Heute ist das Webergut keine Augenweide: Ein altes Bundesverwaltungsgebäude in einem Industriegebiet, davor ein grosser Parkplatz. An einem improvisierten Rednerpult aus aufgestapelten Vorkeimkisten stehend verglich Matthias Tobler seine Kindheit auf einem Bauernhof mit den Visionen für diesen Ort: «Es war immer das Grösste, wenn Vater ein Bauprojekt plante. Dann sassen alle am Tisch und haben mitdiskutiert. Noch heute kann ich über den Betrieb gehen und sagen: Das war meine Idee, da war ich beteiligt», erinnert er sich. So soll es dereinst auch den Bewohnenden des Weberguts gehen.

Tobler ist ein «Dorfpionier» bei den Urbanen Dörfern, die neue Formen des Zusammenlebens vorantreiben. Zuerst wird die Gemeinschaft gebaut, dann der Wohnraum – so lautet das Credo der Gruppe. Unter diesem Vorzeichen wurden Interessierte am 6. November ins Webergut eingeladen, um sich zu informieren und ihre Ideen einzubringen.

Eigener Anbau und Direktlieferungen 

Neben einem nachhaltigen Umgang mit Ressourcen, einer lebensdienlichen Architektur und gelebter Nachbarschaft haben sich die Dorfpioniere auch zukunftsfähiges Konsumieren auf die Fahnen geschrieben. Schliesslich sei die Ernährung ein wichtiger Hebel bei der Reduktion von Treibhausgasen, erläuterte Matthias Meier von der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL. Er gehört zu einem Team von Ernährungswissenschaftlern, die das Projekt begleiten und die Ökobilanz des Konsums im Webergut untersucht. Um diese ausgeglichen zu halten, steht der eigene Anbau im geplanten Park, auf und im Gebäude im Raum.

Um sich auch über Gartengemüse hinaus nachhaltig versorgen zu können, wird ein Quartierladen diskutiert, der von lokalen Produzenten beliefert wird. Für die Landwirt(innen) würde das einen sicheren und unkomplizierten Absatzmarkt bedeuten. Die Genossenschafter und zukünftigen Bewohnenden der rund 100 geplanten Wohnungen im Webergut könnten ausserdem auf dem Feld mithelfen – sofern ein entsprechendes Bedürfnis besteht.

Berner Bio-Offensive schafft Kontakte

Die Bio-Offensive im Kanton Bern läuft bisher erfolgreich. (Symbolbild/ji)BernDie Berner Bio-Offensive fokussiert auf den MarktFreitag, 20. August 2021 Bedürfnisse sind das Stichwort, denn noch befindet sich das Webergut quasi in der Keimungsphase. Die landwirtschaftliche Praxis ist durch einzelne bäuerliche Genossenschafter(innen) und die Berner Bio-Offensive vertreten. «Die Führung liegt bei den Urbanen Dörfern. Wir können beispielsweise einen Produktekatalog erstellen und Kontakte vermitteln», erklärt Christian Ramseier, Projektleiter bei der Bio-Offensive. Mit dem Oberziel einer besseren Wertschätzung für Berner Bio-Produkte verfolge man das Teilprojekt innovative Vermarktung und könne am Beispiel des Weberguts neue Ladenkonzepte erstellen bzw. prüfen. «Ausserdem wollen wir auch ausserhalb des bestehenden Bio-Netzes aktiv werden und uns mit Start-Ups vernetzen», so Ramseier. Dort fehle in der Regel ein landwirtschaftlicher Kontakt.

Das Webergut ist nicht das einige Projekt der Dorfpioniere. Und es gibt Bestrebungen, das Konzept auch in anderen Kantonen umzusetzen. Die lokale Versorgung dürfte überall zentral sein.

Weitere Informationen: www.urbanedoerfer.ch