Auf die Frage, mit welchen Produkten die Schweizer Land- und Ernährungswirtschaft im internationalen Wettbewerb bestehen kann, kommt Käse als Antwort. Nicht im übertragenen Sinne, sondern wortwörtlich. Denn es ist der Käse, der immer als Erfolgsmodell für die Marktliberalisierung hinhalten muss. Dem Erfolgsmodell geht aber langsam die Luft aus.

Grund dafür ist nicht die Schweizer Bürokratie, oder etwa die Politik. Grund dafür sind vielmehr die Milchverarbeiter im Ausland. Diese holen nämlich auf. In Irland wird mit "Origin Green" für eine weidebasierte Milchproduktion Werbung gemacht. Und Comté, das französische Konkurrenzprodukt zum Gruyère schlechthin, hat sein Pflichtenheft in den letzten Jahren laufend verschärft. Das gilt für den Einsatz von Kraftfutter, als auch die Milchleistung der Kühe. Für die Schweizer Käsebranche gibt es deshalb nur eines: "Wir müssen Glaubwürdig bleiben." Das sagte Jacques Gygax den Delegierten von Fromarte am Freitag in Winterthur ZH.

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Dass sich deshalb die Branchenorganisation Milch auf einen gemeinsamen Standard für nachhaltige Schweizer Milch geeinigt hat, ist aus dieser Sicht nicht nur gut, sondern nötig. So begrüsst auch Hans Aschwanden den Standard ausdrücklich. Und für ihn sei klar, dass auch für "unsere Lieferanten dieser Standard verbindlich sein wird", sagte der Fromarte-Präsident weiter.

Aschwanden: Dynamik nutzen, Preise erhöhen

Wie Aschwanden betonte, sei der Branchenstandard "ein hervorragendes Signal für unsere Politiker und Bundesbeamten. Als gesamte Milchbranche bewegen wir uns und nehmen die Konsumentenforderungen auf." Entsprechend erwartet Aschwanden, dass der Nachhaltigkeitszuschlag von zwei Rappen, der im Juli 2019 für Schweizer Molkereimilch eingeführt werden wird, eine Vorwärtsbewegung am Markt auslösen wird. Die Käser sollen, so Aschwanden, die erwartete Dynamik nutzen, um die Käsepreise nach oben zu korrigieren.

Wie weit dass das möglich sein wird, muss sich noch zeigen. Wie nämlich die Migros mit dem kürzlich vorgestellten Preismodell für nachhaltige Milch zeigt, ist eine Einpreisung des Nachhaltigkeitsbonus möglich. Das ändert auch die Tatsache nicht, dass es beim Standard für Nachhaltige Milch um ein Branchenstandard und nicht nur ein Programm der Abnehmer ist.

Gygax: Ganz oder gar nicht

Wie Fromarte-Direktor Jacques Gygax sagte, hätten sich die Produzenten für das Anfang September kommunizierte Modell stark gemacht. Die Produzenten verlangen, dass der Nachhaltigkeitszuschlag ein Zuschlag wird. Für Fromarte ist die Haltung aber laut Gygax bereits klar: "Der Endkonsument muss die Nachhaltigkeit klar honorieren. Unser Motto ist: 'alle oder niemand'", so Gygax. "Wenn wir das in der Käsereibranche umsetzen, dann verbindlich." Etwaige Zweifel, dass damit die Konkurrenzfähigkeit im Export leidet, sind Gygax bewusst. Dennoch ist die Richtung klar.

Schweizer Käse verkauft sich unter Wert

Und diese heisst: Verkaufen. Besser verkaufen. Wie Gygax sagte, habe er manchmal das Gefühl, "dass wir uns unter Wert verkaufen." Seit 2002 gibt es von Switzerland Cheese Marketing einen Branchenkodex, ein Reinheitsgebot.

Es sei ein wichtiges Differenzierungsmerkmal zu ausländischen Käse. Dummerweise wird der Kodex im Marketing kaum eingesetzt. Und das, obwohl die Käsebranche freiwillig auf GVO-Labstoffe, Nisin, Lysozym, Nitrat, Natamycin sowie künstliche Farbstoffe im Käseteig verzichtet. Wie Gygax sagte, soll der Branchenkodex in den Standard für nachhaltige Milch der BO Milch integriert werden.

Kunden mit Marktleistung überzeugen

"Wir müssen unsere Kunden mit unserer Marktleistung überzeugen und nicht mit staatlichem Schutz", sagte Hans Aschwanden. Ganz ohne Politik geht es aber auch für Fromarte nicht. "Ich hoffe, dass der Bund die Forderungen der Milchbranche, die die Milchbranche bereits 2017 präsentiert hat, möglichst berücksichtigen werden", sagte Aschwanden weiter.

Er meint damit, dass die Nachfolgelösung für das Schoggigesetz für die Käser keine Preisfolgen haben soll. Zudem wird erwartet, dass einer Umlagerung der Milchzulagen frühestens im Rahmen einer weiteren Öffnung der weissen Linie zugestimmt werden kann. Fromarte-Direktor Jacques Gygax erwartet, dass diese Punkte mit der Entwicklung der AP 22+ erneut zur Diskussion gestellt werden. Inwiefern sich die derzeit hängigen Initiativen auf die politische Debatte auswirken werden, kann Jacques Gygax noch nicht genau sagen. Fest steht lediglich, dass die Gesellschaft über die politischen Prozesse widersprüchliche und teilweise unrealistische Erwartungen an die Landwirtschaft formuliert.

hja