Für Raphael und Maggie Kottmann war klar: Der Ersatzbau für das sanierungsbedürftige über 200-jährige Bauernhaus wird wieder ein Holzbau. Eine Untersuchung zeigte, dass die bestehende Bausubstanz nicht mehr als Basis für eine Erneuerung dienen konnte und sich eine Sanierung nicht lohnte. Als das Dach undichter wurde und sich das Alter zusehends auch an anderen Stellen bemerkbar machte, befassten sich Kottmanns mit einem Neubau. Um ressourcenschonend zu bauen, achteten sie auf natürliche und recycelbare Materialien. Bewährtes statt Schnickschnack war beiden sehr wichtig, schliesslich soll der Bau wieder für Generationen dienen.

Bau passt in Landschaft

Der Neubau soll Heimat und Geborgenheit bieten und auch gut in die Typologie und Tradition des Hofes und der Region integriert werden. «Ein Bauernhaus ist ein prägendes Element eines Hofes und seiner Umgebung sowie Dreh- und Angelpunkt der Betriebsführung. Der Neubau ist eine Investition in die Zukunft», sagt Raphael Kottmann und betont, Bauen ausserhalb der Bauzone heisse auch mehr Verantwortung gegenüber der Landschaft. Insofern soll das Bauprojekt auch Leuchtturm und Vorbild für zeitgemässes Bauen in der Landwirtschaftszone sein. Den Betrieb übernahmen Raphael und Maggie von den Eltern Kottmann, die wie sie auch einer Nebenerwerbstätigkeit nachgingen. Die persönliche Präsenz ist dem Betriebsleiterpaar aber wichtig. Raphael ist Gemeindepräsident von Oberkirch und arbeitet beim Rechtsdienst des LBV. Zudem ist er im Vorstand von Wald Luzern.

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Der Neubau sollte in die Landschaft passen. Wer ausserhalb der Bauzone baue, habe eine Verantwortung gegenüber der Landschaft, findet Kottmann. 

Nachhaltigkeit als Ziel

Der Bezug zur Natur und Nachhaltigkeit sind beiden für die Betriebsentwicklung sehr wichtig. «Eine standortangepasste Produktion, betriebseigenes oder regional produziertes Futter sind uns, wie die Ökoelemente oder der minimale Antibiotika- und Pflanzenschutzmitteleinsatz, wichtig», sagt Kottmann, der als ehemaliger Bioberater auch die geschlossenen (Nährstoff-)Kreisläufe hervorhebt. Auch eine Bioumstellung haben sie vertieft geprüft. Die Beratung empfahl ihnen aber mit dem bestehenden System nicht in die Umstellung zu gehen, da die Milchviehhaltung mit Anbindestall und Kuhtrainer damit nur schwer zu vereinbaren sind. Der Betrieb entwickelt sich gleichwohl in Richtung mehr Natur, und soll auch soziale Funktionen haben. «Wir wollen das Bestehende optimieren und weiterentwickeln und nicht alles umkrempeln.»

Holz ist nachhaltig

Auf die Frage, weshalb ein Holzhaus, entgegnet Kottmann: «Weshalb nicht?», und fügt an: «Als Bauern haben wir doch per se einen starken Bezug zur Natur und somit auch zum Werkstoff Holz.» Da sei es naheliegend, mit natürlichen Materialien zu bauen. Holz sei ein schöner und sehr vielseitiger Baustoff, der Beständigkeit und Behaglichkeit bringe, ergänzt Maggie Kottmann, die selbst aus einer Zimmermanns- und Handwerkerfamilie stammt. Beeindruckend sei, dass die verbauten 350 m3 Holz im Schweizer Wald in nur 17 Minuten nachwachsen. Raphael Kottmann weist auf die regionale Wertschöpfung hin. Aus dem eignen Wald stammten rund 150 m3 Buchenholz, das vor allem für die Böden und Treppen verwendet wird. Das Konstruktionsholz für Decken und Wände ist vor allem Fichte und Tanne aus der Region, zudem Mondholz. Wegen der zwei je rund 20 cm dicken Holzpur-Elemente kann auf weitere Isolation weitgehend verzichtet werden. Die Aussenschalung besteht aus einem Weisstannentäfer. Die Räume innen sind vollständig in Holz gehalten, selbst in Küche und Nasszellen ist viel von diesem unbehandelten Rohstoff sichtbar. Das Ergebnis: Ein Holzaufbau ohne Metall, Leim und chemische Baustoffe.

«Als Bauern haben wir doch eine starken Bezug zu Holz und zur Natur.»

Für Raphael Kottmann war es selbstverständlich, dass als Baumaterial Holz gewählt wird.

Holzheizung für Übergang

Hauptheizung ist eine Luft-Wasser-Wärmepumpe. Sie hätten verschiedene Varianten auch von Holzheizungen geprüft. Da für die Ökonomiebauten kein Bedarf besteht, ein Wärmeverbund nicht möglich ist, sei es mit 60 Aren Eigenwald naheliegender, das Holz gemäss Kaskadennutzung nicht in erster Linie zu verbrennen. «Aber wir haben im Haus gleichwohl eine Holzheizung, werden den alten Kachelofen in der Stube wieder ein-bauen», ergänzt Maggie. Und die PV-Anlage auf dem Remisendach liefere auch erneuerbaren Strom für die Wärmepumpe.

Auf Partnerschaften setzen

Beim Bauen wurde auf Einfachheit, Funktionalität und gute Arbeitsabläufe für den Betrieb geachtet. «Eigene Ideen einzubringen ist wie Offenheit gegenüber der Meinung der Fachleute wichtig.» Hilfreich war, dass der Holzbauer und der Architekt, der die Sektion Obwalden des Innerschweizer Heimatschutzes präsidiert, dieselbe Zielrichtung verfolgen wie Kottmanns. Obwohl sie als Gewerbe zonenkonform bauen können, entschieden sie sich mit Blick auf den Kulturlandschutz und um der Zersiedlung Einhalt zu gebieten, für einen Ersatzneubau mit integraler «Stöckliwohnung». Qualität sei wichtiger als Quantität.

Wie eine langlebige Kuh

Und die Kosten für die Vollholzbauweise? Das war für Kottmanns kein Thema, sie wollten ein Holzhaus und hatten ein Gesamtkostendach. Und waren deshalb gerne bereit, anderswo Abstriche zu machen, um das Budget einzuhalten. Für Raphael Kottmann ist aber klar, dass ein Holzbau finanzierbar sein muss. «Es wäre ein Systemfehler, wenn sich nur Reiche ein Holzhaus leisten könnten.» Er fügt an: «Wenn man bereit ist, auf Sonderwünsche zu verzichten, ist ein Vollholzhaus nicht wesentlich teurer.» Entscheidend sei, Offerten gut zu vergleichen und wo möglich Eigenleistungen zu erbringen. Wichtig sei auch eine gute Zusammenarbeit unter den Unternehmern sowie eine professionelle Bauleitung. Beim Bau halfen Kottmanns wo möglich mit und die Handwerker wurden auf dem Bauernhof verpflegt. «Das gibt Kitt im Team und ein Gemeinschaftsdenken.» Wenn sich alle mit dem Projekt identifizieren und daran Freude haben, helfe das auch Kosten zu sparen. Zur Kostenbetrachtung macht Raphael einen Vergleich: Nicht die günstigste Kuh und nicht jene mit der höchsten Milchleistung ist die Beste, sondern jene mit der besten Gesundheit und Lebensleistung.

Zügige Bauweise

Die Baubewilligung erhielten sie nach Vorabklärungen zügig, schon im Sommer 2018. Wohl auch, weil sie auf ein einfaches stimmiges Projekt Wert legten, und ein standortangepasster Holzbau bei den Amtsstellen auf Sympathie stiess. Für einmal sei ihnen auch die Hanglage bei der Geschossfläche zugute gekommen, was etwas Spielraum brachte. Die Erschliessung erfolgte 2019. Es war Raphael und Maggie wichtig, Handwerker aus der Region zu berücksichtigen. Deshalb, und weil andere Themen dazwischen kamen, starteten sie mit dem Rückbau im Frühsommer 2020. Wegen der Vollholz-Bauweise mit vorgefertigten Elementen war der Bau bereits Anfang Dezember aufgerichtet. Bis Anfang Sommer sollte das Haus mit zwei Wohnungen bezugsbereit sein.

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Dank fertigen Elementen ging der Bau schnell voran. 

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Betriebsspiegel Güch

Betriebsleiter: Raphael und Maggie Kottmann, Kinder Alexander (11) und Juliana (13)

Ort: Güch, Oberkirch LU, 610 m ü. M.

Betriebsfläche: 14 ha LN, 60 a Wald

Betriebszweige: Grünlandbetrieb mit silofreier Milchproduktion, rund 180 000 kg Lieferrecht, Milch an Rottal Käserei, wenig Ackerbau, gut 50 Hochstammbäume, www.hausdernachhaltigkeit.ch

Tierhaltung: 25 Holsteinkühe (RH und HF), ein Muni, sieben Aufzuchtrinder (Aufzuchtvertrag mit Partnerbetrieb im Dorf)

Arbeitskräfte: Betriebsleiterpaar, ein Lernender oder Teilzeit-mitarbeiter.