Der gelbe Futterkessel nähert sich. Sofort spitzen die Bündner Strahlenziegen die Ohren. Jetzt liegt keine mehr. Alle wissen, in der Hand von Sina Beck kommt etwas Leckeres daher. «Die Geissen waren mal das Hobby meiner Mama, jetzt haben wir schon 40 davon und sie sind zu unserem zweitwichtigsten Betriebszweig geworden», erzählt die 19-Jährige.

Die Ziegen werden gemolken. Aus ihrer Milch macht Sina Becks Mutter Geissziger, den die Familie im Volg, in der Landi und im eigenen «Verkaufshüschi» an die Leute bringt. Ausserdem verkaufen sie Salsiz und Alpkäse.

 

Steckbrief

  • Name: Sina Beck
  • Alter: 19 Jahre
  • Zuhause: In Grüsch GR
  • Ausbildung: Im dritten Lehrjahr zur Landwirtin

    bei der Stiftung Plankis in Chur GR

Nicht mehr weg

Der Sananggahof liegt auf 600 m ü. M. in Grüsch GR. Hier möchte Sina Beck «nicht mehr weg». Für die junge Frau war «das Pura» schon als Kleinkind das Grösste: «Mein Laufgitter stand im Stall. Später bin ich immer aufgestanden, wenn ich Ätti gehört habe, und bin mit ihm zu den Kühen gegangen.»

Bald schliesst sie ihre Lehre als Landwirtin ab, die sie auf dem Gutsbetrieb Plankis in Chur absolviert hat: Mit 60 Kühen und 100 Ziegen ist er für Bündner Verhältnisse ein Grossbetrieb. «Da ich Kühe und Ziegen liebe, war das dort genau das Richtige für mich.» Kein Wunder ist Tierhaltung in der Berufsschule am Plantahof ihr absolutes Lieblingsfach.

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Zeit, müssig an der Sonne zu sitzen, hat Sina Beck wenig. Das «Pura» ist neben dem Beruf auch ihr grösstes Hobby. Ansonsten fotografiert sie gerne. 

«Nichts zu verlieren»

Als Sina Beck die Ausschreibung für «Lehrling des Jahres» las, dachte sie sich: «Zu verlieren habe ich nichts.» An einem Sonntagnachmittag entstand das Bewerbungsvideo, mit tatkräftiger Unterstützung ihres Freundes. «Er hat mich gefilmt. Es hat schon einige Stunden gedauert, bis wir zufrieden waren und die Tiere wollten auch nicht immer so wie wir.» 

Draussen fährt der Tierarzt vor. Bei einer der 18 Grauviehkühe besteht der Verdacht auf eine Zyste. Sina Beck führt ihn in den Stall, hilft bei der Untersuchung mit, krault die Patientin beruhigend. Der Verdacht erhärtet sich glücklicherweise nicht.

Mit der Milch der Kühe mästet die Familie auf dem IP-Betrieb im Winter 40 Mastkälber. Das Jungvieh ziehen sie selber auf, aktuell sind es 16 Tiere. Vor 20 Jahren stand im Stall noch Braunvieh. «Dann haben wir sechs Stück Grauvieh aus Tirol importiert. Dass wir ganz wechseln würden, war eigentlich nicht vorgesehen.» Aber das Grauvieh sei nicht nur schön, sondern auch die perfekte Kuh für die hiesigen Verhältnisse: «Auf der Alp rennen sie los wie wild. Sie sind fast wie Ziegen», sagt Beck schmunzelnd.

 

5 Kurzinfos

  • Diese Superkraft würde ich mir wünschen: Alle glücklich zu machen.
  • Meine Lieblingstiere: Katzen, Kühe und Ziegen.
  • Mein Lieblingsessen: Ich mag Abwechslung. 
  • Meine Lieblingsarbeit: Alles mit den Tieren.
  • Das mache ich weniger gern: Maschinen reparieren.

«Ziemlich aufwändig» 

Auf die Alp geht sie nicht selbst. «Im Sommer muss ich heuen.» Der kommende Sommer wird ihr erster als Angestellte auf dem Familienbetrieb sein. Sie ist die einzige Kandidatin für die Hofnachfolge. Ihre vier älteren Geschwister haben andere Berufswege eingeschlagen. «Alleine übernehmen werde ich den Betrieb nicht können, er ist ziemlich aufwendig.» Dass ihr Freund auch aus einer Bauernfamilie stammt, könnte also gut passen. Erst mal will sie die Weiterbildung zur Agrotechniker HF in Angriff nehmen.

Obwohl die Situation mit den beiden anstehenden Pflanzenschutz-Initiativen «aktuell schwierig» sei, glaubt Sina Beck an die Zukunft der Schweizer Landwirtschaft. «Vieles wird sich aber sicher ändern, auch wenn die Initiativen abgelehnt werden sollten», wagt sie einen Blick voraus. Ideen für den Familienbetrieb hat sie schon: «Mich würde ein Ziegenbetrieb reizen, wo die Gitzi mit der Milch der Kühe gemästet werden.» Das wichtigste Zuchtziel ist das Exterieur, da die Familie an Ausstellungen geht und Jungtiere an andere Züchter verkauft. «Wir haben unseren Bestand langsam und gezielt vergrössert, damit der Zuchtfortschritt erhalten bleibt und verbessert wird.» Die Bestandesvergrösserung sei nicht geplant gewesen, das habe sich so ergeben.

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«Auf der Alp rennen sie los wie Ziegen»: Das Grauvieh passt perfekt auf den elterlichen Betrieb. 

Berglandwirtschaft vertreten

Nicht nur ihre Tiere macht Sina Beck gerne glücklich. Wenn sie sich eine Superkraft aussuchen dürfte, hätte sie den Wunsch nach viel Harmonie:  «Ich würde es gerne allen recht machen. Oder anders gesagt, alle glücklich machen.» Glücklich würde sie ein Sieg bei «Lehrling des Jahres» machen, weil «ich stolz auf unsere Bündner Berglandwirtschaft, unser Grauvieh und unsere Bündner Strahlenziegen bin.»

Ein besonders stolzes Exemplar seiner Gattung ist Zuchtbock Nemo mit seinen gewaltigen Hörnern. Von den Jungböcken weiss bei aller Verspieltheit jeder, wer hier der wahre Chef ist. Von Sina Beck lässt sich der Prachtskerl gerne streicheln. «Am allerliebsten bin ich bei den Tieren», resümiert sie mit einem Lächeln, das mit dem strahlend blauen Frühlingshimmel über Grüsch locker mithalten kann.

 

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Die BauernZeitung kürt den «Lehrling des Jahres 2021»

Aus über 80 fantastischen Bewerbungen hat die Jury Mitte März 2021 10 Favoritinnen und Favoriten für den «Lehrling des Jahres 2021» ausgewählt. Zwischen dem 16. April 2021 und dem 14. Mai 2021 werden alle 10 Favoritinnen und Favoriten vorgestellt. Pro Woche werden jeweils 2 neue Lernende vorgestellt. Zu jedem Lernenden gibt es einen Artikel und ein Video. Ab Mitte bis Ende Mai folgt das Leser-Voting, bei dem Sie bestimmen, wer schlussendlich der «Lehrling des Jahres 2021» wird. Alle Artikel und Porträts finden Sie im in unserem Dossier

Zum Dossier «Lehrling des Jahres 2021»