Am 17. November 2021 findet in Olten die nächste Delegiertenversammlung von Bio Suisse statt. Im Vorfeld dazu trafen sich die Mitglieder von Bio Ostschweiz am Mittwoch in Ganterschwil, um über die Geschäfte abzustimmen. Insbesondere beim Budget und bei einem Antrag von 50 Einzelmitgliedern zur Senkung der Produzentenbeiträge und der Lizenzgebühren gab es eine sehr lange und intensive Diskussion.
Budgetierte Gelder sind gut investiert
«Bio Suisse ist voller Tatendrang und sehr dynamisch unterwegs», stellte der St. Galler Co-Präsident Sepp Sennhauser fest. Das sei zwar positiv, «es stellt sich aber die Frage, ob es wirklich so viele Projekte braucht und ob wir alles selber bezahlen müssen». Bio-Suisse-Präsident Urs Brändli rechtfertigte die höheren Kosten im Budget insbesondere für strategische Projekte und Forschung sowie für Marketing und Kommunikation: «Früher hiess es, wir sollen mehr investieren, und jetzt, wo wir das Geld hätten, will man auf die Bremse stehen.»
Er könne die Hand ins Feuer legen, dass dieses Geld letztlich den Biobäuerinnen und Biobauern zugute komme. Die Geschäftsstelle leiste gute Arbeit, betonte Brändli. Ausserdem kenne er keine Organisation, die so viele Gremien habe wie Bio Suisse, wo sich die Produzent(innen) direkt einbringen können. «Das Budget kostet euch nicht mehr und bringt den Biolandbau in der Schweiz voran.»
Einsparungen für Produzenten wären klein
An der DV stimmen die Delegierten über einen Antrag ab, der eine Senkung der Produzentenbeiträge und der Lizenzgebühren um 10 Prozent gegenüber dem heutigen Stand fordert. Urs Brändli rechnete den Anwesenden vor, dass mit dieser Senkung ein Betrieb im Durchschnitt 30 Franken einsparen würde. «Viele strategische Projekte müssten verlangsamt und teilweise sistiert werden. Das steht im Widerspruch zu unserer Strategie Avanti 2025.»
Kritik aus der Versammlung kam insbesondere, weil das Budget für Aussenstehende undurchsichtig ist. «Wir sehen nicht, wohin die Gelder fliessen und warum sich gewisse Posten Jahr für Jahr vergrössern», sagte eine Biobäuerin. Der Antrag wurde von den Anwesenden schliesslich knapp abgelehnt. Sennhauser, der den Antrag mitunterzeichnet hat, sieht dessen Zweck bereits erfüllt. «Es war wichtig, dass die Diskussion darüber stattgefunden hat. Ich glaube, der Vorstand und die Geschäftsstelle von Bio Suisse haben uns gehört.» Für das Budget 2022 sei dieser Antrag zu kurzfristig, monierte Sennhauser.
Kein Markt für Bruderhähne
Ein weiteres Geschäft auf der Traktandenliste ist die Kükentötung, die ab 2025 in der Schweiz verboten sein wird. Dazu hielt Sepp Rüegg von der Geflügelzucht Gallipor AG ein spannendes Referat. «Die Biobranche muss hier vorwärtsmachen, andernfalls können wir den Mehrwert und Mehrpreis von Bio nicht mehr rechtfertigen.»
Für die Früherkennung im Ei gebe es heute keine praxistaugliche Lösung. Die Variante Bruderhähne ist für Rüegg ebenfalls keine Option: «Das Problem ist, dass es für den Hahn keinen Markt gibt.» Die Schlachthöfe seien nicht für die Schlachtung und Zerlegung der Hähne, die anders gebaut sind als Mastpoulets, eingerichtet. «Es bräuchte in den Schlachthöfen ein komplett neues System. Ausserdem konkurrenzieren wir unsere Pouletproduzenten.» Alles in allem sei es ein Riesenaufwand für ein Produkt, das eigentlich niemand will.
Zweinutzungshuhn forcieren
Für den Fachmann ist die Variante des Zweinutzungshuhns darum die realistischste, denn man könnte den bestehenden Markt nutzen. Rüegg glaubt, dass man mit dem Argument Zweinutzungshuhn gute Chancen auf anständige Produzentenpreise hat. Er ist überzeugt, dass man die nötigen Elterntiere in zwei, drei Jahren hat, wenn jetzt mit der Züchtung begonnen wird.
Nachteile sieht Rüegg insbesondere in der tieferen Legeleistung und den kleineren Eiern. «Das wird der grösste Diskussionspunkt sein. Daran ändert sich aber auch nichts, wenn wir das Thema noch zwei Jahre hinausschieben.» Bei den Mitgliedern von Bio Ostschweiz war die Sache ziemlich klar. Sie unterstützten die Zweinutzungsstrategie. Ein Produzent sagte: «Das kann man dem Konsumenten besser verkaufen. Ausserdem produzieren wir kein ‹Abfallprodukt› – alles Argumente, die zu unserer Philosophie passen.»
Sexing weiterhin umstritten
Ein schier endloses Thema bei den Biobäuerinnen und Biobauern ist das Samensexing. An der DV stellen vier Mitgliederorganisationen den Antrag, gesexten Samen auch auf Biobetrieben zuzulassen. Das Sexing ist insbesondere aus ethischen Fragen umstritten. Dafür spricht unter anderem, dass weniger männliche Kälber im konventionellen Kanal «entsorgt» werden müssen. Die Mitglieder von Bio Ostschweiz stimmten dem Antrag nach einer intensiven Diskussion äusserst knapp zu.