den einzelnen Produzenten ist es aber ein Risiko, weil plötzlich der gesamte Posten nicht als Pflanzgut vermarktbar ist. Bei der Speisekartoffelproduktion stösst man immer wieder auf recht grenzwertig belastetes Pflanzgut.

Im Feldversuch wird Rhizoctonia durch Kompost unterdrückt. Wie funktioniert das? 

Die unterdrückende Wirkung von speziellen Komposten gegenüber R. solani wird vor allem aufgrund der Steigerung der mikrobiellen Aktivität und der Etablierung von mikrobiellen Gegenspielern verursacht. Aus Studien sind viele Pilze und Bakterienarten bekannt, die die Krankheit ihrerseits parasitieren und damit schädigen. Die organische Substanz im Kompost bildet längere Zeit eine Nahrungsgrundlage für die darin vorkommenden Mikroorganismen. Dadurch etablieren sie sich im Acker und entfalten eine gute Wirkung. 

Wann sind erste signifikante Ergebnisse zu erwarten?

Es gibt einige Versuche, die bis in die 1980er-Jahre zurückgehen und die Wirksamkeit des Verfahrens belegen. Christian Bruns von der Uni Kassel hat auch jahrelang Versuche gemacht und dabei die Maschine mitentwickelt. Das FiBL setzt die Maschine zum zweiten Mal in grösseren Praxisversuchen ein. 2020 war der Befallsdruck zu gering für signifikante Resultate, doch die Stängelzahl war signifikant höher im Kompostverfahren. 2019 hatten wir rund 30 % Reduktion beim Knollenbefall, dort haben wir ein abgesetztes Verfahren eingesetzt, das heisst, je eine Maschine zum Ausbringen von Kompost und Kartoffeln. Die Resultate dieses Jahres sind ab Dezember zu erwarten. Wir planen auch nächstes Jahr nochmals, Praxisversuche mit der Maschine zu machen. 

Wird es zukünftig zur technischen Umsetzung Maschinen auf dem Markt geben?

Ja, der Hersteller All-In-One baut auch an einer solchen Maschine. Diese sollte auf die nächste Saison einsatzbereit sein. Mit den gewonnenen Erkenntnissen kann man auch aus einem Grimme-Pflanzer eine entsprechende Maschine bauen. Entscheidend ist, ob die Landwirte genug Interesse am Verfahren haben. Wahrscheinlich lohnt sich eine Anschaffung nur gemeinsam oder bei entsprechender Spezialisierung auf Bio-Pflanzgutproduktion.

Interview Katrin Erfurt