Hanf und Hopfen gehören beide zur gleichen botanischen Familie und haben einen leicht bitteren Geschmack. Das brachte Forscherin Amandine André auf die Idee, das althergebrachte Braurezept für Bier zu überdenken, wie die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) mitteilt. Hanfblüten würden nämlich heute bei Industriehanf als Abfallprodukt anfallen. Und es gibt noch andere Gründe, die den Verzicht auf Hopfen attraktiv machen.

Der Brauerei-Verband zeigt Interesse

Dass an der ZHAW an schmackhaftem Hanfbier getüftelt wird, interessiert laut Mitteilung auch den Schweizer Brauerei-Verband. Hopfen wachse hierzulande nicht besonders gut und leide zunehmend unter dem Klimawandel. 90 Prozent des Bedarfs fürs Bierbrauen werde daher über Importe gedeckt. Hanf hingegen sei hitzeresistent, gedeihe sehr gut in der Schweiz und bauche kaum Dünger, Pflanzenschutzmittel oder Bewässerung, schreibt die ZHAW. Ein Bier auf Hanfbasis verspricht somit mehr Swissness.

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Hanfgeschmack ist unerwünscht

Im Gegensatz zu den bereits heute erhältlichen Hanfbieren, bei denen die Blüten lediglich ein Zusatz sind, soll die Neuentwicklung nicht nach Hanf schmecken. Mit diesem Ziel vor Augen führte man in Wädenswil während drei Jahren Pflanzversuche durch, um eine passende Hanfsorte mit besonders vielen Bitterstoffen und hopfenähnlichem Aroma zu finden.

Chemische Analysen, Brauversuche und Sensoriktests ergaben Folgendes:

  • Für eine vergleichbare Bitterkeit braucht es drei- bis viermal mehr Hanf als Hopfen.
  • Der Hanf sollte erst kurz vor Ende des Kochprozesses beigegeben werden, sonst leidet die Bitterkeit (Hopfen wird 90 Minuten gekocht).
  • Bis zu 75 Prozent des Hopfens kann durch Hanf ersetzt werden, ohne die Bitterkeit zu beeinträchtigen.

Kein Unterschied zu Lagerbier feststellbar

Als krönender Abschluss folgte nach einigen Wochen Lagerung die Blinddegustation. Dabei verglich man ein nach Pilsner-Rezept gebrauten Versuchsbier mit ¾ Hanf statt Hopfen mit einem handelsüblichen Lagerbier mit gleichem Bitterkeitswert. Die sieben Testpersonen konnten laut ZHAW keinen Unterschied feststellen, beide Biere hätten gleich gut, gleich bitter und nicht nach Hanf geschmeckt.

Nun werden die neuen Hanfbiere noch weiter gelagert, um dann nach mehreren Monaten erneut bewertet zu werden. Amandine André möchte das Braurezept verfeinern und möglichst eine Brauerei finden, mit der sie das Hanfbier bis zur Marktreife entwickeln kann.