Die Kritik im externen Evaluationsbericht von 2019 ist deutlich. Genannt werden etwa eine unzureichende Trennung von Risikobeurteilung und Risikomanagement, fehlende Unabhängigkeit der Zulassungsstelle durch deren Zugehörigkeit zum Bundesamt für Landwirtschaft BLW über die Doppelrolle von Agroscope als Beurteilungs- und Vollzugsstelle und möglichen Interessenskonflikten bis zur zu schwachen Rolle des Bundesamts für Umwelt Bafu. In einer Mitteilung hiess es damals, der Bericht habe «Verbesserungspotenzial» aufgezeigt und man kündigte Optimierungen an. Diese werden nun vorgenommen.

Hauptverantwortung beim BLV

Per 1. Januar 2022 werden die Zuständigkeiten neu geregelt, heisst es in einer Mitteilung des Bundesrats. So wird die Zulassungsstelle neu dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV anstelle des BLWs zugeordnet werden, um Risikobeurteilung und -management besser zu trennen und die Unabhängigkeit zu verbessern.

Die Hauptverantwortung für die Beurteilung der Risiken von Pflanzenschutzmitteln für die Umwelt wird beim Bafu liegen, wodurch das Amt bei der Zulassung mehr Gewicht erhält. Damit entspricht der Bundesrat einer Forderung der Umweltverbände, die eine Machtkonzentration beim BLW kritisiert hatten. Pro Natura, Greenpeace und dem WWF geht die Reorganisation aber nicht weit genug. 

BLW beurteilt landwirtschaftliche Aspekte

Das BLW, aktuell zuständig für die ganze Zulassung, werde künftig weiterhin die landwirtschaftlichen Aspekte im Zusammenhang mit dem nachhaltigen Schutz der Kulturen gegen Krankheiten und Schädlinge beurteilen. Entsprechend wird die Pflanzenschutzmittelverordnung (PSMV) angepasst, was die Zuständigkeiten anbelangt. 

Stärkere strategische Führung 

Weiter soll der Steuerungsausschuss Chemikalien und Pflanzenschutzmittel, zudem die Direktorinnen und Direktoren des Bafu BLW, BLV, Seco und dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) gehören, seine strategische Führung stärker wahrnehmen. Der Ausschuss ist für die Festlegung der Strategie der Zulassungsstelle verantwortlich. 

Weitere Optimierungen gemäss den Vorschlägen des Evaluationsberichts sollen in einem zweiten Schritt umgesetzt werden. Dazu will der Bundesrat bis Mitte 2023 weitere Anpassungen der PSMV vorlegen. 

Bauernverband zeigt sich wortkarg

Auf Anfrage reagiert der Schweizer Bauernverband auf die kommende Reorganisation des Zulassungsverfahrens kurz und knapp: «Wir hoffen, dass mit dieser Verschiebung das Zulassungsverfahren bei den Pflanzenschutzmitteln an Glaubwürdigkeit gewinnt.»

Michel Gygax, Leiter Fachstelle Pflanzenschutz Bern, äussert sich wie folgt: «Ich gehe davon aus, dass es keine wesentlichen Änderungen geben wird. Die Zulassung wird auch beim BLV ähnlich wie beim BLW abgewickelt. Grund dafür: die Zulassung ist v.a. ein wissenschaftlicher Prozess. Dieser ist durch das Chemikaliengesetz und die Pflanzenschutzmittelverordnung gut geregelt und der Spielraum eher eng. Darum gehe ich davon aus, dass sich gegenüber heute eher minimal etwas ändern wird.»

 

Das bisherige System

Heute und bis zum 1. Januar 2022 sind die Aufgaben wie folgt verteilt:

  • Zuständig für die die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln ist das Bundesamt für Landwirtschaft BLW.
  • Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV,  Agroscope und das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco)  beurteilen das Risiko der Gesuche wissenschaftlich.
  • Das Bundesamt für Umwelt Bafu nimmt die ökotoxikologische Einstufung der Produkte vor und ist bei der Genehmigung von neuen Wirkstoffen im Verfahren involviert.

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