«Fahr einfach über den Gurnigel und dann weiter Richtung Schwarzsee», sagt Kurt Zürcher am Telefon. «Bei der Hengstbrücke komme ich dich dann holen», so der 31-jährige Landwirt aus dem Eggiwil. Zusammen mit seiner Partnerin Christine Gilgen aus dem Heimenschwand ist das junge Paar schon seit zehn Jahren auf der 140 ha grossen Alp Grenchenberg im Gurnigelgebiet als Hirten angestellt. Was vor zehn Jahren noch als Abenteuer begann, wuchs zu einer eingespielten Teamarbeit zwischen den Beiden heran – jeder Handgriff sitzt, jeder weiss, was zu tun ist.

 

Das ist die Sommerserie 

Mit diesem Porträt beginnen wir mit der vierteiligen Sommerserie im Regionalteil Nordwestschweiz, Bern und Freiburg. Das Thema ist: z Alp. Den Auftakt machen Kurt Zürcher und seine Freundin Christine Gilgen, welche im Gurnigelgebiet z Bärg gehen. Dabei erzählen sie, was sie am Alpleben reizt und welche Herausforderungen es zu meistern gilt. 

Sie wurden aus 12 Bewerbern ausgewählt

«Wir waren blutjung, als wir von der Alpgenossenschaft Grenchenberg aus 12 Bewerbern ausgewählt wurden», hält Christine Gilgen, die gelernte Bäcker-Konditorin, lachend fest. 21- und 24-jährig waren sie, als sie sich auf das Abenteuer einliessen. «Wir haben uns erst ein halbes Jahr gekannt und ich konnte mir überhaupt kein Älplerleben vorstellen», sagt Christine Gilgen. Hingegen träumte Kurt Zürcher schon immer vom «z Bärg gah»: «Als die Stelle ausgeschrieben war, habe ich gedacht, das musst du in jungen Jahren machen, also jetzt oder nie.» Obwohl es auf der Alp Grenchenberg keinen Stromanschluss gibt, ist die Alpwirtschaft gut eingerichtet. Der Solarstrom wird für das Telefon und das Licht gebraucht. Mit dem Notstromaggregat wird gemolken und die Waschmaschine in Schwung gebracht. Auf 1546 m ü. M. schaut das Paar diesen Sommer zu 187 fremden Rindern, 23 Ziegen sowie zu 12 eigenen Kühen und 15 Rindern. Dazu kommt noch ein Stier, einige Mastkälber, zwei Hühner und der Hund Rex.

Das Paar trägt eine grosse Verantwortung für zahlreiche Tiere

«Schon vom ersten Tag an hat uns das Älplervirus gepackt und wir fühlen uns hier oben auch nach zehn Jahren noch immer pudelwohl», sagen Kurt Zürcher und Christine Gilgen bestimmt. Dabei ist der Tagesrhythmus auf der Alp genau geregelt: Morgens und abends werden die Kühe und Ziegen gemolken, um acht Uhr beginnt der Rundgang zu den fast zweihundert Rindern und zwischendurch heisst es, Holzen und neue Zaunpfähle bereitstellen. «Wir verkäsen hier nur die Milch von den Ziegen, die Milch von den Kühen vertränken wir unseren Mastkälbern», sagt Christine Gilgen. Einen grossen Zeitaufwand bedarf aber die Überwachung der Rinder. «Mehrmals wöchentlich werden sie zusammengetrieben und eingestallt», hält Kurt Zürcher fest. Auf diese Weise könne man jedes einzelne Tier kontrollieren und nach Bedarf auch handeln.

Nach dem Zäunen wird gegessen und nicht mehr geredet

Der grösste Kraftakt benötigte es aber im Frühling: Denn da müssen alle Zäune erstellt werden. Da heisst es für Kurt Zürcher aufs Neue Pfahl um Pfahl einzuschlagen, welche im Herbst wegen des vielen Schnees ausgerissen werden müssen. «Wie viele Pfähle das sind?» Beide schauen sich gegenseitig an und Rechnen. «I schla sicher jedä Früehlig um diä 5000 Schwirä i», sagt der Landwirt lachend. Dabei brauche es Jahr für Jahr auch um die 1000 neue Schwirä, die ersetzt werden müssen. «Alles in allem Zäunen wir sicher um die 12 km ein», sagt Christine Gilgen. «Mir macht das nichts aus, ich mache das gerne», sagt Kurt Zürcher. Wenn die Zäunerei zu Ende ist, sei es zum Ritual geworden, dass man auswärts ins Restaurant essen gehe. «Da reden wir halt nicht mehr viel zusammen und geniessen nur noch das feine Essen», lachen die Beiden herzhaft. Mittlerweile wisse man, wo die Route hindurch führt und wie man den Zaun am besten montiere. «Als uns vor zehn Jahren unsere Vorgänger Peter und Marlies Hostettler die Alp überliessen, habe ich Peter Hostettler im Herbst noch beim Abzäunen geholfen», sagt Zürcher. So bekam er schon wertvolle Tipps von ihm und wusste ungefähr, wo er dann nächstes Jahr den Zaun erstellen muss. «Noch heute sind wir der Familie Hostettler dankbar», sagt Christine Gilgen und es bestehe immer noch ein reger Kontakt zwischen ihnen. Obwohl dieses Jahr wetterbedingt das Älplerleben alles andere als ein Schleck ist, möchten Kurt Zürcher und Christine Gilgen die Zeit hier oben nicht missen. «Wir lieben die Natur, die Berge und auch die Einsamkeit», hält das Paar fest.

Unfälle sind nicht auszuschliessen

Obwohl mit so vielen Tieren auch ab und zu Unfälle passieren, können sie sich zurzeit keinen schöneren Ort vorstellen. «Bis Ende September bleiben wir hier oben», sagt Christine Gilgen. Danach zieht das Paar wieder ins Tal nach Eggiwil auf den elterlichen Hof von Kurt Zürcher. Für Christine Gilgen beginnt dann wieder ihre Arbeit als Bäcker-Konditorin und Kurt Zürcher arbeitet in den Wintermonaten auf dem elterlichen Betrieb mit und geht auswärts Holzen. Bis der Gurnigel nächsten Frühling wieder ruft.