Es ist insbesondere im Herbst ein Problem, dass teilweise trächtige Schafe zur Schlachtung kommen. Grund sind Lämmer, die während der Alpung zu Böcken heranwachsen und bereits Gefallen an den Auen finden. Um bei den Schafzüchtern den Anreiz für eine Kastration der Lämmer zu setzen, gibt es für unkastrierte männliche Weidelämmer ab sofort einen Abzug von 50 Franken. Wichtig: Bei der Schlachtung hingegen wird weiterhin kein Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Tieren gemacht.

Jungwidder kastrieren

Um die Einführung eines Schlachtabzugs bei trächtigen Auen zu verhindern, hat sich die Branche darauf geeinigt, die Widderkastration zu fördern. Eine Trächtigkeitsuntersuchung weiblicher Schafe lässt sich kaum über den Schlachterlös finanzieren. Der Abzug von 50 Franken je unkastriertes Widderlamm lässt sich hingegen ganz einfach mit einer Kastration vermeiden. Schafhalter, die den nötigen Sachkundenachweis haben, können ihre Lämmer in den ersten Lebenswochen kostengünstig selber kastrieren. Der Abzug wird ab sofort gemacht und gilt für Weidelämmer von 23 bis 39 kg Lebendgewicht.

Doch nicht nur dort soll es Anpassungen geben. Ernst Wandfluh, Präsident der IG öffentliche Märkte, ist sich bewusst, dass auf den überwachten Schafmärkten bei diesem Thema eine grosse Verantwortung liegt. Er hofft, dass kein Abzug für trächtige Auen eingeführt werden muss und dass das Problem bei seiner Entstehung gelöst werden kann. Er alpt in der Ueschine bei Kandersteg BE selber Schafe und ist überzeugt, bei der Alpung gebe es Optimierungspotenzial. Bereits gebe es vonseiten der Schafzüchter eine grosse Nachfrage nach Alpen, auf denen kein Widder mitlaufe. So bräuchte es vermehrt Alpen, die auf männliche Tiere verzichten. Umgekehrt wären auch reine Widderweiden gefragt, damit die männlichen Tiere getrennt gesömmert werden können.

Züchter sensibilisieren

So will die ganze Branche daran arbeiten, dass möglichst wenige ungewollt trächtige Schafe zur Schlachtung kommen. Auch beim Schafzuchtverband will man vorerst auf die Sensibilisierung setzen. Genaue Zahlen, wie viele Tiere bei der Schlachtung trächtig sind, gibt es bisher nicht, die sollen nun erhoben werden. Allerdings ist man sich der Brisanz des Themas sehr bewusst und will es dank Widderabzug rasch und unbürokratisch in den Griff bekommen.

Kommentar

Ein kleiner Eingriff beim jungen Lamm könnte viel Unheil verhindern. Doch alleine die Aufrufe, dass die Bocklämmer vor der Alpung kastriert werden sollen, haben nicht gereicht. Nun wird es für die Beratungsresistenten teuer. Ab sofort müssen für unkastrierte Widderlämmer 50 Franken Abzug in Kauf genommen werden.[IMG 2]

Wie immer ist es die Nachlässigkeit einiger weniger, die Skandalpotenzial für die ganze Branche birgt. Klar ist, Lebewesen wollen sich fortpflanzen und jeder Deckunfall wird nicht verhindert werden können. Es kann aber nicht sein, dass wissentlich potente Widderlämmer mit Schafen mitlaufen, die für die Schlachtung vorgesehen sind. Es gibt Fälle, da werden auch in Zukunft trächtige Tiere geschlachtet werden müssen.

Aber was man mit einem kleinen Eingriff beim Widderlamm verhindern kann, sollte getan werden. Es dient nicht nur der Tageszunahme der Lämmer, sondern verhindert eben auch einen potenziellen Skandal. Die Schafzüchter sind es sich gewohnt, dass die Augen der Öffentlichkeit auf sie gerichtet sind. Sie stehen bei der Imagepflege für die Landwirtschaft an vorderster Front. Wünschenswert wäre es, wenn sich ihr Einsatz für ein erstklassiges und naturnahes Landwirtschaftsprodukt auch im Ladenregal niederschlägt.