Die Frau, die zur Tür des geräumigen Ranchhauses kommt, sagt, Jackie sei krank. Dann gibt es wohl heute kein Interview. Eine Stimme ruft von hinten: Doch, sie wolle es durchziehen. Typisch Jackie Dickson.

An Grossanlässen gekocht

Zuerst muss ein Kaffee her. Dann lässt sich die kanadische Ranchersfrau aus der Provinz Yukon in einen weichen braunen Ledersessel sinken, die Hände um den Kaffeebecher. Leise erzählt sie: In der letzten Woche hatten sie für einen Event für 100 Personen in der eigenen Grossküche vorgekocht, und dann in Dawson City, 530 Kilometer nördlich von Whitehorse, die Leute am Event verköstigt.

Ende der Woche das Gleiche für 250 Personen in Haines Junction, Alaska, 160 Kilometer westlich. Dazwischen einige kleinere Events und eine Pferdeshow mit ihrem Andalusier-Pferd. «Jetzt will der Körper seine Ruhe.»

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Land gerodet

Alles begann damit, dass Jackie Dickson mehr Platz suchte für ihre Pferde. 2006 fanden sie und ihr Mann Scott Dickson diese kleine Ranch, 30 Kilometer ausserhalb der Stadt Whitehorse. Damals arbeitete sie noch im Strassenministerium der Provinz Yukon. Sie mussten das Land zuerst roden, Wurzeln und Steine von den neuen Feldern entfernen.

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«Das war sehr harte Arbeit!» Sie hielten Schafe, riefen ihre Freunde zusammen, um bei der Schur zu helfen. Jackie Dickson kochte für alle. «Bald kamen die Leute schon nur, um das gute Essen zu geniessen», erzählt sie und lacht. «Das war der Anfang des Catering-Gedankens.» Zu den Schafen kamen 25 Mutterkühe hinzu. Ihr Mann Scott ist gelernter Metzger und verarbeitet das Fleisch auf der Ranch. Der Grossteil ihrer Fleischprodukte wird für das Catering-Unternehmen verwendet.

Irische Wurzeln

Die Landwirtschaft und das Catering, beides liegt Jackie Dickson im Blut. Ihr Grossvater in Irland war passionierter Bauer. Als Kind flog sie in den Sommerferien oft zu den Grosseltern. Ihre Eltern führten ein Hotel auf Vancouver Island, British Columbia, wo sie oft und gerne aushalf. «Andere glücklich zu sehen, macht mich glücklich», stellte sie dort fest.

Sie begann die Hotelfachschule, entschied sich dann aber für ein Business-Studium. Einen Teil des Unistudiums finanzierte sie durch die Arbeit als Kellnerin. Immer strebte sie an, die Beste zu sein, in allem, was sie unternahm.

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Vor drei Jahren liess sich die 60-Jährige frühzeitig pensionieren. Damals erwarb das Paar ein kleines Catering-Unternehmen, das mobiles «Schwein am Spiess» anbot. Immer wieder werden sie gefragt, warum sie in ihrem Alter so etwas noch begonnen haben? Weder Jackie Dickson noch Scott können es sich vorstellen, nur noch «vor dem Fernseher zu sitzen oder Golf zu spielen».

«Muss Geld einbringen»

Doch nur um die Zeit totzuschlagen, führt Jackie Dickson kein Geschäft. «Wenn wir das machen, muss es Geld einbringen.» Am Anfang war es wie bei jedem neuen Geschäft, sie legten finanziell drauf. Mittlerweile kann sie sich die Events, an denen sie das Catering machen, auswählen.

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Nun muss Jackie Dickson das Futter für ihre reinrassigen Hundewelpen aufkochen. Derweil erzählt sie weiter. Grossartig war es, für ein Treffen des kanadischen Premier Ministers Justin Trudeau mit den indigenen Chiefs (Stammesführern) vom Yukon zu kochen. Ihre blauen Augen leuchten auf, die Stimme wird fest und klar. Das sei ein Festmahl gewesen, alles aus Yukon-Produkten: «Das war gewaltig fein!» Überall standen Securitas-Kräfte.

Jackie und Scott Dickson und ihre Crew kochen immer wieder für Anlässe der Indigenen, zum Beispiel bei den Jahresversammlungen der Bands, eine grosse Ehre für sie.

«So eine schöne Kultur»

Scott ist Indigener, gehört zur Ta’an Kwach’an First Nations bei Burwash Landing, für die Jackie jahrelang die Finanzen prüfte. «Es ist so eine schöne Kultur», sagt sie. «Ich fühle mich sehr geehrt, dass sie mich reinlassen.» Anstatt, dass Weisse die Oberhand haben, dienen sie hier den Indigenen.

«Die meisten Weissen lernen nie ihre wirkliche Kultur kennen», behauptet Jackie Dickson. Die Menschen seien sich ihrer Vorurteile meist gar nicht bewusst. Sie würden jene sehen, die in der Stadt herumlungern und meinten, alle seien so.

Jetzt ist es Zeit, die Welpen zu füttern. Sechs kleine Wollknäuel stürmen ihrer Köchin entgegen. «Das sind die letzten Welpen, die wir züchten», sagt Jackie Dickson. «Wir werden älter, es liegt einfach nicht mehr alles drin.» Sie möchte mehr Zeit haben für ihre Pferde, die in einer Koppel daneben stehen.

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Eventraum mit Glasfront

Zukunftsträume? Oh ja, die hat Jackie Dickson durchaus. Wieder leuchten ihre Augen auf. Die Pläne für einen grossen Eventraum auf der Ranch, mit Glasfront und Bergsicht hat sie schon gezeichnet. So etwas fehle noch im Grossraum Whitehorse, erzählt die umtriebige Rancherin. Ihre Events auf der Ranch abzuhalten, statt immer unterwegs zu sein, würde vieles für das Paar vereinfachen. Es gibt noch Schwierigkeiten mit der Versicherung. «Aber das kriegen wir auch hin», zeigt sie sich zuversichtlich.

5 Fragen an Jackie Dickson
 
Worüber können Sie lachen?
Über Baby-Lämmer.

Welches Kompliment freut Sie?
Wenn die Menschen so richtig happy sind mit dem Essen, das wir für sie gekocht haben.

Welches ist Ihr Lieblingslied?
«Mandy you came and you gave without taking» von Barry Manilow.

Welche lebende oder verstorbene Person würden Sie gerne einmal persönlich treffen?Guy Fieri. Er hat eine Kochshow und besucht verschiedene Restaurants. Ich würde mich riesig freuen, wenn er auch zu uns käme!

Welches Menü gelingt Ihnen immer?
Schwein am Spiess oder Eier Benedict auf Bannock mit Scotts Schinken und Crevetten.