Was wäre in der Schweiz der Nationalfeiertag am 1. August ohne Brunch auf dem Bauernhof? Für viele undenkbar. Seit über 30 Jahren ist der Anlass bei vielen fester Bestandteil in der Agenda. Während die Nachfrage der Konsument(innen) ungebrochen hoch ist, verzeichnet der Schweizer Bauernverband (SBV) einen Rückgang bei den Anbietern. Im vergangenen Jahr boten 281 Betriebe schweizweit den Brunch an, heuer haben sich erst 126 Betriebe angemeldet. Warum dieser Rückgang, wenn man bedenkt, dass der Anlass die Gelegenheit bietet, der Landwirtschaft ein Gesicht zu geben und direkt mit Konsumenten in Kontakt treten zu können?
Lachende Menschen, reichhaltige Buffets
Diese Frage ist wohl einfach zu beantworten. Der Aufwand, um einen Brunch für Gäste auszurichten, ist sehr hoch. Und besonders hoch ist er für diejenigen Betriebe, die nicht bereits im normalen Alltag auf Gästebetreuung ausgerichtet sind. Sie können im Nachgang des Brunchs auch nicht davon profitieren, dass sie neue Kundschaft für ihr Direktvermarktungsangebot finden konnten. Am 1. August selbst und die Tage danach sind in den Tagesmedien und den sozialen Medien Bilder von Brunchs auf dem Bauernhof omnipräsent. Dabei ähneln sich die Fotos meist. Zu sehen sind lachende Menschen, reichhaltige und schön hergerichtete Buffets mit Fleisch- und Käseplatten, grosse Pfannen voller Rösti und Spiegeleiern, Gläser mit diversen Konfitüren-Sorten, Blumenschmuck und Edelweiss-Sujets. Solche Bilder sind gut und wichtig für das Image der Landwirtschaft.
Frühzeitig anfangen
Doch wie sieht es bei den Bauernfamilien aus? Die Organisation eines 1.-August-Brunchs beginnt nicht erst drei Wochen vor dem Anlass. Bis Ende April kann die Anmeldung als Brunchanbieter auf dem Bauernportal des SBV gemacht werden. Frühzeitig müssen auch die Helfer(innen) angefragt werden. Wer zudem einen WC-Wagen, Geschirr, Kühleinheiten, sowie Tische und Bänke mieten muss, tut gut daran, dies bereits jetzt zu tun, falls es nicht bereits geschehen ist. Wer den Blumenschmuck selbst ziehen will, muss sich überlegen, was benötigt wird und mit Aussäen beginnen. Wenn die Dekoration nicht selbst hergestellt werden kann, sind Sonnenblumen eine gute Wahl, tolle Dekorationen zu zaubern.
Gastgewerbliche Einzelbewilligung
Wichtig ist das Einholen der gastgewerblichen Einzelbewilligung. Das Gesuch muss bei der Gemeinde eingereicht werden und wird dann an das Regierungsstatthalteramt weitergeleitet. Dieses ist für das Ausstellen der Bewilligung zuständig ist. Später gilt es, die eingehenden Anmeldungen, die vereinzelt bereits jetzt schon eintrudeln, zu verwalten und rechtzeitig auf seinem Online-Auftritt im Bauernportal die Meldung «ausgebucht» zu machen. Das Brunchangebot wird nicht nur auf der Brunch-Website des SBV veröffentlicht, sondern ist auch auf Seiten wie derjenigen von Schweiz Tourismus zu finden.
Beim erstmaligen Anbieten des Brunchs stellen sich unzählige Fragen. Auf dem Bauernportal des SBV gibt es Hilfslisten und Informationen, sowie Material für die Werbung. Ob ein Brunch für 30 Personen, für 100 oder auch für 500 Personen ausgerichtet wird, entscheidet jede Familie selbst. Das Angebot soll lokal, saisonal, einiges auch selbstgemacht sein. Ob Einweggeschirr oder doch «richtiges» Geschirr zum Einsatz kommt, muss jede Gastgeberfamilie für sich selbst entscheiden.
Pötzlich ist der Tag da
Und dann, nach zahlreichen Stunden der Planung, Organisation, Putzen des Hofes, Erstellen der Dekorationen und der Tischordnung, Kochen von Konfitüre, Einrichten des Festplatzes, Backen von Brot und Zopf, etc. ist der Tag plötzlich da. Wenn die ersten Gäste eintreffen, sich am Buffet, sowie die Kinder sich am Spielzeugfuhrpark erfreuen, sind alle Mühen und allfälligen Probleme vergessen. Als Betriebsleiter empfiehlt es sich, sich am Anlass selbst keinen fixen Job in der Küche oder am Buffet zuzuteilen, sondern Zeit zu haben, sich um die Gäste kümmern, ihnen den Hof und die Herkunft ihres Essens zu zeigen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Eben, der Landwirtschaft ein Gesicht zu geben.
Ein Plus ist das höchste der Gefühle
Viel Geld verdienen lässt sich mit dem Brunch auf den meisten Betrieben nicht. Dazu ist der Aufwand, der betrieben werden muss, zu gross. Müssten die Preise so hoch angesetzt sein, dass alle Kosten, auch jene für die Stunden der Betriebsleiter und der Helferinnen gedeckt sind, kämen wohl keine Konsumenten zu Besuch. Mehr als ein Plus in der Abrechnung, das für ein Helferfest oder bei einigen Betrieben gar für einen Helferbatzen reicht, darf nicht erwartet werden. Dafür werden die Organisatoren mit tollen Begegnungen und Rückmeldungen belohnt. Ob das einer Bauernfamilie reicht, unter all diesen Gesichtspunkten den Aufwand auf sich zu nehmen, um den Brunch anzubieten, muss jede Familie für sich selbst entscheiden. Es gibt dabei kein richtig oder falsch.
Aber wer weiss, vielleicht erinnert sich der eine oder andere Gast an den tollen Tag und die Gespräche auf dem Hof zurück. Es könnte ja sein, dass er sich dann zweimal überlegt, was er in den Einkaufswagen legt, oder seine Meinung bei der nächsten Abstimmung, die gegen die Landwirtschaft gerichtet ist, nochmals überdenkt – es wäre zu hoffen.