Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Witzwil unterhält mit einer Fläche von 825 Hektaren den grössten Landwirtschaftsbetrieb der Schweiz. Der Betrieb der JVA ist idyllisch gelegen am Ufer des Neuenburgersees, angrenzend ans Natur- und Vogelschutzgebiet.

Diese bevorzugte Lage hat aber auch Nachteile. Die Wildtiere sind nah und verpflegen sich gerne auf dem Landwirtschaftsbetrieb. Besonders betroffen ist zur Zeit der Betriebszweig Freiland-Schweinehaltung, wo sich Füchse aus der Umgebung schon mehrmals grosszügig bedient haben. Das Objekt der Fresslust sind frisch geborene Ferkel, wie Betriebsleiter Alfred Burri auf Anfrage bestätigt.

Schutz gegen Wildschweine

Die JVA Witzwil hält seit über 20 Jahren Freilandschweine in mobilen Hütten, quasi als Fruchtfolge-Element. Zurzeit beträgt der Bestand 80 bis 90 Muttersauen. Diese Hütten bleiben jeweils für einen Umtrieb, also rund ein halbes Jahr, stationär. Um den Kontakt mit den ebenfalls zahlreichen Wildschweinen zu vermeiden, sind sie doppelt abgezäunt. Die äussere Begrenzung bildet ein Knotengitter, das noch verstärkt wird mit einem innenliegenden Elektrozaun.

Die Füchse schaffen es aber immer wieder, unten durch zu graben und ins Gehege einzudringen. Sie haben laut Alfred Burri heuer schon 30 bis 50 Ferkel geholt. Die genaue Zahl festzuhalten sei schwierig, da man nicht wisse, wie viele mitgenommen werden. Es sei auch schon vorgekommen, dass ganze Würfe getötet wurden. Letztes Jahr seien die Ferkel-Verluste noch grösser gewesen, so Burri. Das liege möglicherweise auch an der aktuell genutzten Parzelle, die sich unweit eines Waldes befindet.

Nach der Geburt hörts auf

Die Angriffe auf die Ferkel erfolgten jeweils während der Geburt. «Das riechen die Füchse», sagt Alfred Burri. In dieser Zeit ist die Muttersau voll absorbiert mit der Geburt und kann sich schlecht wehren. Bei warmem Wetter verliessen die Ferkel die Hütte zudem schnell, was die Gefahr  erhöhe. Eine Schliessung der Hütten während der Geburt ist laut Burri nicht möglich: «Eine permanente Überwachung  während der Geburtsphase ist für uns auf dem weitläufigen Gelände nicht leistbar», erklärt er.

Sobald die Muttersau aber nach der Geburt wieder fit sei, denke der Fuchs nicht an einen Angriff. «Der Mutterinstinkt ist so intensiv, dass selbst wir kaum in die Hütten reinkommen», sagt Burri, das sei ähnlich wie bei den Mutterkühen.

Ein weiterer Zaun

Um die Ferkel besser vor dem frühen Tod zu schützen, baut man in der JVA für die Freiland-Schweine jetzt einen weiteren Elektrozaun mit zwei Drähten als Aussenschutz vor dem Knotengitter. Es sei natürlich nie schön, wenn man solche Verluste habe, sagt Alfred Burri, aber an der Freilandhaltung werde man nichts ändern. "Wir müssen auch schauen, dass wir die Nachfrage des Abnehmers – des Familienbetriebs Jenzer in Arlesheim BL – weiterhin decken können".

Einen Beitrag dazu erhofft sich Burri auch von den Jägern. Sie hätten kürzlich bereits einen älteren Fuchs erlegt. Doch offenbar seien es mehrere Tiere, die sich gerne gütlich tun an den Ferkeln der JVA, so Burri.

 

Freiland-Schweinehaltung bleibt eine Nische

Genaue Zahlen zur Freiland-Schweinehaltung gibt es laut Suisseporcs nicht. Wie der Stv. Geschäftsführer Adrian Schütz erklärt, sei die Haltungsform aber nach wie vor eine Nische. Es gebe eine Handvoll grössere Betriebe wie Witzwil und ein paar Kleinbetriebe mit innovativen Vermarktungskonzepten. Anfang der 1990er-Jahre gab es laut Schütz einen kleinen Boom. Dieser stagnierte aber schnell, da die Haltung anspruchsvoll und zeitaufwendig ist. Voraussetzung für den Erfolg mit grösseren Beständen seien Ackerbaubetriebe mit viel Fläche und sandigen Böden sowie ein Abnehmer, der den Absatz mit Mehrerlös gewährleistet.