AboGstbeitragAufruf an die Labelorganisationen: Es brodelt in der BasisMittwoch, 1. Februar 2023Als praktizierender Landwirt, der täglich im Stall und auf dem Feld arbeitet, gibt es zurzeit gewisse Wörter, die den Blutdruck höher steigen lassen: Zum Beispiel «klimaneutral», «Nachhaltigkeit» und «Biodiversität». Diese sind in Medien, Ämtern und auch bäuerlichen Organisationen omnipräsent. In vielen Gesprächen mit meinen Berufskolleg(innen) ist dies Dauerthema, da wir ja scheinbar so vieles falsch machen und nun durch immer noch abstrusere Vorschriften die Welt retten sollen.

Zwei Beispiele, dass es nicht funktioniert

Ende Mai an einem Ackerbau-Flurgang auf einem Biobetrieb in Bürglen: Unter anderem wird ein BFF-Blühstreifen gezeigt. Wegen des nassen, kalten Wetters konnte erst Anfang Mai gesät werden. Auf der Hälfte der Fläche wächst (noch) nichts und von Blühpflanzen ist fast nichts zu sehen.

Diese Fläche muss nun zwingend 100 Tage stehen gelassen werden. Konsequenzen sind etliche Stunden von Hand jäten oder Unkraut­samen. Auf beiden Seiten des Ackers bestehen jedoch langjährige QI-Wiesen. Der Landwirt versteht diese praxisfremde Diktatur nicht, hinterfragt die kurzfristige Einführung ohne passendes Saatgut und vor allem den Missbrauch von bestem Ackerland für solche Flächen.

Ende Juni am Flurgang des LZSG in Flawil zeigt ein Versuch mit drei verschiedenen BFF-Ackerflächen dasselbe Bild, jedoch noch katastrophaler. Praktisch nur Unkräuter auf allen Flächen in Rein­kultur. Die anwesenden Praktiker(innen) schütteln nur die Köpfe. Eine bedauernswerte kantonale Beraterin versucht, uns zu motivieren. Als Sofortmassnahme wurde gemäht. Es zeigt sich jedoch, dass es besser wäre, alles unterzupflügen – Zustand zurzeit unverändert.

Überstürzte Haurück-Übungen des BLW

AboDieses Bild dürfte ab 2024 häufiger zu sehen sein: Amtlich geforderte Ackerbegleitflora. BFFEs gibt kaum mehr Chancen für Vertagung der 3,5 % Biodiversität auf den ÄckernSonntag, 9. Juli 2023 Diese Beispiele zeigen das ganze Dilemma dieser Hauruck-Übungen durch das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW). Da wird überstürzt etwas für obligatorisch erklärt, ohne praktische Ergebnisse – Weidebeitrag, Schleppschlauchpflicht sind weitere Beispiele –, und wir auf unseren Betrieben sollen Versuchskaninchen spielen. Notabene auf unsere Kosten. Ja, wir werden teilweise entschädigt dafür.

Dies deckt jedoch den Aufwand in keiner Weise, da ja am anderen Ort etwas abgezogen wird und wir im Würgegriff der Direktzahlungen unser Einkommen finden müssen. Als Landwirtinnen und Landwirte wollen wir in erster Linie Lebensmittel produzieren und sehen die Biodiversität als nützliche Begleitung zu unseren Kulturen. Wir haben genug Flächen, dies kann man ja belegen.

Agroscope und FiBL sind in der Pflicht

Ich hinterfrage in diesem Zusammenhang die Rolle unserer Forschungsorganisationen (Agroscope, FiBL etc). Ihre Aufgabe wäre es, solche Ideen aus Bern zuerst in Praxisversuchen zu testen und so auf ihre Tauglichkeit zu prüfen.

«Auch unsere kantonalen Beratungen rufe ich auf, sich einzusetzen für uns als ihre Kunden. Sie sind der Praxis nahe und wissen, dass es so nicht umsetzbar ist.»

Sepp Sennhausers Appell an die kantonalen Berater(innen)

Landwirtschaftsgruppe Mitte St. GallenPetition gegen indirekten Gegenvorschlag zur Biodiversitätsinitiative lanciertFreitag, 14. Juli 2023Es kann doch nicht sein, dass dieser Irrsinn so weitergeht, mit immer noch mehr detaillierten Vorschriften. Haben wir bald für jeden Betrieb ein eigenes Dossier und eine Beratung zugeteilt, wie dieser geführt werden soll? Jetzt kann man darüber vielleicht lachen, aber das haben wir vor einigen Jahren bei anderen Regulationen auch gedacht. Deshalb reiche ich in diesen Tagen mit einigen Kolleginnen und Kollegen aus der Landwirtschaftsgruppe der St. Galler Mitte-Partei eine Petition ein. Sie trägt den Titel: «Gegen die Absurdität in der Biodiversität – für eine produzierende Landwirtschaft». Es gab einen Bericht dazu in der BauernZeitung vom 14. Juli. Nur wenn wir den Druck aus der Basis hochhalten, können wir etwas erreichen!

 

Zur Person
Sepp Sennhauser ist Co-Präsident von Bio Ostschweiz und St. Galler Mitte-Kantonsrat. Er schreibt für die Rubrik «Arena» im Regionalteil Ostschweiz/Zürich der BauernZeitung.