Herzliche Gratulation zu Ihrer super Leistung an den Swiss Skills. Haben Sie damit gerechnet?

Nein, damit gerechnet habe ich tatsächlich nicht. Ich hatte zwar erwartet, nach der Vorausscheidung möglicherweise im Final zu stehen, das war auch mein persönliches Ziel. Weil die Konkurrenz im Finale stark war, bin ich aber davon ausgegangen, im Mittelfeld zu landen oder sogar eher «hindenab». Deshalb habe ich meinem Chef gesagt, es sei überhaupt kein Problem, dass ich am Sonntag den Stall mache, weil er abwesend war. Von meinem Sieg erfahren habe ich erst an der Rangverkündigung, als ich die Namen der drei Besten auf der Power-Point-Präsentation las. Da mich danach alle feiern wollten, ist der Abend etwas länger geworden und ich musste das am Sonntag im Stall dann etwas büssen.

Hat man während des Wettbewerbs überhaupt Zeit, sich Gedanken zu machen, wie es läuft?

Nicht wirklich, nein. Ich war die ganze Zeit so absorbiert und wechselte von Aufgabe zu Aufgabe, dass ich gar keine Zeit hatte, anderen Kandidaten zuzuschauen oder mich mit meiner Familie auszutauschen, die zum Zuschauen kam.

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Sie sind ja nicht nur der beste Landwirt, sondern auch der beste Lernende über alle Berufe an den Swiss Skills (sprich, haben die höchste Punktzahl erreicht). Wie fühlt sich das an?

Das ist der Wahnsinn! Ich hätte nie gedacht, dass es so gut läuft. Am Finaltag habe ich mein Bestes gegeben und dachte, ich hätte einen guten Schnitt. Aber selbst merkt man eher die Fehler, die man gemacht hat. Es passiert halt ganz automatisch, dass man eher das Negative vom Tag mitnimmt. Ich habe 87 Punkte gemacht und das hiess dann, dass ich an keinem Posten gross Punkte abgeben musste. Das ist eine grosse Ehre.

Welche Reaktionen haben Sie bekommen?

Riesige. Ich bekomme gefühlt alle fünf Minuten einen Anruf oder ein Whatsapp. Ich habe es bis heute noch nicht geschafft, allen zu antworten. Heute Vormittag hatte ich noch frei. Danach geht es wieder in den normalen Arbeitsalltag, auch wenn es sicher noch Zeit für das eine oder andere Interview braucht. Aber am Ende interessiert es die Kuh nicht, ob ihr Melker kürzlich eine Goldmedaille gewonnen hat (lacht). 

Vor welchen Aufgaben hatten Sie im Vorfeld Respekt?

Den Aufgaben mit den Tieren und Maschinen habe ich locker entgegengesehen - und das lief dann auch entsprechend gut. Das haben mir auch die Experten bestätigt. Die grösste Herausforderung war für mich das Erkennen der Pflanzen, Krankheiten, Schädlinge etc. Ich wusste das allerdings schon im Vorfeld, darum habe ich beim Training all meine Energie auf diesen Schwachpunkt gelegt und zum Beispiel das Melken gar nicht mehr geübt. Ich wusste, dass ich bei dieser Aufgabe die Punkte nicht verschenken darf.

Das war offenbar eine gute Taktik. Wie viel Zeit hat die Vorbereitung in Anspruch genommen?

Wir haben viel mit dem Berner Bauernverband trainiert. Sie haben einen ganzen Trainingsplan auf die Beine gestellt. Wir haben jeden Posten einmal geübt. Sie hatten immer einen Ort zum Üben ausgesucht und dann Experten dazu geholt. Zum Beispiel waren wir für die Maschinenaufgabe in einer Werkstatt und der Budenchef hat uns erklärt, auf was wir achten müssen. Oder als es um das Bewerten der Rinder ging, kam ein Experte der Proviande und hat uns geschult. Die persönliche Vorbereitung ging etwa zeitgleich los – ungefähr zwei Wochen zuvor. Für das Blättern in den Schulordnern ging dann mancher Abend drauf.

Das Siegerpodest war fest in Berner Hand – ein schöner Erfolg für den Agrarkanton. Denken Sie, die gute Vorbereitung durch den Bauernverband war ausschlaggebend dafür oder war das Zufall?

Ich habe das Gefühl, die anderen kantonalen Bauernverbände haben mit ihren Teilnehmenden auch geübt. Aber man merkt schon, dass der Kanton Bern ein Bauernkanton ist, das sah man auch allein an der Anzahl Teilnehmer(innen), die wir stellen konnten. Und der Berner Bauernverband hat sicher ein qualitativ hohes, intensives Trainingsprogramm auf die Beine gestellt. Die Zuständigen haben versucht, schon beim Training möglichst nahe an die effektiven Posten heranzukommen, sprich Wert auf ähnliche Maschinen gelegt usw. Das hat unserem Berner Erfolg sicher schon geholfen.

Wie geht es jetzt bei Ihnen weiter? Sind Sie noch auf dem letzten Lehrbetrieb?

Nein, bei mir ist das etwas anders. Ich bin schon seit zwei Jahren aus der Lehre. Ich habe 2020 an der kantonalen Meisterschaft teilgenommen, schaffte es auf das Podest und hätte dann an die Swiss Skills gekonnt, die aber Corona-bedingt abgesagt werden musste. Dieses Jahr hat der Berner Bauernverband Lukas Jufer und mich angefragt, wir hätten nochmal die Chance, müssten uns aber wieder via kantonale Meisterschaft qualifizieren. Wir haben beide erst abgesagt, aber nach dem fünften E-Mail, sie bräuchten noch Leute und wären froh, haben wir uns dann doch beide dafür entschieden.

Dann arbeiten Sie jetzt auf einem Betrieb? Und was sind Ihre Zukunftspläne?

Ja, ich bin im Luzernischen auf einem Betrieb angestellt. Im Herbst fange ich die Betriebsleiterschule an. Das langfristige Ziel ist, auf dem elterlichen Betrieb einzusteigen und diesen zu übernehmen. Bis zu diesem Tag will ich möglichst viel Verschiedenes aus der Landwirtschaft sehen. Das möchte ich auch jedem jungen Lernenden ans Herz legen. Ich finde, dass man in der Schule alles gut anschaut, aber sich seine eigene Meinung erst richtig bilden kann, wenn man mal damit gearbeitet hat in der Praxis. Deshalb habe ich jetzt auf einem Betrieb mit Schweinen gearbeitet. Nächstes Jahr möchte ich auf einen Betrieb mit Mastpoulets, Legehennen oder Pferdepension gehen. Nur so findet man heraus, was später auch für den eigenen Betrieb eine Option wäre