«Unser Betrieb wird sich eher Richtung Beeren als Richtung Obst weiterentwickeln», sagt Heiri Gürber. Dies auch wegen der Lage auf 650 Metern über Meer. Vor allem Heubeeren könnten zum Thema werden, weil die sehr im Trend liegen. Die Konsumenten würden heute direkt konsumierbare Früchte bevorzugen, ohne Steine und Stiel, wie bei Kirschen, und ohne Stiel, wie bei Erdbeeren. «Die Leute wollen Früchte direkt von der Schale ins Maul.»

Beeren und Kirschen

Beeren böten durchaus noch Marktchancen, auch weil diese mit Witterungsschutz angebaut werden könnten und dank Terminkulturen der Erntezeitpunkt auf die Nachfrage abgestimmt werden könne. So achte er darauf, dass er bei den Sommerhimbeeren den Erntezeitpunkt vor den Herbsthimbeeren erwische. Das werde mit dem Abnehmer abgesprochen und das erleichtere auch die Personalplanung.

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Heiri Gürber übernahm den Betrieb seiner Mutter im Jahr 2013, dieser war vorher verpachtet und wurde als klassischer Luzerner Betrieb mit Milchwirtschaft geführt. Der gelernte Landwirt bildete sich 2015 und 2016 noch weiter zum Obstbauern, auf einem Obstbetrieb im zürcherischen Wädenswil und mit Schule am Strickhof.

«Am Obstbau fand ich schon während des Bauernlehrjahrs und später als Angestellter auf einem Obstbetrieb Gefallen.» So stellte er seinen Betrieb um, auch weil eine Weiterführung mit Milchwirtschaft mit hohen Investitionen in die veralteten Stallungen verbunden gewesen wäre. Bewirtschaftet werden rund 17 ha LN, davon 1,7 ha Kirschen und fast 2 ha Himbeeren, und versuchsweise auch einige Aprikosen unter Dach. Die restliche Fläche wird ackerbaulich (je 2 ha Raps, Mais, Weizen, Korn) und futterbaulich genutzt. Für das Raufutter hat er einen Abnehmer. An Tieren leben lediglich zwei Freizeitpferde und über den Sommer rund ein Dutzend Freilandschweine auf dem Betrieb.

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Wegen Höhe Frostrisiko

Die Kirschenanlage mit Hagelschutz, Regenschutz und Bewässerung im Drapeau-Erziehungssystem pflanzte Heiri Gürber 2017 und setzte dabei auf spätreife Sorten wie Kordia, Regina, Penny und Fetard. «Auf einer Höhe von 650 Metern und damit in obstbaulich grenzwertiger Lage ist vor allem auf die Spätfroste zu achten.» Frühe Sorten wären noch frostanfälliger. Letztes Jahr musste er wegen Frostrisiko siebenmal mit Paraffin-Kerzen und Pelletöfen heizen. Die Anlage wurde schon im März überdacht. Diesen Frühling musste er während der Blüte nur wegen einer Frostnacht Massnahmen ergreifen, allerdings ohne Überdachung wegen der vielen Niederschläge. Weil die Vegetation in den vergangenen Jahren immer früher startete, werde der Umgang mit Frost mehr zum Thema, und da müsse man noch viel lernen. Gürber erwähnt Bodenwärme, trockene Bäume in Frostnächten und mehr, das Wissen, was sich wie auswirke, sei noch wenig verbreitet.

Dach schützt gegen Pilze

Erfreulicherweise sei die Kirschessigfliege hier in den vergangenen Jahren nie ein Problem gewesen, auch nicht bei den Himbeeren. «Wohl auch, weil es in der Gegend kaum Kirschen-Hochstammbäume hat», begründet Heiri Gürber.

Gleichwohl sei Pflanzenschutz gerade gegen Insekten anspruchsvoll, wenn immer weniger Mittel zugelassen seien. Pilzkrankheiten lassen sich mit Witterungsschutz eher in den Griff kriegen, aber mit weniger Wirkstoffen könnte es bei Insektiziden zu Resistenzproblemen kommen. Heiri Gürber setzt allerdings schon heute auch auf Verwirrungstechnik und Nützlinge gegen Schädlinge, auch wenn dies verhältnismässig noch immer recht teuer sei. Gleichwohl bleibe wohl nichts anderes übrig, als immer Neues zu versuchen und Erfahrungen mit weniger Pflanzenschutzmitteln zu sammeln. Bio sei aber kein Thema, «das funktioniert bei Kirschen in dieser Lage nicht.»

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Werbung mit «Fruttitutti»

Den Grossteil der Kirschen setzt der Luzerner Obstbauer über den Grosshandel ab, einen kleinen Teil auch über Hofläden in der Region. Seine und weitere Frischprodukte von Berufskollegen, wie derzeit Erdbeeren, setzt er auch über den «Fruttimat» ab, einen Kühlautomaten bei der rege frequentierten Strasse beim Gormund. «Fruttitutti» sei überhaupt sein Slogan, mit dem er auch seine Website bezeichnet. Damit sollen frische und saisonale Früchte aus der Region beworben werden.

Für die kommende Kirschenernte, die Ernte starte wie im Jahr 2020 wohl Ende Juni, ist er zuversichtlich, die Bäume seien gut behangen.[IMG 4]

Terminierte Himbeeren

Ab 2018 pflanzte Heiri Gürber Himbeeren-Kulturen, zuerst eine halbe Hektare im Freiland unter Witterungsschutz, später gestaffelt weitere Flächen mit Long-Canes (lange Ruten). Das sind überwinterte Jungruten, die im Jahr nach der Überwinterung als Tragruten genutzt werden. Die Terminkultur kann zirka 100 Tage nach dem Setzen geerntet werden. Die Ruten stehen in Töpfen mit Substrat, computergesteuerter Bewässerung und mit Witterungsschutz. Bei den Sommerhimbeeren setzt er dank der Staffelung auf eine möglichst lange Erntezeit, die starte Mitte Juni.

Mehr pflanzliche Spezialkulturen seien durchaus ein Thema im Kanton Luzern, obwohl der Kanton mit seiner Offensive da wohl etwas zu optimistisch sei. Regional gebe es wohl schon noch einige Marktchancen, national haben man aber bei vielen Kulturen gerade im Obstbereich genug Angebot. Und Grenzen bei diesen Alternativen zur Tierproduktion sieht er nicht nur bezüglich Wertschöpfung, sondern auch beim Personal. «Nicht jeder Schweinebauer ist ein Beerenbauer.»

Betrieb Gürber

Betriebsleiter: Heiri Gürber
Ort: Unterdorf, Neudorf LU
Flächen: 17 ha LN, davon 1,7 ha Kirschen und 2 ha Himbeeren, 8 ha Ackerkulturen, Rest Grünland.
Arbeitskräfte: Betriebsleiter, Mutter, pensionierter ehemaliger Pächter, Saisonniers und Aushilfen stundenweise