Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative«Wir schützen, was wir lieben – mit einem klaren Ja zum Klimaschutzgesetz»Dienstag, 9. Mai 2023 «Der Schämpis ist schon fast getrunken», sagt die Berner Grünen-Nationalrätin Christine Badertscher am frühen Nachmittag des Abstimmungssonntags. Das Ja-Lager zum Klimaschutz-Gesetz hat Grund zum Feiern: Trotz intensiver Nein-Kampagne von Seiten SVP ist die Zustimmung mit weit über 50 Prozent des Stimmvolks sehr deutlich.

Wichtige Rolle des Landkomitees

Eine Zeit lang habe sie im Vorfeld schon Zweifel gehabt, ob ein Ja zustande kommen würde, erinnert sich Badertscher. Zuversicht gegeben habe ihr der Einsatz des Landkomitees, das mit einer Medienkonferenz den bäuerlichen und ländlichen Befürwortern eine Stimme gab und auf die Chancen für die Landwirtschaft hinwies. «Viele aus dem Vorstand des Schweizer Bauernverbands und zahlreiche namhafte Vertreter aus der Landwirtschaft haben da eine wichtige Rolle gespielt», ist sich die Nationalrätin sicher. Sie vermittelten, wie wichtig die Vorlage für Bäuerinnen und Bauern ist und welche Chancen sie ihnen bietet.

Bereits nah an der Umsetzung

Das Klimaschutz-Gesetz ist ein Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative, deren Initianten ihre Vorlage zurückgezogen und den Gegenvorschlag unterstützt haben. «Im Gegensatz zu einer Initiative mit einer Änderung auf Verfassungsebene sind wir damit näher an der Umsetzung», gibt Christine Badertscher zu bedenken. Das Klimaschutz-Gesetz muss nach der Annahme durch das Stimmvolk lediglich in Kraft treten.

Schub für die Verhandlungen

Ein wichtiger Kritikpunkt der Gegner war, dass mit dem Klimaschutz-Gesetz der Stromverbrauch massiv steigen und somit ein Mangel resultieren würde. Daher fuhr die SVP ihre Nein-Kampagne gegen das «Stromfresser-Gesetz». Damit v.a. auch eine mögliche Lücke im Winter geschlossen werden kann, soll laut den Befürwortern der Mantelerlass zum Energiegesetz sorgen. Darin ist eine Förderung und somit der Zubau erneuerbarer Energien vorgesehen, z. B. von landwirtschaftlichen Biogasanlagen.[IMG 2]

Die politische Beratung zum Mantelerlass ist noch nicht abgeschlossen. «Aber das Ja zum Klimaschutz-Gesetz ist ein starkes Signal, das der Diskussion Schub verleihen wird», ist sich Christine Badertscher sicher. Bis Ende Jahr werde der Mantelerlass unter Dach und Fach sein, zeigt sich die Bernerin zuversichtlich. Es gehe im Moment primär noch um Detailfragen.

Starkes Zeichen nach aussen

AboAnalyseDie Landwirtschaft kann vom Klimaschutz-Gesetz profitierenMontag, 29. Mai 2023 Wäre das Resultat knapp ausgefallen, wäre die Argumentation im Parlament schwieriger geworden, fährt Badertscher fort. So aber bekenne sich das Schweizer Stimmvolk zum Netto-Null-Ziel bis 2050 und auch zur Umsetzung des Abkommens von Paris. «Man hätte die Forderungen des Klimaschutz-Gesetzes politisch vielleicht auch anders erreicht», sagt die Nationalrätin, «aber das Ja des Stimmvolks ist ein wichtiges Zeichen».

 

Das Klimaschutz-Gesetz
«Das schlanke Klimaschutz-Gesetz mit seinen 15 Artikeln bringt die Schweiz auf Klimakurs», verspricht das Initiativekomitee. Es umfasst im Kern vier Elemente:
Innovation: Über sechs Jahre stehen je 200 Millionen Franken für die Förderung und fachliche Unterstützung von Unternehmen bereit, die bis 2029 Fahrpläne zu Netto-Null ausarbeiten. Der Bund sichert gegen Investitions-Risiken für Infrastrukturen ab (v.a. für den Transport von CO2 und Wärmenetze.
Impulsprogramm: Über 10 Jahre fördert der Bund mit je 200 Millionen Franken den Ersatz fossiler und Elektro-Heizungen durch erneuerbare Systeme. Die Fördergelder fliessen auch in die Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden.
Diverse Massnahmen: Bund und Kantone sorgen für die notwendigen Schritte zum Schutz vor den Auswirkungen des Klimawandels.
Bund und Finanzbranchen können Vereinbarungen für einen klimaverträglichen Finanzplatz abschliessen.
Die Bundesverwaltung senkt ihre eigenen Treibhausgas-Emissionen bis 2040 auf Netto Null.
Der Bundesrat unterbreitet dem Parlament periodisch neue Anträge zur Erreichung der Emissionsziele.

7 Kantone sagen Nein

Wie die Nachrichtenagentur Keystone-SDA schreibt, zeigt sich die Schweiz in der Abstimmung zum Klimaschutz-Gesetz gespalten: Städtische Regionen und die Westschweiz sagen ja, sieben Deutschschweizer Kantone aber Nein: Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Glarus, Appenzell-Innerrhoden und Thurgau. Ablehnung gab es demnach auch im Berggebiet und in vielen Gemeinden des Mittellands. Insgesamt liegt der Ja-Anteil über die ganze Schweiz gesehen, bei 59,07 Prozent, die Stimmbeteiligung beträgt 42,56 Prozent.