Es gibt Menschen, die können keine Milch trinken. Sie vertragen die Milcheiweisse und den Milchzucker schlecht oder gar nicht. Für die Milchbranche ist das ein Problem: Sie verliert nämlich Kunden. A2-Milch könnte das wieder verändern. Diese Milch soll aufgrund ihrer Proteinstruktur besonders bekömmlich sein.

Aaremilch ist die erste auf dem Markt

In Australien erwirtschaftete ein Unternehmen mit dem Namen «The A2 Milk Company» 2017 einen Umsatz von umgerechnet über 600 Millionen Schweizer Franken. Den Trend aufgenommen hat bisher die Aaremilch. Mit einem Pilotprojekt und Nestlé als Verarbeiter wollte man A2-Milch im grösseren Stil produzieren, zu Babynahrung verarbeiten und vor allem nach China exportieren. Dem Vernehmen nach wollte man bis mitte Dezember das Projekt lancieren.

Passiert ist das Gegenteil: Denn das Vorhaben bleibt vorerst, was es ist: ein Pilotprojekt. Nestlé will zunächst nichts mehr von A2-Milchprodukten und entsprechenden Projekten wissen.

A2-Milch soll gesünder sein

Das ist insofern überraschend, als dass es in Australien ein Unternehmen gibt, das mit A2-Milch das grosse Geschäft macht. «The A2 Milk Company» verkauft nur A2-Milch. Sie macht das auf der Basis einer einfachen Überzeugung; A2-Milch soll die «Urmilch» sein, also jenes Gemelk, dass dem Menschen in den Jahrtausenden vor der grünen Revolution wunderbar mundete. Erst mit der modernen Zucht ist der Anteil vom Beta-Kasein A1 in der Milch gestiegen. A1-Milch sei gesundheitsschädlich und könne erst noch schlechter verdaut werden.

A2-Milch hingegen könne im Darm besser aufgenommen werden. Wer A2-Milch trinkt, läuft ausserdem weniger Gefahr, krank zu werden.

Keine Vorteile nachweisbar

Nur hat die kleine Geschichte einen Makel: Die Milchverarbeiter dürfen A2-Milch nämlich nicht als «gesündere Alternative» zur normalen Milch anbieten. Die europäische, die US-amerikanische, die neuseeländische und die australische Lebensmittelsicherheitsbehörde haben entsprechende Werbung (auch ­Health-Claims, also Gesundheitsversprechen, genannt) verboten.

Und selbst die Forschungsanstalt Agroscope hält fest, dass 20 Jahre Forschung die Vorteile von A2-Milch nicht belegen konnten. Der Vorteil soll also gar keiner sein.

Nische wächst

Trotzdem glauben die Verantwortlichen der Aaremilch an die A2-Milch. Aus Sicht von Geschäftsführer Donat Schneider seien nämlich erfolgreiche Projekte in anderen Ländern «Beweis für das Potenzial von A2-Milch.» Wie die Fachzeitschrift «Alimenta» schreibt, würden in Neuseeland bereits acht Prozent reine A2-Milch verkauft. Der Marktanteil sei sogar grösser als der von Biomilch.

Selbst in Deutschland würden bereits einige Landwirte auf die Produktion von A2-Milch setzen. Und «The A2 Milk Company» hat alleine 2017 einen Umsatz von über 600 Millionen Franken erzielt und verkauft seine Milch in Australien, China, Singapur, den USA, Grossbritannien und Neuseeland.

Zum Vergleich: Cremo setzte 2017 knapp 500 Millionen Franken um; Branchenprimus Emmi erzielte 2017 im Heimmarkt einen Umsatz von 1,74 Milliarden Franken. Die A2-Milch scheint trotz dem Verbot von Health-Claims ein gutes Geschäft zu sein. Dennoch ist unklar, ob in der Schweiz eine Nachfrage für A2-Milch besteht. Mindestens Emmi ist der Ansicht, dass für den Nutzen von A2-Milch keine «ausreichende wissenschaftliche Basis besteht.»

Wenig Interesse bei anderen Milchverarbeitern

Eine Vermarktung in der Schweiz ist damit wenigstens beim grössten Schweizer Milchverarbeiter nicht vorgesehen. «Wir sind sicher, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis der Markt auch in der Schweiz A2-Milch verlangt», entgegnet Donat Schneider. Die bisher gemachten Erfahrungen sind laut Schneider wertvoll. «Die ersten Aaremilch-Betriebe werden noch im 2019 reine a2a2-Herden haben», sagt er. Was noch fehlt, ist ein Abnehmer für die Milch dieser Kühe.

Hansjürg Jäger