Markus Ottiger wollte eigentlich nur eine Vollkostenrechnung für seine Milchproduktion machen. Dabei stiess er auf Unregelmässigkeiten bei seinem Milchabnehmer, der Milchgold Käse AG.

Ottiger stellte nämlich fest, dass die in der Milchgeldabrechnung ausgewiesenen Milchmengen von den in der Datenbank Milch (DB Milch) erfassten Milchmengen abwichen; von Januar 2016 bis Mai 2017 betrug die Differenz jeden Monat ziemlich genau 3000 kg. Das zeigt der Vergleich der Auszüge, die Markus Ottiger der BauernZeitung zur Verfügung stellte. Da die Verkäsungszulage von 15 Rappen je Kilo verkäster Milch anhand der in der DB Milch erfassten Werte ausbezahlt wird, haben Abweichungen sofort auch Auswirkungen auf die ausbezahlten Beträge.

Die Milchgold Käse AG soll Verkäsungszulage für Milch eingezogen haben, die gar nie produziert wurde. Alleine für die Milch von Markus Ottiger hätte demzufolge das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) monatlich 450 Franken zu viel Verkäsungszulage an die Milchgold Käse AG überwiesen. Und für Ottiger war schnell klar: der Käser betrügt. Im Herbst letzten Jahres meldete er die Unregelmässigkeit beim BLW und bei der Treuhandstelle Milch (TSM).

BLW klärt Sachverhalt ab

Das BLW begann daraufhin, den Sachverhalt zu klären. Wie Markus Ottiger sagt, sollten die Milchgold-Lieferanten die Milchgeldabrechnungen von Januar 2013 bis November 2017 einreichen.

Ausserdem kam es zu den üblichen Kontrollen vor Ort. Zum aktuellen Stand des Verfahrens – bevor das BLW definitiv verfügt, wird ein Verfügungsentwurf erstellt und den Beschuldigten die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben – kann Niklaus Neuenschwander wegen dem laufenden Verfahren nichts sagen. Neuenschwander ist für die Auszahlung der Verkäsungszulage verantwortlich.

Doch zurück zur Milchgold Käse AG: Die Firma mietet Gebäude und Infrastruktur der Freiämter Käserei AG in Auw AG. Letztere informierte Ende Dezember die Milchlieferanten der Milchgold AG über die eingeleiteten Untersuchungen. Ausserdem boten die Verantwortlichen an, die nötigen Belege zu beschaffen, zu kopieren und an das BLW zu senden.

Zwei Tage später schickte Markus Ottiger eine Mail an seine Kollegen und forderte sie dazu auf, genau das nicht zu tun und die Belege selbst an das Amt zu senden.

Absetzungsversuch misslingt

Gleichzeitig begannen Ottiger und seine Kollegen, die ausserordentliche GV vom 26. Januar 2018 vorzubereiten. Die Gruppe Ottiger – mehrere Milchbauern – wollten den Verwaltungsratspräsidenten der Freiämter Käserei, Benedikt Felder, absetzen. Ein Notar sollte Felder ersetzen und für Ordnung sorgen. Allerdings kam es anders – Felder wurde nicht abgesetzt sondern mit deutlichem Mehr bestätigt.

Der Entscheid war nicht überraschend. Wie nämlich ein Beobachter sagt, sei der Betrieb der Freiämter Käserei sehr stark von den Personen an der Spitze abhängig. Sowohl Verwaltungsratspräsident Benedikt Felder als auch der Käser und Inhaber der Milchgold Käse AG, Melchior Schürmann, hätten sehr viel Wissen und Erfahrung in der Branche. Man könne deshalb nicht einfach alles über den Haufen werfen. Im Verwaltungsrat der Freiämter Käserei haben ausserdem die Landwirte die Mehrheit; sie könnten jederzeit eingreifen.

Keine Verbindungen

Benedikt Felder selbst wünscht bei der telefonischen Anfrage für eine Stellungnahme konkrete Fragen per E-Mail. In der Antwort, die wenige Stunden später eintrifft, hält er zu den Betrugsvorwürfen grundsätzlich fest: «Die Freiämter Käserei AG hat vor Jahren eine neue Käserei gebaut, betreibt diese aber nicht selber, sondern vermietet sie an die Milchgold Käse AG. Die Mehrheit der Aktionäre der Freiämter Käserei AG sind Milchlieferanten, welche ihre Milch an die Milchgold Käse AG verkaufen. Die Freiämter Käserei AG ist nicht in der Milchverarbeitung tätig und hat daher nie Verkäsungszulage beantragt, noch je einmal bezogen.»

Wie das Handelsregister zeigt, ist Felder selbst nicht bei der Milchgold Käse AG, sondern lediglich bei der Milchgold Handels AG tätig. Anders verhält es sich mit Melchior Schürmann, dem Geschäftsführer der Milchgold Käse AG. Dieser sitzt im Verwaltungsrat der Freiämter Käserei und im Verwaltungsrat der Milchgold Handels AG. Schürmann gilt als zupackend, wird aber auch als Mann beschrieben, der gesetzliche Grenzen auslotet. Tatsächlich wird nun ein Richter über das Verhalten urteilen müssen; denn Markus Ottiger hat mit vier Kollegen eine Strafanzeige gegen Schürmann eingereicht.

Melchior Schürmann will sich zu den Entwicklungen und den erhobenen Vorwürfen gegen ihn  auf Anfrage der BauernZeitung nicht äussern.

Für Felder und Schürmann gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung; was die Strafanzeige betrifft, wird derzeit die Zuständigkeit für das Verfahren geklärt. Mehr kann die Mediensprecherin der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau im Moment nicht sagen.

Markus Ottiger indes hat einen neuen Milchabnehmer. Ihm wurde der Liefervertrag auf Ende 2018 gekündigt; seit Anfang Juli liefert er seine Milch der Genossenschaft der Zentralschweizer Milchproduzenten. 

hja