Plastik umgibt uns, von der Zahnbürste über den Pullover bis zur Heuschnur oder der Siloballenfolie und leider auch in Boden, Luft und Wasser. «Trotz zahlreicher Massnahmen gelangen in der Schweiz immer noch viele Kunststoffe als Makro- und Mikroplastik in die Umwelt», so ein Fazit des Berichts «Kunststoffe in der Umwelt» des Bundesrats. Er erfüllt damit den Auftrag vierer Postulate und gibt einen Überblick über die Lage in der Schweiz.

Grösste Quelle ist die Strasse

Die Wege, auf denen Kunststoffe in die Umwelt gelangen, sind so vielfältig wie das Material selbst. Der Reifenabrieb von Fahrzeugen ist laut Bericht für mehr als die Hälfte der jährlichen Menge verantwortlich. Als weitere wichtige Quellen nennt man Littering, Plastik im Grüngut sowie diverse Herstellungs- und Entsorgungsprozesse. Bei Letzteren reicht die Spannweite von Kosmetika über das Waschen synthetischer Textilien bis zu zerfallender Mulchfolie.

Das meiste bleibt nicht zurück

In der Schweiz werden nach Angaben des Bundesrats jedes Jahr eine Million Tonnen Kunststoffe verbraucht, 10‘000 davon in der Landwirtschaft. Dank Rückhaltemechanismen und Entsorgungssystemen landet davon glücklicherweise nur ein Teil in der Umwelt: Jährlich gelangen Studien zufolge rund 14‘000 Tonnen Makro- und Mikroplastik in unsere Böden, wovon 30 bis 1‘000 Tonnen aus landwirtschaftlichen Anwendungen.

Aus Dünger, Folie und Dünger

Dass rund 40 Mal mehr Plastik auf und in die Böden gelangt als ins Wasser, führen die Forscherinnen und Forscher vor allem auf das achtlose Wegwerfen von Abfällen zurück, das so genannte Littering. (Bild Pixabay)UmweltEmpa-Studie: Plastik-Belastung in Böden grösser als in GewässernFreitag, 12. Juli 2019 Ein Problem sind durch Nachlässigkeit oder Unwissenheit mit dem Grüngut entsorgte Plastikteile wie Verpackungen. Via Recyclingdünger gelangen so pro Jahr rund 50-70 Tonnen Kunststoff auf die landwirtschaftliche Nutzfläche. Im Extremfall schätzt man, dass insgesamt 160 Tonnen des auf landwirtschaftliche Flächen ausgebrauchte Kunststoffs effektiv auf und in den Böden bleiben. Darin eingerechnet sind 80 Tonnen Littering und 30 Tonnen Folienprodukte, Kunststoffbinder und Strohballenschnüre. Hinzu käme z. B. durch den Regen herangeschwemmter oder per Wind transportierter Reifenabrieb. Mulchfolien, die entweder unsachgemäss verwendet werden oder zerfallen, sollen jährlich bis zu drei Tonnen Plastik beisteuern. Eine Quelle für Mikroplastik sind mit Polymeren ummantelte Pflanzenschutzmittel und Dünger. Sie geben ihre Wirk- und Nährstoffe dank der Beschichtung dosiert ab, hinterlassen aber unzersetzbare Partikel.  

Grosse Unsicherheit bei der Wirkung

Zur Konzentration von Plastikpartikeln in landwirtschaftlichen Böden der Schweiz gibt es nur eine grobe Schätzung, die auf 0,2 g/kg kommt. Ob das bereits ökotoxikologische Folgen hat, ist schwer zu sagen. Zwar zitiert der Bericht eine Studie, die negative Effekte auf das Bodenleben erst bei einer Konzentration von 1 g/kg vermutet, aber es gibt keine standardisierten Methoden oder Daten dazu. Eine andere Studie kam zu dem Schluss, dass bereits 0,06 g/kg Mikroplastik  im Boden Darm und Immunsystem von Regenwürmern beeinträchtigte. Unklar ist ausserdem, inwiefern Pflanzen kleine Plastikpartikel aufnehmen, wie das auf sie wirkt und ob Menschen via Nahrung davon negativ beeinflusst werden könnten.

Abfälle vermeiden und Aufklären

Der Bundesrat betont, dass in der Schweiz bereits seit Langem und viel gegen den Eintrag von Kunststoff in die Umwelt unternommen werde. Trotzdem gebe es Potential zur Verbesserung, räumt der Bericht sein. Der Fokus solle darauf liegen, Abfälle zu vermeiden und kreislauffähige Materialien sowie umweltschonende Alternativen zu fördern. Speziell zu nennen im Zusammenhang mit der Landwirtschaft ist das Recycling von Siloballenfolien, das der Verein Erde vorantreibt. Bei biologisch abbaubaren Mulchfolien setzt der Bundesrat ein Fragezeichen, da zu deren tatsächlichen Abbaubarkeit unter realen Bedingungen z. B. auf dem Feld noch Unsicherheiten bestehen.

Angesichts bereits laufender Aktivitäten verzichtet der Bundesrat darauf, in diesem Bericht die Umsetzung zusätzlicher Massnahmen im Bereich der Kunststoffe vorzuschlagen