Die Schweiz hatte sich für «30 by 30» stark gemacht, wie das Bundesamt für Umwelt (Bafu) im Vorfeld zur Biodiversitätskonferenz im kanadischen Montreal mitgeteilt hat. Nun wurde eine Abschlusserklärung im Sinne der Schweizer Delegation verabschiedet, in der sich die 200 beteiligten Staaten das Ziel setzen, bis 2030 30 Prozent der Land- und Meeresflächen zum Erhalt der Biodiversität unter Schutz zu stellen.

Anteil noch zu definieren

Insgesamt beurteilt das Bafu den Zustand der Biodiversität in der Schweiz als «unbefriedigend». Die Hälfte der Lebensräume und ein Drittel der Arten gelten als bedroht. Gleichzeitig werden verschiedene Massnahmen für den Erhalt der Biodiversität ergriffen. Es ist allerdings zu beachten, dass «30 by 30» eine weltweite Perspektive einnimmt. Das sagt auch Reinhard Schnidrig vom Bafu gegenüber dem SRF-Newsportal. Wie gross der Beitrag der Schweiz ans internationale Ziel sein soll, ist demnach noch nicht bekannt – wobei im selben Artikel Pro Natura klar 30 Prozent fordert. Schliesslich beherberge man hierzulande eine eigene Fauna und Flora und es gehe ausserdem um Glaubwürdigkeit, nachdem sich die Schweiz für «30 by 30» eingesetzt hatte.

Was heisst «unter Schutz»?

Gesamthaft sind laut Bafu derzeit 13,4 Prozent der Schweizer Landesfläche als Gebiete für den Schutz der Biodiversität ausgewiesen. Darin eingerechnet sind Schutzgebiete und Biodiversitätsförderflächen QII. Die Entwicklung der BFF in der Landwirtschaft beurteilt das Amt angesichts einer deutlichen Zunahme seit 2011 als positiv, ihren Zustand generell wegen mangelnder ökologischer Qualität, unpassenden Standorten und regionaler Flächendefizite aber als schlecht.

«Der Anteil der BFF mit Qualitätsstufe II und Vernetzung steigt kontinuierlich, ist aber immer noch zu tief»,

heisst es beim Bafu. 2020 gab es in der Schweiz 73'800 ha BFF QII und 96'600 ha BFF QI, wobei das Amt Letztere nicht zu den Schutzgebieten zählt.

«Ganzheitlich integrieren»

Für die Akademie der Naturwissenschaften steht fest, dass es nicht «nur» Schutzgebiete braucht: Auf dem Drittel der Landesfläche, auf dem Landwirtschaft betrieben wird, brauche es neue Herangehensweisen, heisst es in einem Faktenblatt. Biodiversität müsse ganzheitlich in Produktionssysteme integriert werden. Es ist die Rede von einem «tiefgreifenden Wandel entlang der gesamten Wertschöpfungskette», was also auch entscheidend den Konsum betrifft.

Nicht zuletzt gelte es, gegen Fehlanreize und biodiversitätsschädliche Subventionen vorzugehen.

Der Bundesrat hat Pflöcke eingeschlagen

Wie er sich die Zukunft der Schweizer Landwirtschaft bzw. der Agrarpolitik vorstellt, hat der Bundesrat kürzlich in einem Bericht dargelegt. Standortangepasstheit und mehr Ackerbau für die menschliche Ernährung gehören zu dieser Vision. Die Überprüfung der biodiversitätsschädlicher Subventionen, die eine Studie der WSL identifiziert hat, läuft. Dabei hat der Bund unter anderem den Grenzschutz und Versorgungssicherheitsbeiträge im Visier, die zu optimieren, zu verändern oder abzuschaffen seien. Nicht zuletzt tritt 2024 die Pflicht zu 3,5 Prozent BFF im Ackerbau in Kraft, womit ein Defizit bei der Biodiversität in gewissen Gebieten behoben werden soll.

Kantone arbeiten an einer Liste

In der Schweiz und in der hiesigen Agrarpolitik ist der Erhalt der Biodiversität fraglos ein Dauerbrenner. Wie SRF schreibt, lässt der Bund die Kantone derzeit eine Liste mit Flächen erstellen, die als Schutzgebiete im Zusammenhang mit «30 by 30» gezählt werden könnten. Basierend darauf soll dann der flächenmässige Beitrag der Schweiz am internationalen Ziel definiert werden. Die Folgen für die Landwirtschaft bleiben abzuwarten.