BauernZeitung: Emmi sagt, mit der Milchpreissenkung soll die angestrebte Reingewinnmarge gesichert werden. Was meint ZMP als Hauptaktionär dazu?


Pirmin Furrer: Von der Frankenstärke sind Emmi-Exportumsätze in der Grössenordnung von etwa 400 Millionen Fr. betroffen. Die Reingewinnmarge von Emmi mit 2,5 bis 3,5% (zirka 90 bis 110 Millionen Fr.) ist im Vergleich zu anderen Mitbewerbern von Emmi relativ tief angesetzt. Grössere Lebensmittelkonzerne im In- und Ausland haben Margen von durchschnittlich 8 bis 11%. Für uns ist wichtig, dass Emmi die Situation im Griff hat und

den Produktionsstandort Schweiz verteidigt, aber auch einen Beitrag zur Krisenbewältigung leistet. Dies ist unseres Erachtens klar der Fall. Wenn Emmi Verluste schreiben würde, wären die Auswirkungen auf die Milchproduzenten noch gravierender als jetzt schon mit dem beschlossenen Massnahmenpaket.


Aber ist der Druck auf die Milchproduzenten nicht etwas einseitig?
Von einem einseitigen Druck auf die Milchproduzenten zu sprechen wäre nicht ehrlich. Emmi hat verschiedene Handlungsoptionen geprüft und darauf basierend ein Massnahmenpaket geschnürt. Die Hauptmassnahme ist Preiserhöhungen im Ausland umzusetzen. Die Preiserhöhungen werden je nach Produktekategorie festgelegt. Gefordert ist Emmi auch intern mit zusätzlichen Kostensparmassnahmen und Effizienzsteigerungsprogrammen in den Betrieben, wodurch sie nochmals deutlich Kosten reduzieren wird. Als ergänzende Massnahmen verhandelt Emmi die Preise mit internationalen Lieferanten neu.


Dennoch bleibt der Eindruck, die Verarbeiter seien sich der Verantwortung zum Erhalt der Milchproduktion und Inlandversorgungssicherheit zu wenig bewusst.

Es ist allen bewusst, dass die Milchpreise ohnehin schon auf tiefem Niveau sind. Nur, vom SNB-Entscheid und der damit verbundenen Währungskrise ist die ganze Wirtschaft betroffen. Am 15. Januar 2015 wussten wir, dass da etwas auf uns zukommt. Der Rohstoff Milch macht in der Beschaffung/Produktion den grössten Kostenblock in einer Molkerei oder Käserei aus. Ist der Rohstoff noch vom Export abhängig, kann ein Unternehmen gar nicht anders, als auch beim Rohstoff anzusetzen. Das tut nicht nur Emmi, sondern alle anderen exportierenden Milchverarbeiter oder Käsehändler auch. Das Emmi Management will mit allen Massnahmen erreichen, dass wir die Wertschöpfungskette Milch im heutigen Umfang in der Schweiz erhalten können. Das ist ganz im Sinne von uns Milchproduzenten.


Mit welchen Konsequenzen rechnen Sie bei den Milchbauern wegen der Preissenkung? ist da nicht kurz- und mittelfristig eine weitere Welle von Aussteigern zu erwarten?

Stagnieren die Milchpreise auf diesem tiefen Niveau über eine längere Zeit, oder sinken sie noch weiter, werden Milchproduzenten um- oder aussteigen. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass die Milchpreise den grössten Einfluss auf die Mengenentwicklung haben. Sind die Milchpreise länger auf einem guten Niveau, dann wird die Produktion stark ausgedehnt, sind sie längere Zeit auf tiefem Niveau, wird die Produktion zurückgefahren.


Wie wird sich aufgrund der Marktlage der Milchpreis in den nächsten Monaten entwickeln? Sind weitere Senkungen zu erwarten?

Weder die ZMP noch Emmi können den Währungskurs beeinflussen. Wie sich der Euro und Dollar in den nächsten Monaten entwickeln wird, wissen wir nicht. Wir können nur hoffen, dass die beiden Währungen wieder gegenüber dem Schweizer Franken zulegen. Beim Euro glauben wir nicht an grosse Sprünge. Der Dollarkurs hat sich bereits wieder etwas erholt. Zudem stellen wir fest, dass die Talsohle bei den Milchproduktpreisen auf dem Weltmarkt erreicht ist.


Was können Milchbauern in dieser Situation tun?

Die Branche hat bereits gehandelt und fordert dringend politische Massnahmen. So  die Gewährung des Nachtragskredits «Schoggigesetz» im 2015, substanzielle Aufstockung des «Schoggigesetz»-Kredits auf den 1. Januar 2016, Erhöhung der Direktzahlungen und Exportuntersützung. Die Politik könnte die ­prekäre Situation der Milchproduzenten rasch entschärfen, und damit auch einen Zusammenbruch verhindern.


Emmentaler-Käse ist vom schwachen Euro besonders betroffen. Müssen Käsereimilchproduzenten noch mit weiteren grösseren Preissenkung rechnen?

Die Auswirkungen der Währungskrise auf den Käsemarkt werden dramatischer sein als bei der Molkereimilch. Denn hier haben wir den Käsefreihandel. Das heisst, grundsätzlich ist aller produzierte Käse in der Schweiz, Sortenkäse und Indus­triekäse, vollumfänglich dem Wettbewerb ausgesetzt. Im Export sind unsere Produkte massiv teurer geworden, Importkäse ist massiv günstiger geworden. Das hat auf die Käsereimilchpreise umgerechnet durch die Aufhebung des Mindestkurses durch die SNB über Nacht mehrere Rappen pro Kilogramm 
verkäste Milch zur Folge. Die Sortenorganisationen sind nun daran, ihre Massnahmenpakete zu schnüren. Emmentaler hat bereits die Produktionsfreigabe nach unten korrigiert und ein Fonds zur Bewältigung der Krise beschlossen. Dass sich die Käsereimilchproduzenten auch an diesem Fonds beteiligen müssen, ist bereits definiert. Wichtig scheint uns, dass der Schweizer Detailhandel akzeptiert, dass wir den exportierten Käse stützen. Wenn das nicht erreicht wird, dann wird ein grosser Käsereimilchpreiszerfall erfolgen.


Interview Josef Scherer