Kürzlich berichtete die Berner Zeitung über einen Gerichtsfall: Auf einer Emmentaler Alp war ein Landwirt angezeigt und in erster Instanz wegen fahrlässiger Verschmutzung von Trinkwasser verurteilt worden, weil eine private Quelle mit Gülle belastet wurde. Beide Parteien zogen das Urteil seither mehrmals weiter, der definitive Entscheid ist noch nicht gefallen.

Was diesen Rechtstreit besonders macht, sind die Umstände: Das Einzugsgebiet der verschmutzten Quelle liegt in steilem Gelände, wo schon seit Jahren Kühe weideten. Aber erst seit Kurzem war die Wasserqualität zum Problem geworden. Schuld seien unter anderem Klimaveränderungen, wird ein Fachmann in der Berner Zeitung zitiert.

Keine pauschale Aussage, aber ungute Entwicklungen

Muss in Zukunft also damit gerechnet werden, dass sich die Problematik mit verunreinigten Gewässern und Trinkwasserquellen verschärfen wird? So allgemein kann man das zwar nicht sagen, es dürfte aber tatsächlich in diese Richtung gehen. Denn der Klimawandel soll gemäss Szenarien künftig für mehr Starkregenereignisse sorgen, wodurch der Boden abfliessendes Wasser schlechter filtern kann. «Bei starkem Niederschlag ändert sich das Abflussverhalten des Wassers» erklärt Beatrice Kulli auf Anfrage der Bauernzeitung. Sie ist Dozentin für Bodenökologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften ZHAW. «Statt wie bei Nieselregen langsam durch die feinen Poren in die Erde einzudringen, flutet das Regenwasser die Gänge von Regenwürmern», schildert Kulli. Verunreinigungen, die sonst an den Bodenpartikeln haften bleiben würden, werden so in Gewässer oder ins Grundwasser geschwemmt.

Landwirte sind nicht gänzlich machtlos 

Dagegen, wie der schon bestehende Klimawandel das Wetter verändert hat, sind Landwirtinnen und Landwirte machtlos. Trotzdem gibt es Möglichkeiten, die Filterfunktion des Bodens zu verbessern. «Je mächtiger der Boden, je dicker die Humusschicht, desto besser der Filter», sagt Beatrice Kulli. Denn am organischen Material bleiben besonders viele Schadstoffe haften. Ein anderer Hebel ist die allgemeine Bodengesundheit. Ist der Untergrund verdichtet, kann das Wasser gar nicht erst in die Erde eindringen und somit auch nicht gereinigt werden. Die Folge sind Erosion und das Abschwemmen von Nährstoffen oder Pflanzenschutzmitteln samt einem Teil des Oberbodens, worunter auch die Fruchtbarkeit leidet.

Wichtig ist ausserdem das richtige Timing bei Feldarbeiten. «Auf keinen Fall sollte man z. B. vor einem Gewitter Gülle austragen», betont die Bodenökologin.

Nichts gegen Regenwürmer

Daraus, dass Wurmgänge bei starkem Regen zu einer Art Direktleitungen werden, sollte man nicht schliessen, dass Regenwürmer schlecht sind. Schliesslich durchlüften sie den Boden, wovon neben Kulturpflanzen auch die mikrobielle Bodenfauna profitiert. Zu deren Beitrag an der Filterung bzw. dem Abbau von Schadstoffen sind bisher wenig Zahlen bekannt. Zumindest für die Umwandlung bzw. Verfügbarmachung von Nährstoffen ist die Bedeutung von Bakterien und anderen Mikroorganismen klar.

 

Im Boden ist noch nicht verschwunden

Wenn man den Boden als Filter bezeichnet, muss man sich auch Gedanken über den Filtersatz machen. Sprich das, was in der Erde zurückbleibt, statt mit dem Wasser weggetragen zu werden. «Manche Stoffe können zwar eine Zeitlang an Bodenpartikeln haften, sich dann aber wieder lösen», erläutert Basilius Thalmann, der an der ZHAW in der Forschungsgruppe Bodenökologie arbeitet. So sei das kontinuierliche Ablösen eine mögliche Erklärung dafür, dass beispielsweise das seit 11 Jahren verbotene Atrazin noch immer im Grundwasser gefunden wird.

Für in Wasser gelöste oder angeheftete Substanzen im Boden gibt es laut Thalmann grundsätzlich vier Möglichkeiten:

  • Sie werden weggeschwemmt
  • Sie werden von Mikroorganismen abgebaut (es bleibt CO2 und Wasser übrig)
  • Sie werden umgewandelt (es entstehen Metaboliten)
  • Sie werden in die Bodenmatrix eingebaut

Chlorothalonil ist eine Ausnahme

«Meist sind die Abbauprodukte inaktiv», so Thalmann. Die Metaboliten von Chlorothalonil, die als krebserregend gelten, seien eine Ausnahme. Dazu, wie sich Rückstände von Antibiotika aus der Gülle im Erdreich verhalten, gebe es verschiedene Resultate. «Mal wurde ein vorübergehender Anstieg von Bakterien mit einer Antibiotika-Resistenz beobachtet, mal traten sie auch nach 60 Jahren noch in grössere Anzahl auf», schildert der Wissenschaftler. So gebe es auch Kennzahlen dazu, wie lange der Abbau eines Wirkstoffes im Boden dauert, je nach Umständen könnten darauf basierende Vorhersagen falsch sein.

Das Risiko minimieren

«Gesamthaft verhält sich das System trotz der – teilweise grossen – Eintragsmengen an chemischen Stoffen realtiv stabil», fasst Thalmann zusammen. Um den Boden und damit die Grundwasserressourcen zu schützen, sollten seiner Meinung nach aber möglichst wenig langlebige Stoffe in den Boden eingebracht werden. «Solche Stoffe erhöhen das Risiko, dass sie über kurz oder lang im Grundwasser gefunden werden und folglich die Filterleistung des Bodens nicht ausreichend ist.»