Insbesondere die auf Nachhaltigkeit fokussierte Bio-Landwirtschaft müsse sich der gesamtgesellschaftlichen Notwendigkeit klimabewussten Wirtschaftens stellen, hält das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) fest. In Abstimmung mit dem Verband Bio Suisse haben die Forschenden die Vorstudie «Wege zu einer klimaneutralen Bio-Landwirtschaft in der Schweiz» verfasst. Fazit: Dieses Ziel ist nicht alleinige Aufgabe der Produzent(innen), obwohl ihnen der grösste Anteil an der Lösung des Problems negativer Klimawirkung zukommt.

15 Prozent reduzieren, 15 Prozent kompensieren, 30 Prozent speichern

Das FiBL setzte Netto-Null bis 2040 für die Studie als Zielmarke. Die Landwirtschaft selbst sei in der Lage, die Treibhausgas-Emissionen um rund 60 Prozent zu senken. Dies einerseits zu 15 Prozent durch Reduktion, z. B. über stickstoffarme Fütterung, Gülleansäuerung oder eine bessere Abstimmung von N-Angebot und -Bedarf im Pflanzenbau. Andererseits haben die Forschenden errechnet, dass 15 Prozent der Emissionen durch die Produktion erneuerbarer Energie wie Solarstrom reduziert werden könnten. Die restlichen 30 Prozent sollen als organischer Bodenkohlenstoff, Pflanzenkohle oder dank Agroforst dauerhaft gespeichert werden.

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Der Pyramide folgen und weniger verschwenden

Markt und Konsum sollen einen Beitrag von 25 Prozent an die Reduktion der Emissionen leisten. Als Massnahmen nennt das FiBL weniger Food Waste und einen gedrosselten Konsum tierischer Produkte. Laut den Studienautoren müssen Schweizer(innen) aber nicht auf breiter Front zu Vegetariern oder Veganern werden, sondern sich an den Empfehlungen der Ernährungspyramide orientieren. Das würde – gemessen am heutigen durchschnittlichen Verbrauch von rund 51 kg pro Kopf und Jahr – nur noch maximal 360 g statt einem knappen Kilo Fleisch pro Woche bedeuten.

Für die Reduktion des Food Waste sei «die Zusammenarbeit und Förderung entsprechender Strukturen von Seite Markt und Politik im Hinblick auf die Transformation des Ernährungssystems unabdingbar.» Immerhin ist der vom FiBL vorgesehene Beitrag von Markt und Konsum laut den Autoren in Einklang mit den Zielen des Bundesamts für Landwirtschaft im Zusammenhang mit der Klimastrategie Ernährung.

Innovation für den Rest

Übrig bleiben 15 Prozent der Emissionen, die man dank neuen Innovationen in Landwirtschaft und Ernährungssystem einsparen will. Forschung und Beratung seien hier im «im höchsten Masse» gefordert.

Mehr Wertschöpfung für Bio-Landwirt(innen)

Mitautor der Studie Markus Steffens betont in der Mitteilung des FiBL die Chancen der Klimaneutralität für Bio. Viele Massnahmen würden auch zur Anpassung an den Klimawandel beitragen und somit zur künftigen Ernährungssicherheit. So würde die Wertschöpfung im Schweizer Biolandbau nicht nur erhalten, sondern auch stetig ausgebaut werden.

Das Netto-Null-Ziel sei ambitioniert, aber notwendig, erreichbar und setze die Zusammenarbeit aller Beteiligten des gesamten Ernährungssystem voraus, schliesst das FiBL.

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Und was ist mit den Importen?

In der Diskussion um Emissionen müssen auch Importe berücksichtigt werden. Laut dem FiBL sind die mengenmässig wichtigsten Bio-Importgüter Zuckerrüben (90 Prozent der Importe), Brotgetreide (30 Prozent) und Futtergetreide (25 Prozent). Über die letzten Jahre seien die importieren Getreidemengen stark gesunken, während z. B. Sojadrink als Milchersatz vermehrt eingeführt werde. Hinzu kommen Kakao, Kaffee und Tee, die hierzulande nicht angebaut werden können.

«Generell machen die Importe signifikante Anteile der Produktvolumina aus und es macht Sinn, im Rahmen eine Strategie klimafreundlicher Bioproduktion entsprechend auch die Importproduktion in die Pflicht zu nehmen», hält das FiBL fest. Dass Bio Suisse bereits Flugtransporte verbietet und möglichst grenznah einkauft, helfe bereits dabei, die Emissionen durch den Transport tief zu halten.

Unabhängiger werden von Importen 

Die Forschenden halten es für sinnvoll, wenn Bio Suisse auch gewisse Produktionsanforderungen zur Reduktion der Klimawirkung im Ausland stellt. Dies insbesondere dann, wenn sie sich mehrfach positiv auswirken, wie z. B. der Anbau von Kakao oder Kaffee in Agroforstsystemen (Label Rainforest/UTZ). Fall es rechtlich möglich wäre, könnten Anforderungen auch für Getreide oder Zuckerrüben folgen.

Als grossen Hebel sehen die Forschenden, generell weniger zu importieren. Allerdings nicht nur durch eine grössere Inlandproduktion, sondern vor allem auch durch eine veränderte Nachfrage. Das betreffe v. a. Futtergetreide, während man beim Zucker immer beachten müsse «innerhalb der ernährungsphysiologisch sinnvollen Grenzen zu bleiben». Im Auge behalten werden müssten weiter Bio-Saatgut und -Setzlinge, da dort ebenfalls hohe Auslandanteile vorliegen.