Gesunde Böden sind reich an Mikroorganismen, die die Entwicklung einer Kultur unterstützen. Das ist der Ideal-, aber in der Praxis nicht unbedingt der Normalfall. Böden zu regenerieren und wieder lebendig zu machen: Nicht weniger verspricht das Start-up Symactiv. Seit 2024 vertreibt es Düngerpellets, die mit einem eigenen Mix von Mikroorganismen beimpft sind.
Keine einzelnen Arten, sondern eine stabile Gemeinschaft
«Die Hauptzutat ist gebrauchtes Substrat aus der Edelpilzproduktion», erklärt Philippe Schläpfer, Mitbegründer von Symactiv. Das heisst, die Pellets bestehen grösstenteils aus zersetztem Holz und Spelzen, die von den Edelpilzen mit einem Mycelium überzogen worden sind. «Für die Gewinnung der Mikroorganismen haben wir ein eigenes Verfahren entwickelt», fährt Schläpfer fort. In einem mehrstufigen Verfahren werde eine pilzdominierte und diverse Mikroflora gezüchtet, die von einem gesunden Spenderboden stamme. Man arbeite so nicht mit einzelnen Arten, wie in gewissen Biostimulanzien, sondern mit einer ganzen, in sich stabilen Gemeinschaft.
Mehr Pilze im Pellet und als Ziel im Boden
Die Nutzung als Pellet ermögliche es, den Pilzabfall zu hygienisieren, gezielt anzuimpfen und schlussendlich mit herkömmlichen Düngerstreuern auszubringen. Der mehrheitlich aerobe Prozess begünstige insbesondere Pilze. «Studien haben gezeigt, dass das Bodenmikrobiom etwa zweimal mehr Pilze als Bakterien enthalten sollte», gibt der Biotechnologe zu bedenken.
Als Vorbild für das Symactiv-Mikrobiom dient Waldboden. Die förderlichen Pilze sollen Krankheitserreger konkurrieren und im Fall von Mykorrhiza in Symbiose mit den Wurzeln die Pflanzenernährung verbessern.
Wachstum der Kulturen deutlich angekurbelt
In der Kombination von Düngerkomponenten und diversen Mikroorganismen sieht Natacha Bodenhausen den Hauptunterschied der Symactiv-Pellets zu marktüblichen Biostimulanzien. «Die Düngewirkung ist auf jeden Fall gut, das haben wir in den Versuchen gesehen», berichtet die Wissenschaftlerin, die am Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) die Feldversuche mit Symactiv begleitet. Dort sei das Wachstum der Kulturen deutlich angekurbelt worden. Die Auswertung dazu, welchen Anteil die Mikroorganismen an den beobachteten Effekten haben, läuft beim FiBL noch.
Die meisten landwirtschaftlichen Nutzpflanzen gehen Symbiosen mit Mykorrhiza ein, erklärt Natacha Bodenhausen. Sie könne sich daher vorstellen, dass der Ansatz von Symactiv funktioniert. «Es ist eine spannende Idee. Aber wir brauchen noch mehr Forschungsergebnisse.» Mikroorganismen könnten bei ungünstigen Bedingungen in Überdauerungsstadien überleben, was dafür spricht, dass die via Pellets in den Boden eingebrachten Pilze nicht so schnell wieder verloren gehen.
Die Produktion wird auf 300 kg Pellets pro Stunde vergrössert
Bislang habe man die Pellets wegen der höheren Wertschöpfung vor allem im Gemüsebau getestet, gibt Philippe Schläpfer Auskunft. Aufgrund geringer Produktionsmengen sind sie noch relativ teuer, der Preis liegt aktuell bei etwa 1.30 Franken pro Kilo (darunter für grössere Bestellmengen). Das Start-up hat seine bisher mehrheitlich händische Produktion aber mittlerweile mit einer Maschine skaliert, die 300 kg Pellets pro Stunde herstellen kann. «Unser Ziel für nächstes Jahr ist die Verarbeitung von 1000 t Pilzsubstrat», so Schläpfer. Empfohlen wird eine Einsatzmenge von 1 t /ha. Durch eine konzentriertere Mikrobenlösung soll künftig die Hälfte ausreichen.
Unterstützung, um anfängliche Ertragsausfälle abzufedern
Basierend auf den bisherigen Ergebnissen spricht Symactiv von durchschnittlichen Mehrerträgen bis zu 15 Prozent. «Der Effekt ist aber stark vom System abhängig», ergänzt der Biotechnologe. Symactiv versteht seine Pellets als Unterstützung für Landwirt(innen), die Ansätze der Regenerativen Landwirtschaft umsetzen. Die positiven Effekte der Pellets sollen dabei helfen, anfängliche Ertragseinbussen abzufedern. «Wir haben z. B. gesehen, dass in gemulchten Streifen ein deutlich grösserer Unterschied zu sehen war. Regenerative Ansätze fördern ein ideales Milieu für die Mikrobiologie.» Die Mulchschicht zwischen den Gemüsepflanzen schuf ein gutes Mikroklima für die Pilze auf den Pellets. «In einem eher intensiven, konventionelleren System gab es noch rund 7 Prozent Mehrertrag», sagt Schläpfer. «Bisher war das alles im kleinen Stil – wir haben die Pellets zum Teil noch von Hand ausgebracht.»[IMG 2]
Symactiv möchte die Anwendungsfläche seiner Pellets in Zusammenarbeit mit interessierten Landwirten im Gemüse- und Ackerbau ausdehnen. Dafür ist für das Start-up wichtig, die Entwicklung der Kulturen gut verfolgen und Daten sammeln zu können.
Nicht nur verkaufen, sondern auch beraten
Um einen Boden gesundzumachen, brauche es je nach Ausgangszustand Jahre, sagt Natacha Bodenhausen. «Und es spielen viele Faktoren eine Rolle, etwa der Pflanzenschutzmittel-Einsatz, Bodenbearbeitung, Fruchtfolge usw.» Zum Anteil, den die Symactiv-Pellets leisten können, fehlten (langfristige) Erfahrungen.
Da die Bodengesundheit schwer zu quantifizieren ist, arbeitet Symactiv derzeit mit Ertragsmessungen. Es werden aber auch Parameter wie Bodenatmung, Aggregatsstabilität und Mikrobenvielfalt untersucht, schildert Philippe Schläpfer. Ausserdem ist sich das Start-up bewusst, dass es zur Regeneration von Böden mehr als ein paar Pellets braucht. Daher will es nicht nur Verkäufer sein, sondern interessierte Landwirte auch vernetzen und beraten. «Ich habe selbst zwei Jahre in der Beratung zum Humusaufbau gearbeitet», so Schläpfer. Er arbeitet ausserdem mit Partnern am Aufbau einer «Circular Food Economy», um Landwirte und Gastronomen zusammenzubringen und so Absatzkanäle für regenerativ hergestellte Produkte zu schaffen. Bereits im Angebot sei ein regeneratives Tomaten-Passata.
Substrat hätte es bei Weitem genug
Mit dem Passata soll es 2026 weitergehen. Für die «Circular Food Economy» läuft derzeit die Suche nach finanzieller Unterstützung. Für die Symactiv-Pellets sind die Voraussetzungen geschaffen, um mit grösserer Produktion und mehr Anwendungsfläche weiterzumachen. An Pilzsubstrat mangelt es nicht – pro Jahr fallen rund 6000 t an, die bisher laut Philippe Schläpfer kompostiert oder in Biogasanlagen verwertet werden.
Bisher hat Symactiv eine provisorische Bewilligung als Düngemittel bis Ende 2026. Das Start-up steht aber nach eigenen Angaben mit dem Bundesamt für Landwirtschaft in Kontakt, um eine endgültige Anmeldung abzuschliessen.