«Wir blicken auf ein respektables Ergebnis zurück», sagte Verwaltungsratspräsident Konrad Graber anlässlich der Präsentation der Zahlen 2022. Der Umsatz stieg auf 4,23 Mrd Fr. (+ 7 %). Der Gewinn vor Steuern sank hingegen leicht auf 266,1 Mio Fr. (- 6,4 %).

Erhöhte Kosten teilweise amortisiert

Der im April zurücktretende Graber erwähnte drei Faktoren, welche die Geschäfte komplexer gemacht haben: die Nachwehen der Pandemie, die Erhöhung der Inputkosten und den Ukrainekrieg. Angesichts dieser unbeeinflussbaren Marktfaktoren sei man zufrieden mit dem Ergebnis. 

Es sei gelungen, die erhöhten Kosten teilweise zu amortisieren. Aufgrund der guten Perspektive dürften die Aktionäre, darunter als wichtigster die Zentralschweizer Milchproduzenten, mit einer um 50 Rp. auf Fr. 14.50 erhöhten Dividende rechnen.

«Verantwortungsvolle Preiserhöhungen»

Erstmals konnte die neue CEO Ricarda Demarmels die Zahlen präsentieren. Sie rühmte zunächst die starke «Kultur des Miteinanders» bei Emmi. Im zweiten Halbjahr habe sich das Unternehmen nach schwierigem Auftakt zurückgekämpft, hochfokussiert und mit verantwortungsvollen Preiserhöhungen. Man habe einen Rekordumsatz erwirtschaftet, es gebe ein gutes Momentum in den Auslandmärkten und in den strategischen Nischen. Besonders freue sie auch das weiterhin sehr starke Schweizer Geschäft. Für 2023 zeigte sie sich «vorsichtig optimistisch» und stellte ein organisches Wachstum um 3 bis 4 Prozent in Aussicht.

[IMG 3]

Man habe in einem hochanspruchsvollen Umfeld Marktopportunitäten gut wahrgenommen, sagte Demarmels weiter. Man habe die Innovation vorangetrieben und konsequent Nachhaltigkeitsarbeit gemacht. Im Weiteren sei sie stolz auf die Ausbildung mit einer Rekordzahl von 50 neuen Lehrlingen, die hochmotiviert in ihre Berufsausbildung gestartet seien.

Sie kam auf die 2022 geschärfte Strategie zu sprechen. Emmi wolle die führende Milchverarbeiterin in der Schweiz sein und in internationalen Märkten stark aufgestellt sein. Im Vordergrund stehen hier USA, Brasilien und Chile. Brasilien hat Deutschland beim Umsatzanteil vom dritten Rang der bedeutenden Auslandmärkte überholt. Der nördliche Nachbar ist nicht einmal mehr in den Top 5 weil auch die Märkte in Italien und Spanien stark gewachsen sind.

«Das ist wie in einer Ehe»

Das Wachstum in Brasilien sei Ergebnis intensiver Gedanken über mögliche Expansionsgebiete. Mit Lacticinios Porto Alegre habe man nach langer Suche einen Partnerin gefunden, welche die gleichen Werte teile wie Emmi. Wenn die Kultur der Firmen nicht zueinander passe, werde man nie erfolgreich, so Demarmels, das sei wie in einer Ehe. Mit dieser Firma wolle man die gleiche Reise machen, wie sie Emmi in der Schweiz gemacht habe. Wichtigste Produkte sind hier vorläufig Joghurt und UHT-Milch. Die mangelnde politische Stabilität habe man bisher geschäftlich nicht gespürt, ergänzte Konrad Graber. 

Emmi wolle aber auch der Schweizer Milchbranche «Sorge tragen», sagte Demarmels auf Nachfrage eines Journalisten. Sie erhielt dabei Unterstützung von Konrad Graber. Der Schweizer Milchmarkt sei weiter zentral, sagte er. Erfreulicherweise habe es hier etwas Wettbewerb gegeben, das habe sich auch auf die Produzentenpreise positiv ausgewirkt. Allerdings gebe es hier bereits wieder Preisdruck, die Differenz zum EU-Milchpreis habe man aber halten können, so Graber.

Anspruchsvolles Käsegeschäft 

Emmi spürt laut der Medienmitteilung zur Bilanzmedienkonferenz die schlechte Konsumentenstimmung in europäischen Ländern beim Käseverkauf. Weil die Menschen in den zum Europa-Geschäft gehörenden Ländern (Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande, Grossbritannien und Österreich) in der momentanen wirtschaftlichen Situation auf die Sparbremse drücken, hat Emmi 2022 dort weniger Spezialitätenkäse verkauft.

Das Geschäft mit Spezialitätenkäse im Thekenbereich sei wegen der gedämpften Konsumstimmung geschrumpft, teilte Emmi am Mittwoch mit. Insbesondere in Deutschland, Italien und in den Niederlanden hätten tiefere Umsätze mit Schweizer Spezialitätenkäse zu einem organischen Rückgang im Käsebereich geführt.

Verstärkt wurde dieser Effekt noch durch die höheren Käsepreise aufgrund des starken Schweizer Frankens. Die Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro und dem britischen Pfund drückte denn auch den Umsatz im Europageschäft von Emmi um 7,3 Prozent, so dass der Umsatz insgesamt um 2,1 Prozent tiefer lag als im Jahr davor. Bereinigt um Währungseffekte und Akquisitionen resultierte jedoch ein organisches Wachstum von 6,7 Prozent.

Wertberichtigung in deutschem Biomilchgeschäft

Die schlechte Konsumstimmung und die Kaufkraftreduktion triff laut Emmi auch das Geschäft mit Biomilch in Deutschland hart. Die dortige Tochter «Gläserne Molkerei» leidet stark darunter, dass die Leute sich weniger Biomilch leisten.

Im Biomolkereimarkt in Deutschland gibt es laut Emmi «strukturelle Marktveränderungen». Diese belasteten den Geschäftsverlauf der «Gläsernen Molkerei» und trübten auch deren mittelfristige Zukunftsaussichten. Emmi hat darum für das Geschäft eine ausserplanmässige Wertberichtigung des Anlagevermögens in Höhe von 13 Mio Fr. vorgenommen. Die deutsche Tochter litt wie der ganze Biosektor im nördlichen Nachbarland unter dem Verlust der Kaufkraft der Konsumenten.

Caffè Latte weiterhin ein Kassenschlager

Nicht gespart haben die Europäerinnen und Europäer hingegen beim «Caffè Latte». Die kalten Kaffees seien in allen europäischen Märkten gut verkauft worden, heisst es. Zufrieden zeigt sich das Unternehmen zudem auch mit den italienischen Dessertgesellschaften. Die Umsätze mit Ziegenfrischkäse in den Niederlanden hätten sich ebenfalls erholt, teilte Emmi weiter mit.

Der Zentralschweizer Konzern hat 2022 mit der Division Europa 17,3 Prozent des Konzernumsatzes erzielt. Damit ist es die drittgrösste Division nach der Schweiz (40,1 %) und der Region «Americas», zu der neben den Staaten in Nordamerika auch Brasilien, Chile sowie Spanien und Tunesien gehören (39,6 %).