Mehr ToleranzFür 65 Schweizer Gemüsesorten gelten ab sofort neue QualitätsnormenDonnerstag, 1. Juni 2023 Für 65 Schweizer Gemüse gelten seit dem 1. Juni neue Qualitätsnormen. Beat Bösiger, Gemüseproduzent aus Niederbipp BE, war der Präsident der zuständigen Kommission: «Aus meiner Sicht ist die Umstellung reibungslos verlaufen. Es war wichtig, dass alle Marktpartner zusammen an einem Tisch sassen.» Chancen für die Produzenten sieht er unter anderem darin, dass die Stückgewichte bei Sellerie und Kabis erhöht wurden. «Wichtig war auch, dass die Toleranz bei Thripse-Einstichstellen beim Lauch und den Bundzwiebeln hochgeschraubt wurde, weil uns Pflanzenschutzmittel dagegen fehlen.» 

«Es wird darüber geredet»

Stephan Müller aus Steinmaur ZH sass als Vertreter der Bio-Gemüseproduzenten in der Kommission: «Für uns Produzenten gibt es einen kritischen Punkt: den Wareneingang bei den Detailhändlern», sagt er. «Was ich sehr positiv finde, ist, dass das Thema bei den Abnehmern angekommen ist. Es wird darüber geredet, man setzt um, allen ist klar, dass es weniger Food Waste geben darf.» Natürlich brauche die Umsetzung der neuen Qualitätsnormen auch Zeit: «Das dauert ein halbes Jahr bis ein Jahr, bis das auf allen Stufen im Wareneingang bei den Detailhändlern angekommen ist.»

Qualitätsnormen beim Gemüse

Qualitätsnormen regeln, welche Merkmale Schweizer Gemüse aufweisen müssen, um in den Handel gelangen zu können. Sie gelten sowohl für konventionell als auch für biologisch produzierte Ware und werden partnerschaftlich vom Verband Schweizer Gemüseproduzenten (VSGP) und dem Verband des Schweizerischen Früchte-, Gemüse- und Kartoffelhandels (Swisscofel) bestimmt.

Bei der Überarbeitung der neuen Qualitätsnormen wurden unter anderem Grössen- und Gewichtsbeschränkungen angepasst. Daneben gab es auch Textanpassungen, bei denen allerdings noch viel Interpretationsspielraum bleibt: So sind beispielsweise bei Salaten künftig «einzelne tierische Schädlinge erlaubt», bei Kohlrabi werden «kleine Frassspuren am Laub toleriert» und beim Blumenkohl werden «leichte, gelbliche Färbung akzeptiert». Hier sollen in Zukunft dann definierte Schadbilder hinzugezogen werden, um zu beurteilen, ob ein Produkt die Norm erfüllt oder nicht. Dies kommen aber erst im August.

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Kaliber besonders wichtig

Für Stephan Müller waren die angepassten Kaliber besonders wichtig: «Wenn das Band zu eng gesetzt ist, fällt unten und oben einfach viel zu viel Ware raus.» Da die Schweiz keine Möglichkeit habe, Gemüse zu exportieren, sei es für die Produzenten «umso wichtiger, dass unsere Kaliber grösser sind, dass wir innerhalb davon möglichst viel Ware absetzen können». Für zu kleines oder zu grosses Gemüse gelte es, andere Kanäle zu finden, zum Beispiel die Industrie.

Konsumenten als Knacknuss

Nun müsse sich zeigen, wie gut die Konsumentinnen und Konsumenten, die gerne perfektes Gemüse kaufen, die neuen Normen akzeptierten, fügt Beat Bösiger an: «Am besten, denke ich, sollten sie tolerieren, dass Gurken neu etwas krummer sein dürfen und die Kaliber dort angepasst wurden.»