AboFütterungDie Kontrolle der Futterration ist wichtiger als die PlanungDienstag, 17. Januar 2023Ein hoher Harnstoffwert schadet der Gesundheit der Kühe und ist schlecht für die Umwelt. Im Kanton Thurgau stehen die Betriebe aufgrund des Massnahmenplans Ammoniak  unter Druck. Eine Massnahme, die den Ammoniakgehalt in der Tierhaltung reduzieren könnte, wäre die Senkung der Harnstoffwerte in der Milch. Entsprechend griff der Arenenberg das Thema an den diesjährigen Anbinde- und Laufstallstämmen auf. Der Auftakt war letzte Woche bei Benjamin Stadler, Silomilch-Produzent aus Schönholzerswilen TG.

Zur Weide wird Heu und Maissilage zugefüttert

Bedingt durch die hohen Eiweissgehalte im Gras, sind gerade jetzt die Harnstoffwerte wieder hoch. Je mehr Gras die Ration enthält, umso kleiner wird der Handlungsspielraum für die Betriebe. Das stellt auch Benjamin Stadler fest. «Im Moment schwanken bei uns die Harnstoffwerte wöchentlich.» Seine 29 Milchkühe sind seit Ende Mai Tag und Nacht auf den Weiden, die um den Betrieb arrondiert sind. Zweimal täglich kommen die Kühe fürs Melken in den Anbindestall. Dort werden Heu und Maissilage zugefüttert.

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Derzeit liegt der Harnstoffwert bei 24,6 mg/dl. «Eine gezielte Reduktion der Harnstoffwerte ist bei mir schwierig», sagte Stadler. Seine Devise lautet: Die Kühe sollen fressen, was auf der Weide wächst. «Wenn die Kühe hohe Harnstoffwerte wegen dem Weidegras haben, kann es nicht so schlecht sein», findet er.

Betriebsspiegel
Name: Benjamin und Monika Stadler
Ort: Schönholzerswilen TG
LN: 24 ha
Kulturen:
Natur- und Kunstwiesen, Silo- und Körnermais, Brotweizen, Raps, 180 Hochstamm-Obstbäume, 4 ha Wald
Tierhaltung: 29 Braunviehkühe, 19'000 Junghennen
Lieferrecht: 195'000 l, Silomilch für Züger Frischkäse AG
Sommerfütterung: Tages- und Nachtweide, Zufütterung von Heu und Maissilage im Stall, Kraftfutter für die laktierenden Kühe
Winterfütterung: Gras- und Maissilage aus Fahrsilo, Zuckerrübenschnitzel, Kraftfutter für die laktierenden Kühe

Eiweiss und Energie im Gleichgewicht halten 

Die Ursache hoher Harnstoffwerte ist ein Proteinüberschuss im Pansen. Dann entsteht deutlich mehr Ammoniak als die Pansenmikroben aufnehmen können. Markus Rombach von der Agridea empfiehlt einen Wert von 18 bis 22 mg/dl, ohne dass Leistung und Gesundheit der Nutztiere eingeschränkt werden. Rombach erläuterte die Folgen zu hoher Harnstoffwerte: «Aufgrund des Ammoniaks ist die Leber stark mit der Entgiftung beschäftigt.» Dadurch sinke die Abwehrkraft der Kühe. Sie sind anfälliger auf Euterentzündungen oder Klauenkrankheiten. Um hohe Harnstoffwerte gezielt über die Fütterung zu senken, gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Eiweiss reduzieren: Proteinkonzentrat reduzieren, pansenstabiles Eiweiss wie Soja, Leinsaat oder Raps füttern oder Spezialprodukte wie ätherische Öle einsetzen.
  • Energie erhöhen: Energiereiches Grundfutter steigern in Form von Dürrfutter, Melasse, Getreide, Grünmais, Maissilage, Trester oder Zuckerrübenschnitzel.

[IMG 3]Rombach erwähnte noch eine dritte Variante, nämlich die gezielte Ergänzung von Aminosäuren, wie es in der Geflügel- und Schweinefütterung seit Jahren gemacht wird. Von allen Aminosäuren gilt Methionin als die erst begrenzende (erstlimitierende) Aminosäure im Stoffwechsel. Methionin wird zur Milchbildung benötigt und ist zudem ein wichtiger Baustein im Fettstoffwechsel der Kuh. Nun gibt es auch Versuche mit Histidin und Leucin. Sie sollen die Qualität des Proteins im Dünndarm verbessern und damit den Rohproteingehalt absenken. Eine Hilfe zur Überprüfung der Harnstoffwerte ist das neue Bewertungsschema für die Fütterungskontrolle. Dieses ist seit März 2023 über die Daten der Milchleistungsprüfung einsehbar. Zentrale Neuerung ist eine Grafik mit sechs Feldern, auf welchen der Harnstoffwert jeder Kuh dargestellt ist.

«Wenn 25 Prozent der Tiere einen Proteinüberschuss haben, sollte man an der Gesamtration etwas ändern.»

Markus Rombach, Agridea

Eines der grössten Probleme zu hoher Harnstoffwerte sei nämlich das fehlende Wissen der Betriebsleiter(innen) über die Grundfutterkomponenten.