Die Milchviehbetriebe in der Schweiz entwickeln sich rasant und viele Betriebsleiter treffen laufend strategische Entscheide. Diese sind insbesondere im Talgebiet geprägt durch die grösser werdenden Herden, dem Bedürfnis nach Arbeitserleichterung und Flexibilität bei der Arbeitseinteilung, hohen Umweltauflagen sowie einer zunehmenden Technisierung und Digitalisierung.

Wirtschaftlichkeit entscheidend

Bei entscheidenden Weichenstellungen auf Milchviehbetrieben muss die Wirtschaftlichkeit eine zentrale Stellung einnehmen. Nur Betriebe, die Investitionen in einer vernünftigen Zeitspanne abschreiben und gleichzeitig ein überdurchschnittliches Einkommen erwirtschaften, sind für die Zukunft gut aufgestellt.

Erfolg des ganzen Systems

Immer, wenn wichtige Entscheide anstehen, ist der richtige Zeitpunkt, sich genau zu überlegen, in welche Richtung sich der Betrieb entwickeln soll. Denn letztlich geht es immer darum, die Ressourcen (Betriebsfläche, Futterbau, Gebäude, Technik, Genetik, Finanzen) mit den eigenen Vorlieben und Vorstellungen sowie mit den persönlichen Kompetenzen optimal zu kombinieren. Es braucht ein betriebsspezifisches Milchproduktionssystem. Dabei stehen nicht einzelne Produktionsdaten im Zentrum, sondern der Erfolg der ganzen Systems.

Die nachfolgenden Zahlen basieren auf Betriebsanalysen in Betriebsleiterschulen bzw. in Arbeitskreisen oder sie wurden in Einzelberatungen ermittelt. Es handelt sich um Milchproduktionsbetriebe im Talgebiet. In der Tabelle 1 sind die Daten von zwei Leistungsniveaus 6500 bis 8000 Kilogramm Jahresmilch (34 Betriebe) und jene über 8000 Kilogramm Jahresmilch (28 Betriebe) dargestellt.

Grösseneffekt spielt mit

Die 34 Milchbetriebe in der ersten Gruppe «mit mittleren Milchleistungen» vermarkten mit durchschnittlich 39 Kühen 262 000 Kilogramm Milch pro Jahr. Die «Höchsten» nach Arbeitsverwertung halten 12 Kühe mehr als die «Tiefsten» und erreichen mit 3999 Franken Deckungsbeitrag je Rinder-Grossvieheinheit (Ri-GVE) einen über 1200 Franken höhen Wert als ihre Berufskollegen. Bei der Milchleistung unterscheiden sich die «Höchsten» und «Tiefsten» nach Arbeitsverwertung nicht. Die Arbeitsproduktivität liegt durchschnittlich bei 66 kg Milch je eingesetzte Arbeitsstunde (Vieh- und Futterbau). Das beste Viertel der Betriebe erreicht eine deutlich höhere Arbeitsproduktivität als das Schlechteste.

Die zweite Gruppe «mit hohen Milchleistungen» hält im Mittel 41 Kühe, vermarktet 349 000 Kilogramm Milch und erzeugt im Mittel 8855 Kilogramm pro Kuh und Jahr. Mit 44 Kühen sind die besten Betriebe grösser, verkaufen 185 000 Kilogramm mehr Milch pro Jahr und erzielen einen um 1600 Franken höheren Deckungsbeitrag pro Ri-GVE als das schlechteste Viertel. Bei der Milchleistung und der Flächenproduktivität (Output inkl. Milch aus Ergänzungsfutter) sind die besten Betriebe deutlich über dem Durchschnitt. Sie erzeugen – inkl. zugekaufte Futtermittel – über 18 000 Kilogramm Milch pro ha Futterfläche und Jahr. Sie nutzen damit den oft limitierenden Produktionsfaktor Boden sehr gut aus.

Arbeitsverdienst schwankt

Welche konkreten wirtschaftlichen Ergebnisse die beiden Leistungsgruppen erzielen, zeigt sich in Tabelle 2. Interessant ist der Vergleich des tiefsten und höchsten Viertels bei beiden Gruppen. Während die «Tiefsten» beider Gruppen einen bescheidenen Verdienst von acht bzw. fünf Franken je Stunde ausweisen, liegen die «Höchsten» beider Gruppen mit 26 bzw. 31 Franken auf einem erfreulich hohen Niveau. Auch die betrieblichen Jahresverdienste dürfen sich bei diesen Gruppen sehen lassen.

Das höchste Einkommen bezogen auf den oftmals limitierenden Faktor Fläche erreichen mit 4268 Franken pro Hektare die besten Hochleistungsbetriebe bei einer mittleren Jahresleistung von 9360 Kilogramm Milch. Gleichzeitig wird der tiefste Wert bei dieser Kenngrösse vom schlechtesten Viertel der Hochleistungsbetriebe ausgewiesen.

Arbeitskosten entscheidend

Die Arbeitskosten sind bei beiden Leistungsgruppen der grösste Kostenfaktor. Dabei haben die Besten rund 20 Rappen tiefere Kosten pro Kilogramm Milch als die Schlechtesten.

Die Direktkosten folgen auf Rang zwei. Sie sind bei der Hochleistungsgruppe generell höher, bedingt durch die aufwendigere Fütterung. Aber der Unterschiede zwischen den Besten und Schlechtesten der gleichen Leistungsgruppe liegt jeweils zwischen sieben und zehn Rappen pro kg Milch.

Die Technikkosten – umfassend Maschinen und Gebäude – sind auf Position drei. Auch hier gibt es teils beträchtliche Differenzen. Die besten Betriebe haben zwar nicht immer die tiefsten Kosten. Sie nutzen jedoch den Kosten-Verdünnungseffekt durch eine hohe Produktionsmenge.

Milchqualität beeinflusst Preis

Bei beiden Gruppen erzielen die besten Betriebe im Mittel deutlich höhere Milchpreise als die schlechtesten. Die Preise werden beeinflusst durch Gehalt, Qualität, Zeitpunkt der Lieferung sowie Mengenzuschläge. Der Hauptgrund liegt jedoch in der Produktions- und Vermarktungsstrategie: Bei den neun Besten zwischen 6500 und 8000 gibt es neben drei Biobetrieben vier Silofreie und zwei Silobetriebe. Die sieben besten Hochleistungsbetriebe produzieren alle nach ÖLN-Vorschriften, drei davon grasen ein und produzieren silofrei, die Restlichen sind Silobetriebe.

Nettoerlös aus Tierverkehr

Nicht zu unterschätzen ist der Nettoerlös aus dem Tierverkehr (Verkäufe von Kühen und Kälbern abzüglich Remontierungskosten). Aus den Daten geht hervor, dass die «mittlere Leitungsgruppe» mit 87 Prozenten einen tieferen Kuhanteil aufweist als die Hochleistungsgruppe mit 91 %. Letztere lagern ihre Jungviehaufzucht weitgehend aus und konzentrieren sich auf die Milchproduktion, welche bei ihnen eine höhere Wertschöpfung ermöglicht als die Aufzucht.

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Kostengruppen und Leistungen der neun tiefsten und neun höchsten Betriebe nach Arbeitsverwertung.(Grafik BBZN Hohenrain/ng)

Die Grafik könnte vermuten lassen, dass Betriebe mit mittleren Leistungen mehr Direktzahlungen erhalten. Da diese Zahlungen weitgehend an die Fläche und die Anzahl Tiere geknüpft sind, wird die vergleichbare Gesamtsumme bei der Hochleistungsgruppe auf eine höhere Menge verteilt, was pro Kilogramm Milch zu einem tieferen Betrag führt. Einzelne Betriebe der Hochleistungsgruppe verzichten zudem bewusst auf die GMF- und RAUS-Beiträge.

Nur die halbe Wahrheit

In der Milchproduktion geht es immer darum, den Aufwand und die Erträge in ein optimales Verhältnis zu setzen. So ist zum Beispiel augenfällig, dass bei den Besten bei «mittleren Leistungen» den Vollkosten von 100 Rappen ein Bruttoerlös von 109 Rappen gegenübersteht. Die besten Hochleistungsbetriebe produzieren ihre Milch für 77 Rappen (23 Rappen günstiger), verdünnen aber die Nebenerlöse und Direktzahlungen durch den Mengeneffekt und erreichen so einen Bruttoerlös von 82 Rappen (27 Rappen weniger) pro Kilogramm Milch.

Die Analyse zeigt klar auf, dass es nur sinnvoll ist, Milchviehbetriebe mit ähnlichen Produktionssystemen im Detail miteinander zu vergleichen. Wer eine Mengenstrategie fährt, bei dem sind hohe Deckungsbeiträge absolut zentral. Wer die Tiefkostenkostenstrategie konsequent umsetzt, verzichtet auf teure Infrastrukturen und kann auch mit mittleren Deckungsbeiträgen ein hohes Einkommen erwirtschaften.

Tabelle: Eckdaten der analysierten Betriebe


[IMG 3]In Tabelle 1 sind die Daten von zwei Leistungsniveaus 6500 bis 8000 Kilogramm Jahresmilch (34 Betriebe) und jene über 8000 Kilogramm Jahresmilch (28 Betriebe) dargestellt. In kursiver Schrift finden sich jeweils die Daten des Viertels der Betriebe mit der tiefsten bzw. mit der höchsten Arbeitsverwertung (*) pro Arbeitsstunde. Die Milchmengen entsprechen den effektiv erzeugten Jahresmengen geteilt durch die mittlere Kuhzahl nach TVD. * mittlerer Verdienst aller Arbeitsstunden, von Betriebsleiterfamilie und Angestellten.(Quelle BBZN Hohenrain)

Tabelle: Betriebswirtschaftliche Ergebnisse der analysierten Betriebe

        
 

Vermarktete Milch je Kuh und Jahr

 

6500 bis 8000 Kilogramm

 

über 8000 Kilogramm

Kenngrösse

Mittel

tiefste 25 % AV

höchste 25 % AV

 

Mittel

tiefste 25 % AV

höchste 25 % AV

Wirtschaftlichkeit

       

Futterbau, Rau- und Kraftfutterkosten

15,1

17,3

12,7

 

18,7

19,6

16,5

Tiergesundheit und Besamung

4,7

5,3

3,9

 

4,5

5,9

3,7

Verschiedene Direktkosten

3,6

5,4

4

 

2,5

2,8

2,6

Direktkosten

23,4

28

20,6

 

25,7

28,4

22,7

Gebäude/Einrichtungen/Meliorationen

11,4

13,6

11,8

 

9,6

8,8

9,4

Maschinenkosten/Arbeit durch Dritte

17,1

18,5

15,7

 

15,1

20,8

13,2

Allg. Betriebskosten

7

6,7

6,3

 

5,5

7

4,4

Pacht- und Kapitalzinse

6,7

6

8,1

 

5

5

4,3

Eigene und fremde Personalkosten

44,5

55,2

37,3

 

33

41

24,4

Strukturkosten

86,6

100

79,3

 

68,2

82,6

55,7

Vollkosten (Rp./kg)

110

128

99,9

 

110,9

110,9

78,4

Direktzahlungen und Beiträge

21,5

17,9

25,3

 

15,1

15,9

10

Erlös aus Milchproduktion

62,5

58,3

73,2

 

59,4

52,5

63,3

Netto-Erlös aus Nebenprodukten

12,1

13,5

10,5

 

6,6

8,6

4,5

Bruttoerlös inkl. Direktzahlungen (Rp./kg)

96,1

89,7

108,9

 

81,1

76,6

81,8

        

Kalk. Gewinn/Verlust

–13,9

–38,3

9

 

–12,7

–34,3

3,4

Eff. Arbeitsverwertung (Angest./BL) (Fr./Akh)

18,7

8

31,9

 

16,8

4,8

26,2

Einkommen Milchvieh total

61 996

18 094

113 727

 

5 0842

2 426

96 835

Einkommen Milchvieh pro Hektare (Fr./ha)

2 516

911

3 805

 

2 306

159

4 268

Welche konkreten wirtschaftlichen Ergebnisse die beiden Leistungsgruppen erzielen, zeigt sich in Tabelle 2. Die 34 Milchbetriebe «mit mittleren Leistungen» weisen eine Arbeitsverwertung pro Stunde von 18.70 Franken aus. Das mittlere betriebliche Jahreseinkommen beträgt rund 62 000 Franken. Die Betriebe der höheren Leistungsgruppe liegen bei der Arbeitsverwertung bei 16.80 pro Stunde und einem Jahreseinkommen von knapp 51 000 Franken. (Quelle BBZN Hohenrain)