Man kann es nicht genug oft wiederholen: Kälber sind sensible Wesen. Jeder und jede, die Kälber hält, kennt die Gesundheitsrisiken. Neben den Durchfallerkrankungen sind Lungeninfekte ein Hauptgrund für eine schlechte Entwicklung oder Auslöser für das Sterben eines jungen Tieres.

Rindergrippe ist häufige Todesursache

Die gefährlichste Zeit der Rindergrippe (Enzootische Bronchopneumonie) ist zweifelsohne das Winterhalbjahr. Kälte, Regen und Schnee, Nebel und die höhere Belegung in den Ställen, teilweise verbunden mit schlechter Luftqualität, lassen das Risiko zur Erkrankung in den Wintermonaten steigen.

Die Rindergrippe ist die zweithäufigste Todesursache bei Kälbern im Alter unter einem Monat. Und sie ist eine der Hauptursachen für wirtschaftliche Verluste, Beeinträchtigung des Tierwohles und den Antibiotikaverbrauch beim Rindvieh.

Teilweise verläuft die Krankheit symptomfrei

Um zu verstehen, wie gefährlich die Krankheit für das Tier ist und wie negativ die Folgen sind, wenn Tiere daran erkranken, muss man den Verlauf kennen. Nach der Ansteckung folgt die Zeit der Inkubation. Diese kann fünf bis 14 Tage andauern. Danach treten beim Tier Symptome auf. Es kann aber auch zu einem subklinischen Verlauf kommen. Bei diesen Tieren sind keine oder nur sehr reduziert Symptome sichtbar.

Treten Symptome auf, sind es folgende:

  • Husten
  • Fieber
  • Gesunkene Ohren
  • Appetitlosigkeit
  • Nasenausfluss
  • Lethargie
  • Erschwerte Atmung

Fieber, Appetitlosigkeit und Lethargie sind nicht Rindergrippe-spezifisch, das heisst: Sie können auch im Rahmen anderer Erkrankungen auftreten. Im Rahmen einer Studie wurden in Belgien 295 männliche Holstein-Kälber aus verschiedenen Milchbetrieben untersucht. Belgien kann im Bereich der Aufzucht und Mast mit Schweizer Verhältnissen verglichen werden.

Sehr früh schon Schäden

Lungenschäden können bereits sehr früh vorkommen. Im Gegensatz zur Schweiz hat Belgien keine Branchenlösung, die fordert, dass die Kälber 21 Tage auf dem Geburtsbetrieb verbleiben. Bei Ankunft auf dem Mastbetrieb waren die Tiere in der Studie daher 14 bis 21 Tage alt. 52 dieser Kälber (17,6 %) hatten schon eine Lungenerkrankung, aber nur sieben Kälber zeigten auch tatsächlich klinische Symptome.

Was ebenfalls aus der Studie hervorgeht: Diese sehr früh auftretenden Lungenschädigungen heilen schlechter. Kälber, die bereits bei Ankunft im Mastbetrieb an einer Lungenerkrankung leiden, hatten im Versuch eine 4,2 Mal grössere Chance, trotz antibiotischer Behandlung eine chronische, schlecht heilbare Lungenentzündung zu entwickeln.

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Die Leistung ist reduziert

Wichtig scheint auch, die wirtschaftlichen Folgen nicht zu unterschätzen, denn Lungenschädigungen beeinträchtigen die Leistung. Kälber mit Lungenentzündung hatten 83 g/Tag tiefere Tageszunahmen als gesund gebliebene Kälber. Entscheidend für die Mäster ist, dass diese Minderzunahmen im entsprechenden Versuch auch anhielten, als die Lungenentzündung geheilt war und das während der ganzen Beobachtungszeit von 12 Wochen. Insgesamt seien bei erkrankten Tieren die Wochenzunahmen rund 575 g tiefer ausgefallen als bei gesunden.

Entscheidend für die Milchkuh

Ob beim Mastkalb oder beim Aufzuchtkalb: Eine Lungenentzündung hat in jedem Fall wirtschaftliche Auswirkungen. Die Ansicht, Aufzuchtälber könnten eine fehlende gute und frühe Entwicklung auch später noch kompensieren, stimmt nur bedingt.

«In der Aufzucht wird der Grundstein gelegt für die spätere Leistung», sagt die deutsche Agronomin und Rinderspezialistin Anke Römer. Sie sagt, dass die Gewichtszunahmen bis zum 80. Lebenstag einen signifikanten Einfluss auf die Leistung und Nutzungsdauer der späteren Milchkuh haben. So seinen bereits in der ersten Laktation gut und gerne 500 kg Milch mehr möglich, wenn die Kuh als Kalb gesund bleibt und daher bessere Tageszunahmen aufweist.

Schon lange thematisiert

Die Gesundheit der Kälber wird seit mehr als 25 Jahren intensiv in der Branche thematisiert. Ein Lösungsansatz, der insbesondere von Tierärzten gewünscht wird, ist die Impfung. Bei Impfungen geht es um das Verabreichen eines abgetöteten oder abgeschwächten Erregers, um die Immunität gegen eine Krankheit zu erzeugen. Gegen Rindergrippe gibt es für Kälber einen intranasalen Impfstoff, der in die Nase verabreicht werden kann. Neu kann dieser bereits am ersten Lebenstag eingesetzt werden. «Trocknen – tränken – impfen», ist der Ablauf, der empfohlen wird, und das möglichst unmittelbar nach der Geburt.