Es gibt in der Landwirtschaft eine Vielzahl von Vereinen, Genossenschaften oder Arbeitsgruppen. Nur selten werden diese aufgelöst. Das wäre aber manchmal durchaus sinnvoll, insbesondere wenn sie den statutarischen Zweckartikel nicht mehr mit Inhalten füllen können, wie das beispielsweise mit der Schweizerischen Reformierten Arbeitsgemeinschaft (Srakla) der Fall war.

AboBäuerliche HilfsangeboteStrategiewechsel beim bäuerlichen SorgentelefonMittwoch, 2. Juli 2025 Die Srakla wurde 1994 gegründet und thematisierte in den kirchlichen Institutionen Agrarfragen und umgekehrt ethische und soziale Anliegen in der Landwirtschaft. Zudem beteiligte sie sich an Vernehmlassungsverfahren zu landwirtschaftlichen Gesetzesvorlagen und organisierte Weiterbildungen für Bäuerinnen und Bauern sowie Pfarrer(innen).

Die Srakla war im vergangenen Jahrzehnt fast vollständig von der bäuerlichen Bildfläche verschwunden, aber gehörte immer noch zum Trägerverein des Bäuerlichen Sorgentelefons. Statt sich aufzulösen, beschloss der Verein einen Zusammenschluss mit dem Bäuerlichen Sorgentelefon, das die Srakla vor rund 30 Jahren mit dem Verband Katholischer Bäuerinnen, der Schweizerischen Katholischen Bauernvereinigung und der Agridea gegründet hatte. Die Aufgabenteilung war damals klar: Die Srakla äusserte sich zur Agrarpolitik und zu ethischen Fragen in der Landwirtschaft. Das Sorgentelefon war als Verein unabhängig und rein operativ in der bäuerlichen Telefonseelsorge tätig.

Die erste strategische Partnerschaft

Der jetzige Vorstand des Bäuerlichen Sorgentelefon besteht nach der Integration der Srakla seit dem 1. Januar 2025 aus drei ehemaligen Srakla-Mitgliedern und drei Mitgliedern, die schon beim Bäuerlichen Sorgentelefon im Vorstand waren. Auf Jahresbeginn gleisten sie sogenannte strategische Partnerschaften auf. Als Erstes mit dem Verein «Faire Märkte Schweiz», der das gleich in einer Medienmitteilung unter dem Titel «Faire Märkte Schweiz spannen zusammen – Bäuerinnen und Bauern bekommen Hilfe im Kampf gegen die Marktmächtigen» bekannt gab.

Nationalrat und Sorgentelefon-Präsident Hans Jörg Rüegsegger kündigte an, dass noch weitere strategische Partnerschaften geplant seien, beispielsweise mit dem Schweizer Bauernverband.

Ein kleiner Lichtblick

Früher war nicht alles besser. Es war halt anders. Die Gründung des Sorgentelefons war ein kleiner Lichtblick. Dort konnte man seine Sorgen abladen und traf auf vorurteilsfreie Zuhörer(innen), die weder mit Verbänden, Amtsstellen noch mit Politik und Nachbarn verbandelt waren. Vor 30 Jahren gab es noch rund 80 000 Bauernbetriebe in der Schweiz. Heute ist deren Zahl auf rund 47 000 gesunken. Das ist ein kleiner Teil der Bevölkerung. Manchmal hat man das Gefühl, jeder kenne jeden – und Amtsstellen, Organisationen und Interessengemeinschaften wissen auch immer gleich, von wem die Rede ist.

Seit 1996 vergrösserte sich die Fläche pro Betrieb und die Spezialisierung nahm zu. Leider auch die Verschuldung. Das bestätigt auch Dierk Schmid von der Zentralen Auswertung von Buchhaltungsdaten bei Agroscope. Er sagt: «Seit 1996 hat sich das langfristige Fremdkapital von Fr. 260 000.– auf Fr. 550 000.– bei unseren Buchhaltungsbetrieben verdoppelt, mit einem heutigen Verschuldungsgrad von rund 50 %.» Was durchaus ein Grund zur Sorge ist, wenn es beispielsweise um die Vorsorge oder die Hofübernahme geht.

Die Bauernfamilien sind heute noch viel mehr als früher vom Staat, vom Vollzug, von der Politik, vom Markt und vom Kapital abhängig. Dabei hat auch die Digitalisierung das ihre beigetragen.

Es wäre schön, mit jemandem zu reden, der keine Eigeninteressen verfolgt

Manch einer fühlt sich all diesen von aussen kommenden Anforderungen, Vorschriften und Kontrollen ausgeliefert. Gewiss, das Sorgentelefon kann keine Probleme lösen, früher nicht und auch heute nicht. Aber ach, wie schön wäre es, mal wirklich mit jemandem zu reden, der die Sprache der Landwirtschaft spricht, nirgends verbandelt ist und keine Eigeninteressen verfolgt.

Die Kehrseite ist, dass man als kleine Organisation wie eine Insel in der Branche ist. Keine Akteure in den eigenen Reihen hat, welche die Anliegen von Bauernfamilien in schwierigen Situationen weitertragen. Auch bei Vernehmlassungen wird man als kleine Organisation schlichtweg links liegen gelassen. Seit die Srakla von der Bildfläche verschwunden ist, fehlen für sozial-ethische Themen schlichtweg die Lobbyisten. Dafür hat das heutige Bäuerliche Sorgentelefon mit den strategischen Partnerschaften eine Lösung gefunden. Bleibt zu hoffen, dass diese Strategie aufgeht, sodass das Sorgentelefon auf diese Weise nicht nur Spenden akquirieren kann, sondern auch zum Sprachrohr für bäuerliche Sorgen und Existenzängste wird.

Es braucht das Bäuerliche Sorgentelefon. Dort erkennt man vielleicht Wege, wie man mit Problemen umgehen kann, deren Lösung man nicht in der eigenen Hand hat. An dieser Stelle gehört ein grosses Lob und Dankeschön an die Mitarbeitenden, die auf ehrenamtlicher Basis den Telefondienst übernehmen.