Sie haben über 20 Jahre zum Thema Ernährung und Verpflegung unterrichtet. Welche Trends haben Sie erlebt?

Marlis Hodel: Heute werden deutlich weniger Fett, Zucker und Salz eingesetzt. Ein Mittagessen war früher grundsätzlich ein Dreigänger mit einem Hauptgang aus Fleisch, Gemüse und Stärkebeilage. Heute ist man da flexibler, Spaghetti mit Sauce und Salat gehen gut als Menü. Eintopfgerichte sind beliebt, es muss im Alltag schnell gehen, aber trotzdem ausgewogen sein und schmecken. Ein grosses Thema der vergangenen Jahre ist das vegetarische Kochen, und kürzlich besuchte zum ersten Mal eine Veganerin das Modul Ernährung und Verpflegung des Fachkurses Bäuerin. Das war organisatorisch zwar recht aufwendig, dafür total spannend. Eine Gruppe kochte jeweils vegan, die anderen haben immer von diesem Essen probiert und verglichen. Daraus sind viele gute Diskussionen entstanden.

«Die Frauen wollen im Alltag nicht ‹bäschele›.»

Effizientes Kochen war ein wichtiges Thema in der Schulküche.

Wie erleben Sie die Bäuerinnen, die heute den Unterricht besuchen?

Die jungen Frauen sind selbstbewusst und wollen Verantwortung übernehmen, ihr Können ist auf den Betrieben sehr gefragt. Ein grosser Teil von ihnen arbeitet zusätzlich extern, darum muss der Haushalt effizient geregelt sein. Beim Kochen im Alltag wollen die Frauen nicht «bäschele». Sie meistern eine grosse Herausforderung, wenn sie Familie, Haushalt, externe Arbeit und dann auch noch den Unterricht an der Liebegg unter einen Hut bringen.

Wie hat sich das hauswirtschaftliche Wissen verändert?

Das ist definitiv kleiner geworden, das Bildungsangebot wurde ja auch reduziert. Basiswissen ist verloren gegangen, es wird weniger gekocht. Einmal hatte ich zum Beispiel eine Schülerin, deren Lieblingsgemüse Brokkoli war. Sie kannte ihn aber nur aus der Tiefkühlpackung und brachte dann in der Schulküche zum ersten Mal einen gartenfrischen Brokkoli in die Pfanne.

Auch bei den Techniken, Hilfsmitteln und natürlich den Produkten hat sich viel verändert. Im Lebensmittelbereich ist das Angebot heute riesig und es ist nicht ganz einfach, sich da zu orientieren.

War es nie ermüdend, im Unterricht immer wieder mit dem Koch-ABC anfangen zu müssen?

Nein, das fand ich nie ermüdend. Bei den Kursen konnte ich eigene Ideen umsetzen und der Unterricht wurde durch die Kombination aus Basiswissen und neuen Entwicklungen spannend. Und natürlich die motivierten Frauen! Die kamen ja alle freiwillig her und wollten etwas lernen, sie waren sehr interessiert, brachten eigene Perspektiven und Wissen mit. Das war immer eine Freude. Auch, wenn es Aha-Erlebnisse bei den Absolventinnen gab – zum Beispiel, dass Menüplanung zwar Zeit braucht, aber im Endeffekt viel mehr Zeit einspart.

Ich glaube, es gab in all den Jahren keine fünf Tage, wo mir die Liebegg hätte gestohlen bleiben können.

Welcher Küchenuntugend sind Sie häufig begegnet?

Ich habe den Frauen jeweils bald einmal gesagt, dass sie einen Kellentopf aufstellen sollen statt das Kochbesteck auf der Arbeitsfläche herumliegen zu lassen. Das ist unhygienisch und ein Unfallrisiko. Und ich mag es einfach lieber ordentlich.

Gab es einen Lieblingskurs?

Vieles habe ich in guter Erinnerung. Zum Beispiel den Tapas-Kurs, zu dem bekam ich auch von den Kursteilnehmerinnen begeisterte Rückmeldungen. Diese Häppchen sind einfach praktisch, gerade auch für Gäste, da kann man für jeden Geschmack etwas machen und gut vorbereiten und hat nachher Ruhe zum Essen und Plaudern.

«Ach, ich bin sehr unkompliziert.»

Wenn Marlis Hodel selber bekocht wird, gibt sie dazu nie Kommentare ab.

Wie kochen und essen Sie privat?

Wenn ich Gäste habe, mache ich oft etwas im Ofen, da bleibt mir Zeit für meinen Besuch. Für mich selber darf es gerne einfach sein. Nach den Ferien zum Beispiel freue ich mich auf Gschwelti mit Käse und Gürkli.

Wie ist es, wenn Sie selber zum Essen eingeladen sind?

Ach, ich bin sehr unkompliziert. Und ich kommentiere nie etwas.

Das Lächeln ist geblieben

Vor über 22 Jahren startete Marlis Hodel am LZ Liebegg mit einem befristeten Teilzeitpensum als Lehrperson im Fachkurs Bäuerin. Aus der Aushilfsstelle wurde eine Festanstellung. Diesen Juli – schon ein Stück über das ordentliche Pensionsalter hinaus – hat sie sich von ihrer letzten Klasse verabschiedet und verlässt die Liebegg Ende August.

Die gelernte Hauswirtschaftslehrerin war lange Zeit Lehrgangsverantwortliche für die Fachleute Hauswirtschaft und hat die Bäuerinnen unterrichtet. Dabei hielt sie mühelos die ganze Küche im Überblick, flink auf den Beinen und mit einem heiteren Lächeln im Gesicht, das sich höchstens nach der x-ten Ermahnung an den Kellentopf leicht abschwächte. Marlis Hodel war massgeblich beteiligt am Aufbau des Haushaltservices der Aargauer Landfrauen und des Kombijahrs Hauswirtschaft. Hunderte von Frauen, seltener Männer, haben einen ihrer Kurse rund um das Thema Kochen und Ernährung besucht. 

Die Mutter von drei erwachsenen Kindern wohnt mit ihrem Mann in Ballwil, betreut regelmässig ihre vier Enkelkinder und freut sich darauf, künftig spontaner und häufiger in die Berge zum Wandern zu gehen.