Die Landwirtschaft fokussiere beim Pflanzenwissen häufig nur auf die primären Inhaltsstoffe, stellte Roger Bolt an der Regionaltagung von Mutterkuh ZH SH TG fest, die Mitte September 2023 in Schaffhausen stattfand. «So weiss beispielsweise jeder Bauer, dass Klee Energie und Eiweiss enthält. Doch interessant sind für uns auch die sekundären Inhaltsstoffe.»

Ein natürliches Schmerzmittel

Pflanzen sind laut dem Strickhof-Dozenten unglaublich komplexe Vielstoffgemische. Manche Wirkstoffe haben die Funktion, die Pflanze gegen Fressfeinde zu schützen, zum Beispiel gegen Mikroorganismen und Pilze. Es ist bekannt, dass diese antimikrobiellen und antimykotischen Wirkungen auch für Mensch und Tier genutzt werden können. Roger Bolt nannte weitere Gruppen von Wirkstoffen, wie etwa Bitterstoffe, Gerbstoffe, Schleimstoffe oder Flavonoide (Antioxidan­tien). Letztere schützen die ­Körperzellen vor bestimmten schädlichen Stoffen. Gerbstoffe dagegen unterstützen etwa bei Durchfall, indem sie die Darmschleimhaut vor Erregern schützen. Sie helfen zudem beim Befall durch Darmparasiten. 

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Bitterstoffe, wie sie beispielsweise der Löwenzahn oder der Gelbe Enzian enthalten, unterstützen die Verdauungsorgane. Auch Schmerzen können pflanzlich gelindert werden. Dabei ist an Acetylsalicylsäure zu denken, die als Aspirin bekannt ist. Der Wirkstoff kommt jedoch natür­licherweise etwa in Weiderinde oder Mädesüss vor.

Auch Stall von Nutzen

Welche Pflanzen sich für welche Beschwerden eignen, weiss etwa die Erfahrungsmedizin. Dabei sind es nicht immer nur die naheliegendsten Teile einer Pflanze, etwa die Blätter, die zur Verwendung kommen. Zum Beispiel können auch die Wurzeln, die zuerst ausgegraben werden müssen, Wirkstoffe enthalten, oft sogar in konzentrierter Form. Die Erfahrungsmedizin hat sich ihr Wissen über Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende angeeignet und überliefert.

Im Mittelalter beispielsweise waren es oftmals die Klöster, welche in ihren Gärten Heilpflanzen anbauten und über die entsprechenden Verwendungen wussten. «An Bedeutung hat die Erfahrungsmedizin bei uns in den Sechzigerjahren verloren, als die Behandlung mit Antibiotika aufkam», sagte Roger Bolt. In den letzten Jahrzehnten nahmen Antibiotika-Resistenzen zu. Im Zuge dessen hat die Phytotherapie, das heisst die Behandlung mit pflanzlichen Arzneien, wieder mehr und mehr Fuss gefasst. «Gerade für den Viehstall bietet sie interessante Möglichkeiten rund um alltägliche Themen wie Geburt, Durchfall­erkrankungen oder Parasiten», betonte Roger Bolt.

Mix gegen Durchfall

Diese Mischung hilft Kälbern bei der Verdauung. Am besten stellt man sie frei zur Verfügung. Die Tiere nehmen davon, wenn sie es brauchen.

-Torf-/Moorerde unbehandelt (Wühlerde)
-Thymian, getrocknet
-Nussbaumblätter
- Salz 

Die Nussbaumblätter zerkleinern und zermörsern. Zusammen mit dem Salz und dem Thymian der Torf- bzw. Wühl­erde beimischen. Statt Nussbaumblätter können alter­nativ auch einige Tropfen Wal­nusstinktur dazugegeben werden.