«Das ist Ferdinand», sagt Susanne Knaus und zeigt auf einen zirka 180 Kilogramm schweren, rabenschwarzen Eber. Er hat lange Beine und einen eher kurzen Körper. «Mit diesem Körperbau ist er so richtig berggängig», ergänzt die Bäuerin aus dem Zürcher Oberland. Ferdinand ist ein «Schwarzes Alpenschwein». Die alte Rasse soll in der Schweiz wieder angesiedelt werden; seit 2018 läuft ein Zuchtprogramm.

 

Rettung der Alpenschweine

Früher hielt man über den ganzen Alpenbogen verteilt Alpenschweine. Mit der Industrialisierung verschwanden in der Schweiz diese robusten und an ihren Standort angepassten Schweine komplett. 

2013 stiessen Vertreter der Universität Parma (I) auf die letzten Veltliner Schweine und starteten zusammen mit dem Netzwerk Pro Patrimonio
Montano eine Rettungsaktion namens «Schwarzes Alpenschwein». 

Weitere Informationen für die Wiederansiedlung in der Schweiz:
www.prospecierara.ch
www.patrimont.org 

 

Ein Herz für rare Spezies

Ferdinand ist nicht das einzige Exemplar auf dem Hof, das einer alten Rasse angehört. Bei Susanne und Christian Knaus leben auch 30 Mutterkühe der Rasse Rätisches Grauvieh und ein paar Tirolerhühner. Um zu erzählen, wie die raren Spezies den Weg auf den Betrieb fanden, muss die Bäuerin etwas ausholen: «Die Auflage des Kantons bei der Pachtübernahme war, dass nur eine einheimische Rindviehrasse bis 500 Kilogramm gehalten werden darf. Da kamen nebst den Grauen noch Evolèner und Hinterwäldler in Frage.» So zügelte Familie Knaus vor zehn Jahren nicht nur vom Toggenburg in den Kanton Zürich, sondern wechselten auch gleich von Original Braunen zum Rätischen Grauvieh. 

Der Rassenwechsel scheint gelungen zu sein. Susanne Knaus ist unterdessen Zuchtleiterin und Vorstandsmitglied im Verband Rätisches Grauvieh Schweiz. Die Rasse wurde erst letzten Herbst offiziell als Schweizer Rasse vom Bund anerkannt, wie sie stolz erwähnt.

Robust, pflegeleicht und dem Standort angepasst

«An einem Grauvieh-Züchteranlass referierte Hape Grünenfelder, er ist der Gründer von Pro Specie Rara, zum Schwarzen Alpenschwein und zum Tirolerhuhn», nimmt Susanne Knaus ihre Erzählung wieder auf. «Die Robustheit und die anspruchslose Haltung der alten Rasse haben uns überzeugt», sagt sie mit Nachdruck. Die Schweine werden vor allem mit Gras sowie mit Silage, Heu, Stroh, Gemüseabfällen und etwas Gerste gefüttert. «Im Sommer gehen sie nach Trun, ins Bündnerland, auf die Alp.» Auch auf dem Hof sind die Schweine während der Vegetationszeit auf der Weide am Grasen. 

[IMG 4]Im Winter sind die Tiere ebenfalls gerne im Freien. Wenn Wellness anboten wird, dann erst recht.

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Nebst Ferdinand leben zwei Muttersauen, die erst vor Kurzem abgeferkelt haben, und ein paar Jungschweine im Stall. «Normalerweise halten wir alle in einer Gruppe, doch die eine Muttersau ist etwas angriffig, wenn sie frisch geworfen hat.» Zirka drei Monate werden die Ferkel bei ihr bleiben. Die andere Sau ist dafür ganz zahm, und es scheint sie nicht zu stören, dass Susanne und Christian Knaus mit ihren Kleinen fürs Foto posieren. Was irritiert, sie ist nicht schwarz. «Die Blutlinie stimmt, doch wir müssen sie leider ausmerzen, da sie zu wenig schwarze Ferkel oder Ferkel mit genügend Schwarzanteil hervorbringt», meint Susanne Knaus mit Bedauern. 

Schweinefleisch mit nussigem Geschmack

Das Wiederansiedlungsprogramm des Schwarzen Alpenschweins steht erst am Anfang; das Augenmerk liegt momentan ganz bei der Zucht. Die Vermarktung des Fleischs komme erst später an die Reihe, erklärt Susanne Knaus. «Es ist vorgesehen, das Fleisch im Segment der ­gehobenen Gastronomie zu ­vermarkten.» Der Fleischpreis pro Kilogramm werde im Bereich von anderen extensiven Schweinerassen, bei zirka 40 bis 45 Franken, liegen. Bis ein Schwein schlachtreif sei, gehe es eineinhalb Jahre. 

Erste Erfahrungen mit dem Fleisch des Schwarzen Alpenschweins haben die Züchter ­gesammelt, als sie ein Tier schlachteten, das nicht für die Weiterzucht in Frage kam. «Der Metzger hat ganz normal gesalzen. Doch der Lardo schmeckte versalzen.» Es scheint also, dass das Fleisch von Natur auf mehr Geschmack hat. «Ich würde ihn am ehesten als ‹nussig› beschreiben.» Damit so richtig mit der Fleischproduktion begonnen werden kann, sind weitere Züchter(innen) gesucht. «Wir suchen Höfe, die ein paar Verwandte von ­Ferdinand und Co. aufnehmen möchten», meint Susanne Knaus am Schluss des Stallrundgangs.