Gut zwei Drittel der schweizweit angebotenen Lehrstellen für das Jahr 2023 sind besetzt. Damit präsentiert sich der Lehrstellenmarkt weitgehend stabil, wie das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation schreibt. Gesamtschweizerisch seien per Ende Mai 2023 gut 51'400 Lehrverträge abgeschlossen worden. Dies entspreche 69 % der im Vorjahr insgesamt abgeschlossenen Lehrverträge. Gleichzeitig waren auf dem offiziellen Lehrstellennachweis der Kantone über 20'000 offene Lehrstellen auf Lehrbeginn 2023 ausgeschrieben.
Erst im Oktober weiss man mehr
Was die Landwirtschaft angeht, könne noch keine Bilanz gezogen werden, sagt Petra Sieghart, Leiterin Geschäftsbereich Agriprof beim Schweizer Bauernverband (SBV) auf Anfrage. «Wir erfassen die Zahlen zu den Lernenden per 1. September.» Es werde daher mindestens Oktober, bis diese veröffentlicht würden.
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Wie Sieghart erklärt, gebe es zwischen Schulbeginn Mitte August bis zum 1. September, der im Fall der landwirtschaftlichen Lehre der Stichtag zur Erhebung ist, immer noch Lehrvertragsabschlüsse. In der Art und Weise, wie nach Lehrstellen gesucht würde, seien deutliche Unterschiede sichtbar. «Jene, die ganz genau wissen, wo sie hinwollen, suchen ihre Stelle meist sehr früh – oft schon in der 7. Klasse», sagt sie. Die Suche nach dem dritten Lehrjahr finde dann meist etwas später statt. Genau das sei auch einer von vielen entscheidenden Unterschieden zu anderen Berufen, sagt Sieghart, nämlich, dass jedes Jahr ein neuer Betrieb gesucht werden muss.
Bis jetzt gute Ausgangslage
[IMG 2] Obschon die endgültige Bilanz für das kurz bevorstehende Lehrjahr noch nicht gezogen werden kann: Petra Sieghart spricht von «einer entspannten Situation». Sicherlich seien auch in der Landwirtschaft nicht zu viele Lernende anzutreffen, aber hier stehe man doch deutlich besser da als in vielen anderen Berufen, wo von einem Mangel gesprochen werden muss.
Drei Betriebsleitende erzählen
Christian Mathys, Forch ZH: Ich fand immer einen Lernenden – es braucht auch ein Quäntchen Glück. Manchmal ist eine Lehrstelle lange zum Voraus besetzt, manchmal ergibt sich kurzfristig eine Lösung. Im Kanton Zürich ist die Nachfrage nach Lehrstellen gestiegen. Immer mehr wollen Landwirt lernen. Deshalb ermuntern wir unsere Betriebsleiter, Lehrstellen anzubieten. So hat jeder Schnupperlehrling die Chance, seinen passenden Hof zu finden. Es kommt vor, dass ein Lehrbetrieb halt leer ausgeht. Aber der Wettbewerb spielt.
Cornelia Bucheli, Brunnen SZ: Die Zahl der Lehrbetriebe im Kanton Schwyz ist in der Vergangenheit angestiegen. Das ist ein Grund, dass wir – im Gegensatz zu vor zehn Jahren – heute auf eine Stelle nur noch eine bis zwei Bewerbungen erhalten. Wir durften aber bisher noch jedes Jahr eine junge Person ausbilden. Für das Jahr 2024 ist unsere Lehrstelle nun noch offen, 2025 hingegen bereits besetzt. Teils organisieren Interessierte ihre drei Lehrjahre bereits in der 2. Oberstufe, andere machen sich teilweise erst kurzfristig auf Stellensuche.
Andreas Schwab, Walperswil BE: Wir haben bislang elf Lernende ausgebildet. Gegenüber dem Start als Ausbildner stellen wir fest, dass sich die Lernenden später auf die Suche machen. Dies trifft besonders auf das dritte Lehrjahr zu. Auf Druck der Schule werden meist ab der achten Klasse die ersten beiden Lehrjahre gesucht. Das dritte wird hingegen oft schleifen gelassen. Erst ab etwa Ende des 1. Ausbildungsjahres wird dann die Suche nach dem letzten Ausbildungsplatz eher spontan in Angriff genommen.
Bodenständiges ist gefragt
Petra Sieghart erinnert daran, dass Corona die Bevölkerung bodenständiger gemacht habe. Davon würden auch Berufe wie Landwirt und Landwirtin profitieren. Während man früher einem jungen Menschen noch von der Berufswahl Landwirtschaft eher abraten musste, weil im Bereich mit hoher Selbstständigkeitsrate wenig Aussicht auf eine Anstellung bestand, sind «Quereinsteigerinnen» heute sicherlich willkommener. «Wir brauchen diese jungen Leute von ausserhalb der Branche – sie bringen frischen Wind», sagt Sieghart, ergänzt aber sofort, dass die Suche nach Betrieben für sie weiterhin eine recht aufwändige Angelegenheit sei und nicht unterschätzt werden dürfe.
Lehrstellenbörse online auschecken
Es hat also noch freie Lehrstellen auf Landwirtschaftsbetrieben für das schon bald beginnende Lehrjahr. Ein Blick auf die Lehrstellenbörse, die zum einen der SBV führt, die aber auch von Kantonen selbst angeboten wird, zeigt, dass beispielsweise im Agrarkanton Bern noch über 160 Stellen nicht besetzt sind.
Weitere Informationen zum landwirschaftlichen Beruf finden Sie hier.