Die Familie Bissig-Odermatt baut auf ihrem Biohof Neufallenbach in Wolfenschies­sen Kräuter an. Über 300 verschiedene Heilpflanzen sind es, auf einer Fläche von 4000 m2.  Diese werden unter anderem als Sirup, Tee oder Räucherbündel in ihrem Gartenkiosk oder im Onlineshop vermarktet. Zudem können Kurse zu unterschiedlichen Themen oder Führungen durch den «Zaubergarten» besucht werden.

Ein Nischenmarkt

Kräuter sind in der Schweiz nach wie vor ein Nischenmarkt. Auf Kräutern und Medizinalpflanzen besteht kein Zollschutz, so werden grosse Mengen aus dem Ausland importiert. Die Betriebskosten für den Kräuteranbau sind vergleichsweise hoch, entsprechend gab es früher nur wenige Betriebe, die in grösserem Stil Kräuter und Heilpflanzen anbauten. Das änderte sich erst in den 1980er-Jahren, als die Firma Ricola entschied, für ihre Kräuterbonbons und den Tee nur in der Schweiz gezogene Pflanzen zu verwenden.

Mittlerweile pflanzen über 100 Betriebe im Berggebiet 250 Tonnen (getrocknet) der 13 verschiedenen von Ricola benötigten Kräuter an. Eine der Regionen, in denen die Kräuter ­angebaut werden, ist die Zentralschweiz mit ihrem Hügel- und Berggebiet. So auch im Entlebuch und Luzerner Hinterland. Dies ist kein Zufall, denn Ricola wählt bewusst Anbaugebiete, die abseits von Industrie und Verkehr liegen um sicherzustellen, dass der Rohstoff möglichst wenigen Schadstoffen ausgesetzt sind.

Anbaufläche wächst

«Es gibt einige wenige Betriebe in der Schweiz, die ausschliesslich auf Kräuteranbau setzen – für die meisten Landwirte und Landwirtinnen ist es eine willkommene Diversifizierung», so Angela Deppeler, die Produktmanagerin Wein und Kräuter von Bio Suisse. Die in der Schweiz geernteten Kräuter werden zum grössten Anteil angebaut, um in getrockneter Form vermarktet zu werden.

«Für die Produktion von Frischkräutern, die in der Küche oder im Garten Verwendung finden, besteht ein viel kleinerer Markt», erklärt Angela Deppeler. Laut Bio Suisse beläuft sich die Bio-Anbaufläche auf 257 ha, verteilt auf 306 Betriebe. Damit machen sie 75 Prozent der Gesamtproduktion aus. Wobei die Anbaufläche für konventionell produzierte Kräuter laut Bio-Suisse-Marktspiegel seit 2010 kontinuierlich ansteigt, während die Fläche der Bioproduzenten, mit einer leichten Tendenz zum Anstieg, eher schwankend ist.

Hohe Wertschöpfung

Die Schwierigkeit am Kräuteranbau sei zum einen, dass Abnehmer gefunden werden müssen, und zum anderen, dass die Arbeitsbelastung sehr hoch ist, da meist viel Handarbeit in Form von Pflege und Jäten nötig ist. Dies wiederum verursacht hohe Produktionskosten. Dazu kommen laut Angela Deppeler noch die hohen Qualitätsanforderungen und der Zugang zu einer Trocknungsanlage, die sich als Erschwernis zeigen. Mit dem Kräuteranbau kann auf einer kleinen Fläche eine hohe Wertschöpfung erzielt werden.

So kann der Kräuteranbau auch zur Haupteinnahmequelle werden, wie auf dem Hof Neufallenbach. Als vor 25 Jahren bei Wäli Bissig seine Frau Beatrice einzog, vergrösserte sich der Gartenbereich im Rekordtempo und ihr Herzensprojekt, der Kräuteranbau, mauserte sich zum ­Aushängeschild des Biohofes. Er selbst ist für den Stall mit Milchkühen und Jungvieh verantwortlich. Zwei Angestellte sowie Praktikantinnen und Freiwillige unterstützen die Familie. Die Kräuter werden während der von März bis Oktober dauernden Saison von Hand geerntet und im Kräuterhaus verarbeitet. Dort werden die meisten davon während rund drei Tagen bei 40 Grad getrocknet.

Auf Bedürfnisse abgestimmt

Der Heilpflanzengarten ist auf die jeweiligen Bedürfnisse der Pflanzen abgestimmt. Es gibt schattigere oder steinigere Gartenbereiche, einen Vertikalgarten und ein Gewächshaus. Das Schmuckstück ist der Dachgarten des 2009 erbauten Kräuterhauses mit 300 m2 Nutzfläche. «Wir wollen Jung und Alt mit der Kraft der Kräuter vertraut zu machen», sagt Kräuterbäuerin Beatrice Bissig-Odermatt.

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