Ein Betrieb muss wirtschaftlich und ökologisch sein, aber auch die soziale Nachhaltigkeit gewinnt immer mehr an Bedeutung. Dabei steht das Wohlergehen des Menschen im Zentrum. Sie zu messen, ist aber ungleich schwieriger als es bei der Wirtschaftlichkeit der Fall ist. Ein internationales Forscherteam von Agroscope, dem Thünen-Institut und der Universität Hohenheim hat nun einen einfach messbaren, aber aussagekräftigen Indikator gefunden.

Übliche Indikatoren wenig hilfreich

Wie die Forschenden in einem Beitrag in «Agrarforschung Schweiz» festhalten, sind bisherige Indikatoren der sozialen Nachhaltigkeit für die landwirtschaftlichen Familienbetriebe hierzulande wenig aussagekräftig. Sie würden sich nämlich primär auf Aspekte beziehen, die für Arbeitnehmende wichtig sind – etwa die Möglichkeit, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Auf Schweizer Betrieben wird die Arbeit aber oft von Familienangehörigen übernommen.

Zu viel Arbeit macht krank

In der einheimischen Landwirtschaft ist laut den Autoren vor allem die Arbeitsbelastung ein Problem hinsichtlich der sozialen Nachhaltigkeit: Je nach Berechnungsweise arbeiten Landwirt(innen) im Durchschnitt 60 Stunden pro Woche oder mehr. «Da Arbeitsüberlastung erhebliche gesundheitliche Folgen, darunter Burnout, haben kann, ist sie ein plausibler Indikator für soziale Nachhaltigkeit», so die Schlussfolgerung.

In den Talregionen eher überlastet

Das Forscherteam hat die Arbeitsbelastung als Verhältnis zwischen den verfügbaren und den erforderlichen Arbeitsressourcen basierend auf dem Arbeitszeitbedarf erfasst und in einer Pilotstudie für 60 Milchviehbetriebe berechnet. Dieser Betriebstyp sei am häufigsten von Überlastung betroffen und ausserdem in der Schweiz dominierend. Es zeigten sich folgende Resultate:

  • Etwa ein Drittel der Betriebe leidet unter potentieller Überlastung.
  • Die Überlastung in Talregionen ist grösser als im Berggebiet.

Zu letzterem Fazit ergänzen die Autoren aber, dass vermutlich auch der Grad der Mechanisierung und die Auslagerung von Arbeiten an Lohnunternehmen eine Rolle spiele, die im Tal ausgeprägter seien. Diese Faktoren seien in Zukunft ebenfalls zu berücksichtigen. Immerhin konnten die Resultate der Pilotstudie und damit der Wert der Arbeitsbelastung als Indikator mit einer aufwändigeren Berechnungsmethode bestätigt werden.

Vergleiche könnten Verbesserungen bringen

Für die Pilotstudie kamen Daten von Betrieben aus dem Jahr 2013 zum Einsatz, die in anonymisierter Form zufällig aus der AGIS-Datenbank gezogen worden seien. Die Berechnung der Arbeitsbelastung erfolgte mit «Global Work Budget», einem Programm, dass auch im Online-Tool LabourScope von Agroscope genutzt wird. «Der Indikator könnte in Zukunft in Farmmanagement-Informationssysteme wie Barto integriert und automatisiert berechnet werden», schreiben die Forschenden.

Im Weiteren könnte dereinst ein System entwickelt werden, um die Arbeitsbelastung verschiedener Jahre oder unterschiedlicher Betriebe zu vergleichen. Das könnte eine Verbesserung der Arbeitsorganisation durch eine Veränderung in der Produktion bewirken oder die Einstellung einer Arbeitskraft ändern, so die Hoffnung.