Nur ein paar wenige Autominuten von der starkbefahrenen A1 entfernt erstreckt sich der Lehrbetrieb von Gabriel Frei. Steht man aber auf dem Vorhof der Familie Hübscher auf dem Liebensberg könnte man meinen, weit weg von jeglicher Hektik zu sein. Hofhund Finn schleicht zwischen den Tulpenbeeten herum, frische Wäsche baumelt an der Wäscheleine und Schwalben diskutieren lautstark im Tenn. Auf der Hostet hinter dem 45 Hektaren grossen IP-Suisse Betrieb stehen die Kirschbäume in voller Blüte und dazwischen grasen gesellige Brown-Swiss Kühe.

Liebe auf den ersten Blick

«Das hier ist Notina - meine Lieblingskuh», kündigt der begeisterte 21-jährige an und marschiert gezielt auf eine eher dunklere Kuh in der Herde zu. Als hätte sie auf den Lehrling gewartet, schreitet auch sie auf Gabriel Frei zu und lässt sich ausgiebig von ihm kraulen. «Sie ist zwar keine Hochleistungskuh, aber es war Liebe auf den ersten Blick», scherzt Gabriel und strahlt übers ganze Gesicht. Dieses Strahlen scheint ihn während dem ganzen Dreh nie vom Gesicht zu weichen. Und es würde einem nicht erstaunen, wenn ihm diese Freude auch im Alltag auf dem Betrieb nicht vergehen würde. Denn die Frage, welche Arbeit der angehende Landwirt am wenigsten gerne verrichtet, retourniert er nach langem Überlegen mit der Gegenfrage «mues ma da öpis säge?».

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Melk- statt Bürostuhl

Sein Herz schlägt aber nicht nur für die Landwirtschaft, sondern auch für die Informatik. Nach seiner ersten Lehre zum Kaufmann beim Schweizer Bauernverband war er sich nicht sicher, ob er dem Informatik-Pfad folgen, oder doch einen Abstecher in die Landwirtschaft machen will. Schlussendlich verliess sich Gabriel Frei auf sein Bauchgefühl und entschied sich für den Melk- statt für den Bürostuhl.

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«Das war eine gute Entscheidung», zementiert der junge Aargauer und lächelt. Ganz an den Nagel gehängt hat er seine zweite Leidenschaft jedoch nicht. Bescheiden erklärt Gabriel Frei, wie er sich in seiner Freizeit selbständig gemacht hat und für Hofläden oder den Turnverein Webseiten kreiert.

 

5 Kurzinfos

  • Diese Superkraft würde ich mir wünschen: Genügend Kraft, um den Milchpreis anzuheben.
  • Meine Lieblingstiere: Kühe, Alpaka, Raubkatzen.
  • Mein Lieblingsessen: Pizza (Hawaii). Aber das darf kein Italiener wissen.  
  • Meine Lieblingsarbeit: Die Morgenroutine; Kälber tränken und den Stall machen.
  • Das mache ich weniger gern: »Muss man dazu etwas antworten?»

Hat immer eine Zukunft

Die Landwirtschaft ist aber das, was in seinen Augen immer eine Zukunft haben wird. «Solange wir unser Essen noch nicht mit dem 3D-Drucker produzieren, braucht es die qualitativ hochwertige und regionale Lebensmittelproduktion», ist Frei überzeugt. «Ich finde es wichtig, mit den Konsumentinnen und Konsumenten im Dialog zu stehen. So kann man zeigen, woher die Lebensmittel stammen und wieso wir das machen, was wir machen. Ein gutes Beispiel dazu ist der Pflanzenschutz. Wir machen das ja nicht, um die Mittel einfach auszubringen, sondern eben um unsere Kulturen zu schützen».

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Gabriel Frei kontrolliert die angehängte Sämaschine und steigt in den New Holland, der in der Hofeinfahrt bereitsteht. Hofhund Finn schaut dem Lehrling fragend nach. «Nein, dieses Mal kommst du nicht mit», erklärt ihm Gabriel die ungewohnte Situation, denn normalerweise ist der wenige Platz neben der Kupplung für den Border Collie-Mischling reserviert. Nachdem das die zwei ausgekäst haben, geht es auf zum Blühstreifen Säen.

Kein Tag wie der andere

Es ist die Vielfalt des Berufs, die den jungen Mann antreibt. «Kein Tag ist wie der andere, gerade weil man mit Tieren arbeitet, die nicht immer das machen, was man will. Einmal funktioniert eine Maschine, einmal nicht. Hinzu kommt der Faktor Wetter. Ein derart vielseitiger und herausfordernder Job zu finden ist schwierig – das motiviert mich», sagt er bestimmt.

 

Steckbrief

  • Name: Gabriel Frei
  • Alter: 21 Jahre
  • Zuhause: In Ehrendingen AG
  • Ausbildung: Im ersten Lehrjahr zum Landwirt (Zweitausbildung) bei Martin und Maja Hübscher in Bertschikon (Wiesendangen) ZH

Gabriel Frei wuchs auf einem Landwirtschaftsbetrieb in Ehrendingen im Kanton Aargau auf. Kühe gehören aber erst seit seiner Zweitausbildung zum Landwirt zu seinen Lieblingstieren. «Es ist einfach etwas anderes, ob man mit ihnen arbeitet oder lediglich neben ihnen wohnt», lernte er und beobachtet die Braunviehherde von Weitem. In der Weide unterhalb der Obstanlage machen sich die Kälber bereits für das anstehende Tränken bemerkbar. Immer noch grasen die Galtkühe zwischen den schon fast kitschig blühenden Kirschbäumen. Beinahe erschrocken stellt er fest, dass er diesen schönen Ort am Hügel von Bertschikon ZH nie kennengelernt hätte, wenn er die Lehre nicht angetreten wäre.

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Wo Gabriel Frei in fünf Jahren stehen wird, hängt davon ab, welche Leidenschaft überhand nimmt. «Es würde mich reizen, die HAFL zu machen, aber genauso interessiert bin ich in die Digitalisierung. Wer weiss, vielleicht mache ich einfach beides», schliesst er ab und macht sich parat für in den Stall.

 

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Die BauernZeitung kürt den «Lehrling des Jahres 2021»

Aus über 80 fantastischen Bewerbungen hat die Jury Mitte März 2021 10 Favoritinnen und Favoriten für den «Lehrling des Jahres 2021» ausgewählt. Zwischen dem 16. April 2021 und dem 14. Mai 2021 werden alle 10 Favoritinnen und Favoriten vorgestellt. Pro Woche werden jeweils 2 neue Lernende vorgestellt. Zu jedem Lernenden gibt es einen Artikel und ein Video. Ab Mitte bis Ende Mai folgt das Leser-Voting, bei dem Sie bestimmen, wer schlussendlich der «Lehrling des Jahres 2021» wird. Alle Artikel und Porträts finden Sie im in unserem Dossier

Zum Dossier «Lehrling des Jahres 2021»