Eigentlich ist das System ausgeklügelt: Wenn ein Gemüse in der Schweiz Saison hat, geniesst es Zollschutz. Damit ist gewährleistet, dass eingeführte Ware trotz billigerer Preise nicht lohnenswerter ist, als die einheimische Produktion. Das Problem dabei: Durch Klimawandel und neue Anbautechniken wie Hors-Sol-Gewächshäuser hat sich die Erntedauer im Gemüsebau verlängert. Nun kommen z. B. früh im Jahr Schweizer Tomaten auf den Markt, ausserhalb der zollgeschützten Zeit. Dies – zusammen mit dem unerbittlichen Preiskampf  im Detailhandel – resultierte kürzlich in der Region Yverdon-Les-Bains in Food Waste: Mehrere Tonnen Tomaten und Salate wurden noch auf dem Feld entsorgt, wie das Westschweizer Newsportal RTS berichtet. 

Die halbe Saison ist ohne Schutz

Schweizer Rispentomaten gibt es laut dem Saisonkalender des Verbands Schweizer Gemüseproduzenten VSGP während acht Monate, von April bis November. Die «bewirtschaftete Periode», in der die inländischen Tomaten Zollschutz geniessen, deckt aber nur die Hälfte dieser Zeit ab – sie dauert von Juni bis September. Dabei gibt es während der nicht bewirtschafteten Phase per Definition keine Inlandproduktion. So steht es jedenfalls beim das Bundesamt für Landwirtschaft

Es gibt offenbar noch mehrere weitere Fälle, in denen es wegen Konkurrenz durch Importe für Schweizer Gemüse plötzlich keine Abnehmer mehr gab, wie der VSGP gegenüber RTS bestätigte.

«Inlandware hat Priorität»

RTS hat auch die vier grossen Detailhändler Coop, Migros, Aldi und Lidl zu dieser Sache befragt. Sie hätten versichert, dass inländische Ware stets Priorität habe und man nur in Mangelsituationen importiere. 

Regeln anzupassen, wird schwierig

Der harte Preiskampf animiere den Detailhandel gelegentlich zu Importen – unabhängig davon, ob man sich gerade in der «Nicht bewirtschafteten Phase» befinde oder nicht, erklärt hingegen der VSGP. Der Verband denke darüber nach, eine Änderung Zollschutzregelungen einzufordern, berichtet RTS weiter. Das sei indes nicht so einfach, wird das BLW zitiert: Die Zeiträume seien in Absprache mit der Welthandelsorganisation WTO definiert und daher nur schwer anzupassen. 

Allerdings gibt es laut RTS es noch einen kleinen Spielraum, da die WTO-Zeitperioden in den Schweizer Regelungen noch nicht immer ausgereizt seien.

 

Importe braucht es 

Saisonaler Konsum verringere den Import von Gemüse, bestätigt der Verein Schweizer Gemüseproduzenten VSGP gegenüber der BauernZeitung. Aber auch bei saisonal ausgerichteter Nachfrage braucht es Importgemüse, denn die Schweizer Produktion deckt nur 55 Prozent der jährlichen Nachfrage an Frischgemüse. 

Ausfälle oder Aktionen

Generelle Gründe, weshalb Einfuhren nötig werden, sind Ausfälle wie sie in den letzten Wochen wegen Hagelschlag und Unwetter entstanden sind. Das sei eher selten, so der VSGP. Aber auch Aktionen im Detailhandel können die Nachfrage über das Mass steigern, das mit inländischer Ware gedeckt werden könne. 

Nachfrage aus Mittelwerten berechnet

Zwei Mal pro Woche trifft sich die Gemüsebranche (VSGP, Swisscofel und die Swiss Conveneince Food Association SCFA für Verarbeitungsgemüse), um den Bedarf an Importen zu ermitteln. Dafür berechnet man laut VSGP die wöchentliche Nachfrage aus dem Mittelwert der Angebotsmengen + den Importen der letzten drei Jahre für das jeweilige Produkt.